Bildung

Die Besetzung der Polizeiabteilungsleiterstelle mit einem Oberstaatsanwalt sei nicht ansatzweise nachvollziehbar, eine Auswahlakte gebe es mangels Auswahl nicht und das von Minister Dr. Gasser gewählte Verfahren sei derart offensichtlich rechtswidrig, dass es dazu keiner weiteren Ausführung bedürfe.

Neben der Besetzung der Stellen des Abteilungsleiters Polizei im Thüringer Innenministerium wurde auch die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts gerichtlich beanstandet. In beiden Fällen geht es um kabinettspflichtige Personalentscheidungen. Es stellt sich die Frage, ob es noch weitere Fälle gibt, die mit der aufgedeckten rechtswidrigen Praxis des Innen- und Justizministers vergleichbar sind und welche Vorkehrungen der Ministerpräsident zur Sicherstellung der Bestenauslese getroffen hat.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Abteilungsleiterdienstposten sind in den Ministerien und der Thüringer Staatskanzlei seit dem 1. Januar 2000 besetzt worden?

2. Wann wurden die jeweiligen Stelleninhaber befördert (anonymisierte Aufstellung, getrennt nach Ressorts, Angabe der jeweiligen Funktionsbezeichnung, Datum der Bestellung/Beförderung)?

3. Welche der seit dem 1. Januar 2000 besetzten Abteilungsleiterstellen wurden ausgeschrieben?

4. Wie wurde seit dem 1. Januar 2000 das verfassungsrechtliche Prinzip der Bestenauslese gewährleistet, wenn keine Ausschreibung voranging?

5. Nach welchen Kriterien wurden vergleichbare Beamte in die Auswahlentscheidung einbezogen, wenn keine Ausschreibung voranging?

6. Wurden die Namen der in die Auswahlentscheidung einbezogenen Beamten schriftlich dokumentiert und der Landesregierung oder dem Ministerpräsidenten vor der Kabinettentscheidung vorgelegt?

7. Wie ist die Landesregierung ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 - 2 C 26.03) nachgekommen, allen nicht berücksichtigten Bediensteten eine aussagekräftige Mitteilung über die Auswahlentscheidung zu übersenden?

1. März 2006

8. Auf die jeweiligen Abteilungsleiterstellen bezogen:

Wie viele derartige Mitteilungsschreiben wurden seit dem 1. Januar 2000 versandt (Aufstellung nach Ressort, Funktionsbezeichnung des Dienstpostens, Zeitpunkt der Besetzung, Anzahl der Mitteilungsschreiben)?

9. Wie viele Konkurrentenstreitverfahren sind seit dem 1. Januar 2000 im höheren Dienst der Landesverwaltung vor den Verwaltungs- und Arbeitsgerichten anhängig?

10.In welchen Fällen gibt es gerichtliche Entscheidungen und zu welchem Ergebnis sind sie gekommen?

11.Wie hoch ist die bisherige Kostenlast des Freistaats Thüringen aus den verlorenen Verfahren (Aufstellung nach Ressort, jeweiliger Behörde, Beförderungsamt oder Beförderungsposten, Zeitpunkt der beabsichtigten Besetzung/Beförderung, Vollzug, Datum der gerichtlichen Entscheidungen)? 12.Beabsichtigt die Landesregierung, die Stelle des Zentralabteilungsleiters im Thüringer Finanzministerium ähnlich wie die des Polizeiabteilungsleiters im Innenministerium nach der Besetzung, aber vor der statusrechtlichen Beförderung auszuschreiben? Wenn nein: Weshalb wird hier anders verfahren?

13.Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den jüngsten gerichtlichen Beschlüssen?

14.Wie beurteilt die Landesregierung die Beförderung eines Beamten, wenn eine Bestenauslese schlechthin unterblieb und die Verantwortlichen davon wissen, unter dem Gesichtspunkt der Untreue (§ 266 Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. Februar 2006 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Der Beantwortung der Kleinen Anfrage sei vorausgeschickt, dass der Antwort der Ressortzuschnitt, wie er sich seit der Regierungsbildung im Jahr 2004 darstellt, zugrunde liegt.

Zu 1.: In den Ministerien und der Thüringer Staatskanzlei wurden die in der Tabelle (siehe Anlage 1) genannten Besetzungen von Abteilungsleiterdienstposten i. S. d. § 10 Abs. 3 Satz 1 Gemeinsame Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen vorgenommen. Hierbei wurden nur endgültige Bestellungen zum Abteilungsleiter berücksichtigt, d. h. Beauftragungen mit der Wahrnehmung der Geschäfte blieben außer Acht.

Zu 2.: In den Ministerien und der Thüringer Staatskanzlei gab es bezogen auf die in der Frage 1 genannten Abteilungsleiterdienstposten die in der Tabelle (siehe Anlage 2) genannten Beförderungen. Hierbei fanden nur Beförderungen Berücksichtigung, die in eine endgültige Bestellung einmündeten.

Zu 3.: Seit dem 1. Januar 2000 wurden im Thüringer Innenministerium zwei Abteilungsleiterdienstposten ausgeschrieben, die jedoch nicht im Rahmen des Verfahrens bzw. noch nicht zu einer endgültigen Besetzung führten.

