Windkraftanlage auf dem Milmesberg

Auf dem Milmesberg bei Marksuhl (Wartburgkreis) soll ein Windpark mit bis zu acht Windkrafträdern mit einer Höhe bis zu 145 Metern entstehen.

Für zwei Windkrafträder soll das Landratsamt des Wartburgkreises bereits eine Baugenehmigung erteilt haben.

Gegen diese Baugenehmigung hat die Gemeinde Marksuhl Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht Meiningen eingelegt. Das Verwaltungsgericht lehnt eine Entscheidung über dieses Rechtsmittel ab und vertritt die Auffassung, dass das Land als oberste Bauaufsichtsbehörde die Baugenehmigung aufheben könnte, wenn hier Rechtswidrigkeit anerkannt wird.

Der vorgesehene Standort für den Windpark wurde vor ca. zehn Jahren durch den Wartburgkreis eigens für eine solche Nutzung ausgewiesen. Zwischenzeitlich wurde der Region der Status Naturpark Thüringer Wald verliehen und die Wartburg durch die UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Die UNESCO hat dabei nicht nur die Burganlage der Wartburg unter Schutz gestellt, sondern auch deren Umgebung.

Für den Fall des Baus der Windkraftanlage auf dem Milmesberg besteht die Befürchtung der Aberkennung des Weltkulturerbestatus für die Wartburg, da die Anlage offensichtlich das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

Der Thüringer Bauminister, Andreas Trautvetter (CDU), will nach Medienberichten prüfen, in welcher Art und Weise das Land gegen die Baugenehmigung aktiv werden kann. Zurzeit sollen auch die Raumordnungspläne überarbeitet werden, die jedoch erst 2006 rechtskräftig würden. Zudem hofft der Minister, dass sich durch Änderung von Bundesrecht das Thema Windpark Milmesberg von selbst erledigen würde.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welcher Investor beabsichtigt auf dem Milmesberg bei Marksuhl die Errichtung von Windkrafträdern?

Welche Höhe sollen diese Windkrafträder haben? Wie viele Windkrafträder sollen errichtet werden? Bis wann ist die Errichtung der Windkrafträder geplant? Liegt der Standort der zu errichtenden Windkrafträder im Landschaftsbereich der Wartburg?

2. Auf welcher Rechtsgrundlage hat wann das Landratsamt Wartburgkreis eine Baugenehmigung für Windkraftanlagen auf dem Milmesberg erteilt? Inwieweit wurde dabei berücksichtigt, dass sich das Bauvorhaben im Bereich des Naturparks Thüringer Wald und im Landschaftsbereich der Wartburg befindet und wie wurde dies begründet?

3. Wie begründet die Gemeinde Marksuhl ihr Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung für die Windkraftanlagen auf dem Milmesberg?

4. Unter welchen Voraussetzungen ist es möglich, die Baugenehmigung für die Windkraftanlagen auf dem Milmesberg aufzuheben und liegen diese Voraussetzungen vor?

5. Wie bewertet die Landesregierung das Bauvorhaben auf dem Milmesberg, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass sich der Standort im Bereich des Naturparks Thüringer Wald und im Landschaftsbereich der Wartburg befindet? Welche weiteren Maßnahmen hält die Landesregierung in diesem Zusammenhang für erforderlich?

6. Unter welchen Voraussetzungen droht der Wartburg die Aberkennung des UNESCO-Weltkulturerbestatus und könnte die Realisierung des Bauvorhabens auf dem Milmesberg eine solche Aberkennung begründen? Wie wird diese Auffassung begründet? Welche Auswirkungen hätte die Aberkennung des Weltkulturerbestatus für die Wartburg?

7. Welche Änderungen von Bundesrecht müsste erfolgen, damit sich das Bauvorhaben Windpark Milmesberg, so wie der Thüringer Bauminister erklärte, von selbst erledigt? Wie wird diese Aussage begründet?

Das Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Angaben zum Bauherrn sind aus Gründen des Datenschutzes nicht zulässig. Auf Artikel 67 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen wird verwiesen.

Die Frage nach dem Landschaftsbereich der Wartburg kann von der Landesregierung nicht beantwortet werden, weil die Bedeutung dieses Begriffs der Landesregierung nicht bekannt ist. Mit einem Abstand zur Wartburg von ca. 7,5 km liegen die Windkraftanlagen außerhalb des selber gesetzten Schutzbereichs von fünf Kilometer um die Wartburg, der als Blaues Band bezeichnet wird.

