Finanzamt

6. Tätigkeitsbericht des 2004/2005 zuständige Kontrollstelle gemäß § 8 Abs. 6 über die Auftragsdatenverarbeitung zu unterrichten (5. TB, Anlage 23). Die Forderungen und Hinweise wurden erfüllt.

Fehlerhafte Zustellung von Steuerunterlagen

Ein Bürger beschwerte sich gemäß § 11 darüber, dass ein Jahressteuerbescheid in einer offenen Zeitungsröhre anstatt im daneben befindlichen Briefkasten zugestellt worden sei.

Das mit Hinweis auf eine Gefährdung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung um Stellungnahme ersuchte zuständige Finanzamt bestätigte das Vorkommnis. Hierbei habe ein Zusteller des beauftragten Postunternehmens entgegen der dienstlichen Weisung gehandelt und sei dafür abgemahnt worden. Nach Auskunft des Unternehmens werden dessen Mitarbeiter regelmäßig auf die ordnungsgemäße Zustellung und die Einhaltung des Datenschutzes hingewiesen.

Verfolgung von Postsendungen

Von der OFD Erfurt wurde ich gemäß § 40 Abs. 7 i. V. m. § 2 Abs. 1 um datenschutzrechtliche Beratung gebeten. Zu beurteilen war das Verfahren eines von einem Thüringer Finanzamt beauftragten Unternehmens zur Verfolgung von Postzustellungsurkunden (PZU) des Amtes.

Bei diesem Verfahren wird die auf der PZU eingetragene Adresse des Empfängers und dessen Steuernummer gescannt und elektronisch gespeichert. Gleichfalls gespeichert werden das Datum und die laufende Nummer der PZU. Daneben wird die laufende Nummer auch als Strichcode verschlüsselt auf ein Etikett gedruckt, das auf die PZU geklebt wird. Danach werden die PZU auf die Kurierfahrer verteilt und an die Adressaten zugestellt. Nach dem Rücklauf der PZU werden die Strichcodelabel der PZU gescannt und mit den gespeicherten Daten abgeglichen. Sind PZU nach 5 Tagen noch nicht zurück, werden die hierzu gespeicherten Daten durch die Software angezeigt, sodass nach dem Verbleib der PZU geforscht werden kann. Die Löschung der gespeicherten Daten erfolgt vierteljährlich.

Das beschriebene Verfahren habe ich in datenschutzrechtlicher Hinsicht als unbedenklich angesehen. Die Löschung der zum Zwecke der Sendeverfolgung gespeicherten Adressen und Steuernummern der Empfänger nach Ablauf eines Vierteljahres war in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht zu kritisieren.

Vollstreckung von Steuerschulden durch die Parkkralle

Laut Pressemeldungen, hat das TFM seit Mai 2005 begonnen, die Parkkralle zur Vollstreckung von Steuerschulden bei einem Pilotversuch in zwei Finanzämtern einzusetzen. Auch wurde darüber berichtet, dass verschiedene Thüringer Kommunen dieses Mittel nutzen. Die Parkkralle war bereits vor Jahren Gegenstand meiner datenschutzrechtlichen Bewertung (2. TB, 14.10).

Die Presseveröffentlichungen waren Anlass, bei Stellen, die dieses Pfändungsverfahren nutzen, sich über die konkrete Vorgehensweise und die hierzu erlassenen Anweisungen berichten zu lassen. In zwei Kommunen wurde kontrolliert, wie in konkreten Fällen verfahren wurde.

Allen Vollstreckungsmaßnahmen ist gemeinsam, dass die Pfändung durch die Festsetzung eines Fahrzeugs mittels der Parkkralle als letztes Mittel erfolgt. Wird auf einen Bußgeldbescheid nicht reagiert, so wird zunächst unter Fristsetzung gemahnt. Nachdem die Frist erfolglos verstrichen ist, wird eine Vollstreckung vorbereitet. Dabei wird als erstes geprüft, ob eine Innenvollstreckung, etwa durch eine Konten- oder Gehaltspfändung, möglich ist. Anschließend wird der Schuldner in seiner Wohnung aufgesucht und dort nach Barmitteln oder Wertgegenständen gesucht, die sich für eine Pfändung eignen. Führt auch dies nicht zu einem Erfolg, wird bei der Zulassungsstelle angefragt, ob der Schuldner als Halter eines Fahrzeugs gespeichert ist. Ist dies

6. Tätigkeitsbericht des 2004/2005 der Fall, geht die Vollstreckungsbehörde zunächst von der Eigentumsvermutung des Schuldners am Fahrzeug aus. Danach wird der Standort des Fahrzeugs ermittelt, die Parkkralle angebracht und der Schuldner schriftlich über die erfolgte Pfändung informiert.

