Die RhöngoldMolkerei wurde 1994 als Nachfolgebetrieb eines hessischen Traditionsunternehmens gegründet und wurde vom Land

Dezember 2005 hat folgenden Wortlaut:

Gegen die Rhöngold-Molkerei in Kaltensundheim wurde am 1. Juni 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Zum 1. Oktober 2005 wurde die Produktion eingestellt.

Die Rhöngold-Molkerei wurde 1994 als Nachfolgebetrieb eines hessischen Traditionsunternehmens gegründet und wurde vom Land gefördert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welcher Investor hat am Standort Kaltensundheim mit welchem Investitionsvolumen die errichtet? In welcher Höhe hat sich dabei das Land mit Fördermitteln an dieser Investition beteiligt? Inwieweit hatte bei der Entscheidung des Landes die Vergabe weiterer Fördermittel durch Dritte Bedeutung?

2. Welche weiteren Fördermittel wurden wann und in welcher Höhe mit welcher Zielstellung der durch das Land gewährt (bitte Einzelaufstellung)?

3. Inwieweit sind diese Zielstellungen aus Sicht der Landesregierung erreicht worden und wie wird diese Einschätzung begründet?

4. Welchen Einfluss hatten bei der erstmaligen bzw. späteren Entscheidung über die Gewährung von Fördermitteln Eigentümerwechsel bei der Rhöngold-Molkerei?

5. Welche Gründe haben nach Kenntnis der Landesregierung zur Insolvenz der Rhöngold-Molkerei geführt? Weshalb konnte die Insolvenz trotz erheblicher Förderung durch das Land nicht verhindert werden?

6. In welcher Höhe hat das Land gegenwärtig Forderungen an die insolvente Rhöngold-Molkerei? In welcher Höhe kann das Land mit einer Befriedigung dieser Forderungen rechnen?

7. Mit welchen Ergebnissen hat die Landesregierung welche Maßnahmen zur Sicherung des Produktionsstandortes Kaltensundheim eingeleitet und umgesetzt?

8. Aus welchen Gründen ist es aus Sicht der Landesregierung nicht gelungen, eine Fortführung der Produktion am Standort Kaltensundheim zu sichern? Welche Investoren hatten dabei Übernahmeabsichten angezeigt bzw. bekundet?

22. Februar 2006

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. Februar 2006 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Investor war ein im hessischen Neuhof ansässiges Familienunternehmen, welches 1994 eine Standortverlagerung nach Kaltensundheim vornahm. Zu diesem Zweck wurde die Rhöngold Molkerei Fricke & Co KG mit Herrn Rüdiger Fricke als Geschäftsführer gegründet.

Mit Bewilligung vom 15. Juli 1993 wurden für das Vorhaben Neubau und Ausrüstung einer Molkerei in Kaltensundheim bei Gesamtinvestitionsausgaben von 13,4 Millionen Euro Zuschüsse aus nationalen Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes in Höhe von 25 Prozent bzw. 3 388 025 Euro und aus EU-Mitteln in Höhe von 19,8 Prozent bzw. 2 601 760 Euro bewilligt und ausgezahlt. Deren zweckentsprechende Verwendung wurde nachgewiesen.

Maschinen und Ausrüstung unterliegen nicht mehr der Zweckbindung, da der diesbezüglich geltende Zeitraum von fünf Jahren bereits abgelaufen ist. Das gilt auch für Investitionen, die 1995 und 1996 getätigt wurden und ausschließlich Maschinen und Ausrüstungen beinhalteten. Über eine Fördermittelgewährung Dritter liegen keine Erkenntnisse vor.

Zu 2.: Die nachfolgende Tabelle beinhaltet die im Zusammenhang mit der Investition gewährten Fördermittel.

Jahr Förderprogramm/Gegenstand der Förderung Zuschuss bzw. Beihilfe 1995 Förderung im Marktbereich, Investitionsförderung ca. 0,2 Millionen Euro Ausrüstung/Maschinenausstattung 1996 Förderung im Marktbereich, Investitionsförderung ca. 0,4 Millionen Euro Ausrüstung/Maschinenausstattung Investitionszuschuss Landwirtschaft insgesamt ca. 0,6 Millionen Euro 1995 Bürgschaften der Thüringer Aufbaubank für ca. 1,5 Millionen Euro Betriebsmittelkredite 1996 Landesbürgschaften zur Investitions- und ca. 2,8 Millionen Euro Betriebsmittelfinanzierung 1997 Bürgschaften der Thüringer Aufbaubank für ca. 1,0 Millionen Euro Betriebsmittelkredite Angaben über die Gewährung von Investitionszulagen können wegen des hier zu beachtenden Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung) aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht werden. Auf Artikel 67 Abs. 3 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich hingewiesen.