Im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit wurden zwei Abteilungsleiterdienstposten ausgeschrieben. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 4 bis 8 verwiesen.

Zu 4. und 5.: Die Stellenausschreibung ist ein wichtiges Instrument zur Gewinnung eines möglichst großen Kreises von Bewerbern in einem Auswahlverfahren. § 3 Abs. 2 der Thüringer Laufbahnverordnung regelt, ob im Rahmen eines Auswahlverfahrens eine Stellenausschreibung erfolgen muss: Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 sollen Beförderungsdienstposten ausgeschrieben werden. Das sind nur solche Dienstposten, deren Wertigkeit eine spätere Beförderung des Inhabers rechtfertigen kann. § 3 Abs. 2 Satz 3 bestimmt, dass von einer Ausschreibung allgemein oder im Einzelfall insbesondere dann abgesehen werden kann, wenn Gründe der Personalplanung oder des Personaleinsatzes entgegenstehen.

Soweit gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 keine Stellenausschreibung im Auswahlverfahren vorangeht, wird das verfassungsrechtliche Prinzip der Bestenauslese durch eine Bewerberauswahl von Amts wegen berücksichtigt. Dabei werden auch in Anforderungsprofilen bestimmte eignungs-, leistungs- und befähigungsrelevante Merkmale zugrunde gelegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung (Bundesverwaltungsgericht zuletzt Informationsdienst des Öffentlichen Dienstrechts 2005, S. 158) kann von einem Auswahlverfahren abgesehen werden, wenn ein Dienstposten mit einem Beamten ohne eine Statusveränderung, d.h. ohne Änderung der Amtsbezeichnung und des Endgrundgehalts besetzt werden soll. Soweit Abteilungsleiter mit statusgleichen Ämtern innerhalb der Landesregierung neue Aufgabenbereiche erhalten, obliegt es der freien Organisationsentscheidung der jeweiligen Ressorts, eine entsprechende Stellenbesetzung dementsprechend vorzunehmen.

Zu 6.: Gemäß § 10 Abs. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen bedarf die Übertragung des Dienstpostens eines Abteilungsleiters in einer obersten Landesbehörde auf Dauer oder kommissarisch für mehr als drei Monate der Beschlussfassung der Landesregierung. Die zugrunde liegende Auswahlentscheidung obliegt den jeweiligen Ressorts. Eine Vorlage der Namen der in eine etwaige Auswahlentscheidung einbezogenen Beamten ist daher nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Thüringer Landesregierung nicht vorgesehen.

Zu 7. und 8.: Soweit ein Auswahlverfahren durchgeführt wird, erfolgt eine Mitteilung an die unterlegenen Bewerber, die diese in die Lage versetzt, den Erfolg etwaiger Rechtsschutzmöglichkeiten einschätzen zu können. Eine bestimmte Form der Mitteilung verlangt die Rechtsprechung nicht.

Seit dem 1. Januar 2000 wurden 90 Mitteilungsschreiben, wie in der Tabelle (siehe Anlage 3) aufgeführt, versandt.

Zu 9.: Im höheren Verwaltungsdienst des Landes sind seit dem 1. Januar 2000 insgesamt 24 Konkurrentenstreitverfahren vor den Verwaltungs- anhängig. Konkurrentenstreitverfahren um richterliche Dienstposten bleiben unberücksichtigt, da diese nicht Dienstposten der Landesverwaltung, sondern der Judikative betreffen.

Zu 10.: Es liegen in dreizehn Fällen gerichtliche Entscheidungen vor. Im Ergebnis obsiegte der jeweilige Antragsteller/Kläger in vier Fällen, in vier Fällen wurden die Anträge/Klagen zurückgewiesen und in fünf Fällen erledigten sich die Anträge.

In zwei weiteren Fällen wurde der Antrag/die Klage zurückgenommen. Die übrigen Rechtsstreitverfahren sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Zu 11.: In den unter Beantwortung der Fragen 9 und 10 genannten Fällen beträgt die Kostenlast (Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten) des Freistaats bislang rund 15 830,- Euro (Stand 1. Dezember 2005). Diese Summe umfasst ausschließlich Gerichts- und etwaige Anwaltskosten. Personalkosten für die zuständigen sachbearbeitenden Mitarbeiter der die gerichtlichen Verfahren begleitenden Behörden wurden nicht berücksichtigt.

Zur Kostenlast für den Freistaat wird auf die Tabelle (siehe Anlage 4) verwiesen.

Einer - wie in der Fragestellung erbeten - weiteren Differenzierung der Angaben stehen schutzwürdige Interessen Einzelner gemäß Art. 67 Abs. 3 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen entgegen.

Zu 12.: Hinsichtlich des Verfahrens zur Besetzung der Stelle des Zentralabteilungsleiters im Thüringer Finanzministerium wird auf die Ausführungen zu Fragen 3 bis 8 verwiesen. Es ist nicht beabsichtigt, die Stelle des Zentralabteilungsleiters im Thüringer Finanzministerium nach der Besetzung, aber vor der statusrechtlichen Beförderung auszuschreiben.