Eine mir vom TFM übersandte Dienstanweisung legt die Voraussetzungen des Einsatzes, das Vorgehen beim Anbringen der Parkkralle und die Informations- und Dokumentationspflichten fest. Danach ist das Fahrzeug vor Anbringen der Parkkralle zu Beweiszwecken digital zu fotografieren. Die so erstellten Fotos sind unter dem Aktenzeichen des Vollstreckungsschuldners (bzw. Dritteigentümers) ... zu speichern und nach Ablauf einer angemessenen Zeit zu löschen. Nach Mitteilung des TFM, das ich hierzu befragt hatte, erfolgt die Löschung je nach Einzelfall, spätestens jedoch nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche. Desweiteren haben die Vollstreckungsbeamten des Finanzamtes

- unter Angabe des Fahrzeughalters, des Standorts des Fahrzeugs und anderer Daten - unverzüglich dem Ordnungsamt und dem örtlich zuständigen Polizeirevier anzuzeigen, dass ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum blockiert wurde. Nach Auffassung des TIM, die von mir unterstützt wird, ist eine derartige Datenübermittlung entbehrlich, wenn das gepfändete Fahrzeug an beiden Seitenscheiben mit Warnhinweisen versehen ist und die verkehrsrechtlichen Erfordernisse eingehalten wurden. Eine abschließende Stellungnahme des TFM hierzu steht noch aus.

Nach Mitteilung des TFM wurde die Parkkralle innerhalb von anderthalb Monaten fünf mal wegen Rückständen bei der Umsatz-, Lohn- sowie der Kfz-Steuer eingesetzt. In vier Fällen wurde die Parkkralle am darauf folgenden Tag wieder entfernt, da die Schulden beglichen worden waren. In einem Fall wurden von der das Fahrzeug finanzierenden Bank eigene Rechte geltend gemacht. Da der Wert des Fahrzeugs den noch offenen Kreditbetrag übersteigt, beabsichtigte das Finanzamt, den Pkw bei der Bank auszulösen und zu verwerten. Hierzu wurde das Fahrzeug dem Schuldner weggenommen.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellt das Verfahren einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen dar. Die Blockierung eines Rades am Fahrzeug und das an die Seitenscheibe geklebte Pfandsiegel zeigen die erfolgte Pfändung für jeden Passanten an. Wer das Auto kennt, kann die Pfändung personenbezogen zuordnen. Eine solche Maßnahme ist jedoch dann zulässig, wenn sie auf einer geeigneten gesetzlichen Grundlage beruht (§ 268 Abs. 2 AO i. V. m. § 38 und verhältnismäßig ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbietet eine Überpfändung, bei der der Wert des Fahrzeugs den der Forderung erheblich übersteigt. Zugleich darf ein solches bloßstellendes Mittel nur angewandt werden, wenn keine anderen Pfändungsmöglichkeiten genutzt werden können. In den mir bislang bekannt gewordenen Fällen ist der Einsatz der Parkkralle als gerechtfertigt anzusehen.

Weitergabe von personenbezogenen Daten durch ein Landratsamt zum Test von Software

Von einem Landratsamt wurde ich mit der Bitte um datenschutzrechtliche Bewertung darüber unterrichtet, dass personenbezogene Daten des Landratsamtes aus den Bereichen Mahnung und Vollsteckung zum Test von Software an ein Unternehmen außerhalb Thüringens übermittelt wurden.