Zu 3.: Die Zielstellungen der einzelnen Förderungen sind sehr spezifisch. Für die investive Förderung wurde die ordnungsgemäße Verwendung der Zuschüsse nachgewiesen.

Die damit verbundenen Auflagen zur Zweckbestimmung, das heißt, das Betreiben einer Molkerei, wurde noch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt. Erst mit Einstellung des Geschäftsbetriebs zum 30. September 2005 wurde die Zweckbestimmung nicht mehr erfüllt.

Für die anderen Maßnahmen wurden ebenfalls entsprechende Nachweise erbracht.

Während es sich bei der investiven Förderung um langfristige Effekte von mindestens fünf bis zwölf Jahren (Zeitraum der Zweckbindung) handelt, sind die Effekte der anderen Maßnahmen in ihrer Wirkung auf den Vertrags- bzw. Beschäftigungszeitraum beschränkt.

Das Ziel der Landesregierung, den Landwirten in einer strukturschwachen Region Absatzalternativen für ihre Milch und dadurch mittelbar Arbeitsplätze zu schaffen sowie Wertschöpfung in der Region zu ermöglichen, wurde bis zur Einstellung des Geschäftsbetriebes erreicht.

Zu 4.: Die Gewährung von Fördermitteln ist an die in den einzelnen Förderrichtlinien genannten Zuwendungsvoraussetzungen gebunden. Die Entscheidungen über die Gewährung von Fördermitteln an die Rhöngold Molkerei waren von Eigentümerwechseln nicht beeinflusst.

Zu 5.: Es bleibt festzustellen, dass der Molkereisektor einem starken Konkurrenzkampf ausgesetzt ist. Die Konzerne der Branche versuchen die vorhandenen Strukturdefizite der Molkereibranche zu lösen, indem sie Betriebe ankaufen, sich intern spezialisieren oder durch feindliche Übernahme Konkurrenten vom Markt zu eliminieren.

Unternehmen schließen sich zusammen oder werden von anderen aufgekauft. Standorte und Beteiligungen werden strategisch bewertet und verkauft, umstrukturiert oder geschlossen. Das sind Prozesse, die sich so oder ähnlich überall in Deutschland abspielen, auch in Thüringen. Sie sind notwendig, um dem Lebensmittelhandel wirksamer entgegentreten zu können und letztlich den Landwirten über eine wirtschaftliche Verwertung ihrer Milch ihren Absatz und damit ihr Einkommen zu sichern. In diese Vorgänge darf die Politik nur bedingt eingreifen. Dafür sorgt die EU mit ihrer Wettbewerbspolitik und den sich daraus ergebenden Vorschriften für die Mitgliedstaaten. Der Freistaat ist nicht der Eigentümer des Unternehmens. Für die geschäftliche Entwicklung sind die Geschäftsführung und die Gesellschafter verantwortlich. Die Förderung des Freistaats kann immer nur Hilfe zur Selbsthilfe sein, um unternehmerische Entscheidungen zu begleiten und zu unterstützen.

Zu 6.: Aus der Gewährung von Zuschüssen im Rahmen der Förderung im Marktbereich resultieren Rückforderungsansprüche in Höhe von 414 000 Euro. Nach vorläufiger Mitteilung des Insolvenzverwalters ist mit einer Quote von 1,17 Prozent auf die Forderung des Freistaats zu rechnen.

Die verbürgten Darlehen wurden in Höhe von insgesamt ca. 860 000 Euro zur Insolvenz angemeldet. Inwieweit diese durch Erlöse aus der Verwertung von Sicherheiten zurückgeführt werden können, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden.

Zu 7. und 8.: Die Rhöngold Molkerei war seit Beendigung der Selbständigkeit des Unternehmens nacheinander in Konzerne eingegliedert und wurde dort in die jeweiligen Konzernstrukturen eingebunden, das heißt, sensible Geschäftsbereiche, wie Vertrieb oder Einkauf, werden in der Regel vom Konzern zentral gesteuert. Die Entscheidungen zu Rhöngold sind immer im Kontext der Konzerninteressen zu sehen. Es ist davon auszugehen, dass der Standort Kaltensundheim zum Zeitpunkt der Insolvenz mit den bestehenden Strukturen bereits nicht mehr selbständig überlebensfähig war.

Die Gründe, warum es nicht zu einem Verkauf kam, sind im Einzelnen nicht bekannt.

Der Unterstützung des in Insolvenz befindlichen Unternehmens oder einer Übernahme durch Interessenten oder Belegschaft stehen die äußerst restriktiven Vorschriften der EU für die Gewährung von Beihilfen an Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Agrarsektor gegenüber.

Im konkreten Fall der Rhöngold Molkerei wäre eine nochmalige finanzielle Unterstützung der Sanierung oder Übernahme durch den Freistaat mit größter Wahrscheinlichkeit nicht EU-genehmigungsfähig.

Dr. Sklenar Minister.