Insgesamt sollen vier Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 100 Meter und einem Rotordurchmesser von 82 m errichtet werden.

Zu 2.: Das Landratsamt hat am 12. Mai 2005 auf Grundlage des § 70 Thüringer Bauordnung und des § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch die Baugenehmigung erteilt.

Zu den Auswirkungen auf Natur und Landschaft wurde die Naturschutzbehörde beteiligt, die dem Vorhaben mit Auflagen zugestimmt hat. Unter anderem wurde die Erstellung eines Landschaftspflegerischen Begleitplanes (LBP) zur Beurteilung der Eingriffserheblichkeit und -nachhaltigkeit, mit Ermittlung des erforderlichen Kompensationsumfanges einschließlich Darstellung der Ergebnisse der avifaunistischen Untersuchung, beauftragt.

Zum Landschaftsbereich der Wartburg wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Das Landratsamt hat im Verfahren aber die untere Denkmalschutzbehörde beteiligt, die insbesondere die Sichtbeziehungen untersucht hat. Diese kam zu dem Ergebnis, dass für den Besucher, der die Wartburg vorrangig von der A 4 und der B 84 aus wahrnimmt, Wartburg und Windpark nicht in einer Weise gemeinsam erkennbar seien, die eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erfordert.

Baugenehmigungen sind im Übrigen nach § 70 Abs. 2 nur insoweit zu begründen, als von nachbarschützenden Vorschriften abgewichen wird und der Nachbar nicht zugestimmt hat. Eine Begründung war daher entbehrlich.

Zu 3.: Die Gemeinde ist der Auffassung, die Erschließung des Standorts sei nicht gesichert, der Abstand der Anlagen zur Wohnbebauung sei aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht ausreichend, das Rücksichtnahmegebot werde verletzt, der Schattenwurf beeinträchtige die Wohnbebauung, es sei nicht erkennbar, wie der Strom eingespeist werde, das Landschaftsbild werde beeinträchtigt und das Vorhaben widerspreche Zielen der Raumordnung.

Zu 4.: Das Thüringer Landesverwaltungsamt oder die Verwaltungsgerichte können die Baugenehmigung aufheben, wenn sie rechtswidrig ist und dadurch die Gemeinde Marksuhl in ihren Rechten verletzt ist. Die Landesregierung geht derzeit davon aus, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen.

Zu 5.: Nach Auffassung der Landesregierung sind die getroffenen Entscheidungen nach den ausschließlich zu beachtenden Rechtsvorschriften zumindest vertretbar.

Zu 6.: Nach Artikel 11 Abs. 5 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt bestimmt ein zwischenstaatliches Komitee für den Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt die Maßstäbe, nach denen ein zum Kultur- oder Naturerbe gehörendes Gut in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen werden kann.

Eine Streichung aus der Welterbeliste setzt voraus, dass das Denkmal die Eigenschaften des Kulturerbes nach Artikel 1 des Übereinkommens nicht mehr erfüllt.

Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als Kulturerbe Denkmäler: Werke der Architektur, Großplastik und Monumentsmalerei, Objekte oder Überreste archäologischer Art, Inschriften, Höhlen und Verbindungen solcher Erscheinungsformen, die aus geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.

Der außergewöhnliche universelle Wert der Wartburg wird durch die geplante Errichtung der Windkrafträder nicht in Frage gestellt.

Eine Aberkennung des Status würde weder den Bestand der Wartburg noch den Schutzstatus nach dem Thüringer Denkmalschutzgesetz beeinträchtigen. Zuwendungen sind mit der Eintragung in die Liste des Erbes der Welt nicht verbunden. Es wäre jedoch zu befürchten, dass die touristische Bedeutung der Wartburg mit jährlich über 410 000 Besuchern aus dem ganzen Bundesgebiet unter einer Streichung leiden könnte.

Zu 7.: Sollte der Bundesgesetzgeber die Einspeisevergütung und die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten kürzen bzw. einschränken oder die Privilegierung von Windkraftanlagen in § 35 aufheben, würde die Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen verringert. In diesem Falle würde vermutlich der Umfang der privaten Investitionen in Windkraftanlagen zurückgehen.