Nach Prüfung der Angelegenheit teilte ich mit, dass auf die Übergabe von personenbezogenen Daten des Landratsamtes an die Softwarefirma zu Testzwecken § 8 Anwendung findet. Ein hierfür schriftlich erteilter Auftrag entsprach hinsichtlich des Verwendungszwecks der übergebenen Daten, der Verpflichtung zur Löschung nach Auftragserfüllung sowie der Unterwerfung unter das Datenschutzgesetz den Vorgaben nach § 8 Abs. 2 Nicht enthalten war hingegen die Verpflichtung des Auftragnehmers, vom Auftraggeber veranlasste Kontrollen jederzeit zu ermöglichen. Mit Hinweis auf den Mustervertrag des zur Auftragsdatenver76

6. Tätigkeitsbericht des 2004/2005 arbeitung (5. TB, Anlage 23) habe ich die Überarbeitung der Auftragserteilung gefordert. Dass künftig in diesem Sinne verfahren werden soll, wurde vom Landratsamt bestätigt.

Nach § 8 Abs. 6 hat der Auftraggeber die für die Einhaltung des Datenschutzes beim Auftragnehmer zuständige Kontrollestelle über die Beauftragung zu unterrichten, falls die Bestimmungen des auf den Auftragnehmer nicht anwendbar sind. Da der Auftragnehmer außerhalb Thüringens gelegen ist und die zuständige Kontrollstelle noch nicht informiert worden war, habe ich das Landratsamt um Abhilfe gebeten. Der Forderung wurde nachgekommen.

9.10 Gewährung des Auskunftsrechts bei der Bearbeitung vermögensrechtlicher Ansprüche

Von einem Antragsteller in einem vermögensrechtlichen Verfahren wurde ich um Prüfung gebeten, ob das Auskunftsrecht im Zusammenhang mit entscheidungserheblichem Beweismaterial hinreichend gewährt wurde. Insbesondere vermutete der Petent, dass sich im Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen und dem Staatlichen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Unterlagen zu einem Strafverfahren und zur Aufhebung einer Enteignungsmaßnahme aus dem Jahr 1948 befinden.

In der hierzu durchgeführten datenschutzrechtlichen Kontrolle wurden die im und zu den vom Antragsteller beanspruchten Vermögenswerten geführten Verwaltungsund Prozessakten überprüft. Die Kontrolle ergab, dass die vom Petenten genannten Unterlagen nicht im Aktenbestand enthalten waren. Es war nicht feststellbar, dass den Rechten des Betroffenen auf Auskunft nicht ausreichend nachgekommen wurde, da sich dieses Recht immer nur auf solche Daten erstrecken kann, die von der Stelle gespeichert sind.

10. Justiz

Akustische Wohnraumüberwachung - Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004

Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004

(Akustische Wohnraumüberwachung) vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1841), das am 1. Juli 2005 in Kraft getreten ist, wurde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Großen Lauschangriff vom 3. März 2004 (1 2378/98 und 1 1084/99) gesetzgeberisch reagiert. In seiner Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht die gesetzlichen Grundlagen in großen Teilen für verfassungswidrig erklärt. Richtungweisend wurde festgestellt, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung zur Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung zu Zwecken der Strafverfolgung den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf den Schutz der Menschenwürde (Artikel 1 Abs. 1 GG), den vom Rechtsstaatsprinzip umfassten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Artikel 19 Abs. 4 GG) und dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Artikel 103 Abs. 1 GG) nicht in vollem Umfang genüge. Aus der durch Artikel 1 Abs. 1 GG geschützten Menschenwürde ist danach ein unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung herzuleiten, der jedem staatlichen Zugriff entzogen ist. Praktisch bedeutet dies, dass eine akustische Wohnraumüberwachung abgebrochen und Aufzeichnungen gelöscht werden müssen, sobald sie die Erhebung von Informationen aus dem absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung betrifft. Die vertrauliche Kommunikation, wozu im Regelfall die Privatwohnung dient, benötigt einen Schutz. Zwar ist nicht ein absoluter Schutz der Räume der Privatwohnung verlangt, wohl aber der Schutz des Verhaltens in diesen Räumen, soweit es sich um die individuelle Entfaltung im Kernbereich privater Lebensgestaltung handelt.