JVA

Nach Auffassung der Strafvollzugskommission war in der JVA Tonna die Überbelegung das größte Problem. Die Strafvollzugskommission wird verfolgen, ob sich die Situation nach der Inbetriebnahme der neuen Hafthäuser verbessert.

Zweimal besuchte die Strafvollzugskommission den Maßregelvollzug des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen Neben einer Freiheitsstrafe kann das Gericht als Maßregel der Besserung und Sicherung die Unterbringung von suchtkranken Tätern in einer Entziehungsanstalt (§ 64 Strafgesetzbuch) und von psychisch kranken Tätern in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 Strafgesetzbuch) anordnen. In Thüringen gibt es zwei Kliniken, in denen Maßregeln nach § 63 Strafgesetzbuch vollzogen werden. Maßregeln nach § 64 Strafgesetzbuch werden nur im Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen vollzogen.

Das Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen übernahm zum 01.01.2002 das ehemalige Landesfachkrankenhaus. Damit übernahm das Unternehmen auch den Maßregelvollzug. Die Rechte und Pflichten sowie die notwendige staatliche Kontrolle wurden in einem Beleihungsvertrag geregelt. Der Vertrag enthielt die Pflicht zum Neubau von 60 Plätzen des Maßregelvollzugs. Da sich der Bedarf an Plätzen inzwischen wesentlich erhöht hat, sollen jetzt 128 Plätze - 28 im offenen Vollzug und 100 im geschlossenen Bereich - geschaffen werden. Der Neubau des Maßregelvollzuges wird über Kostensätze refinanziert. Der Träger finanziert die komplette Baumaßnahme vor. Die Refinanzierung übernimmt das Land. Sie erfolgt mittels entsprechender Kostensätze über einen Zeitraum von 30 Jahren. Dabei sind der Restbuchwert und die Zinszahlungen zu berücksichtigen. Der Neubau für den geschlossenen Maßregelvollzug soll im II. Quartal 2006 in Betrieb genommen werden. Er wird nach dem neusten Stand der Technik gebaut und der modernste Maßregelvollzug in Thüringen sein.

Im Maßregelvollzug waren insgesamt 58 Beschäftigte, davon zwei Ärzte, fünf Psychologen und drei Sozialarbeiter eingesetzt.

Bezüglich der Höhe der Pflegesätze werden Pflegesatzverhandlungen geführt, wie dies sind dabei Personalkosten, Sachkosten, Kosten für die Refinanzierung und Kosten, die aus den gesundheitlichen Behandlungen resultieren.

Die Kosten für den Maßregelvollzug sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Dies wurde zum einen darauf zurückgeführt, dass die Klinik Tariferhöhungen unterliegt. Zum anderen wurde dies mit der Zunahme von sehr teuren Labortests begründet. So wird zum Beispiel mit Urinuntersuchungen getestet, ob die Patienten im Maßregelvollzug Drogen konsumieren.

Durch die Beleihung des privaten Unternehmens hat sich an der Rechts- und Fachaufsicht des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit nichts geändert. Das Ministerium hat die Fach- und Rechtsaufsicht. Es gilt auch die Thüringer Verordnung über den Vollstreckungsplan für den Maßregelvollzug vom 17. Februar 2006.

Kritisiert haben Vertreter der Klinik die schlechte forensische Ausbildung der Ärzte und Psychologen und auch die schlechte Ausbildung der Gutachter.

Die gesetzlich vorgesehene Regelbehandlungsdauer beträgt bei Maßregeln nach § 64 zwei Jahre. Bei Patienten, die sich für eine Behandlung entschließen, dauert die Behandlung oft länger als zwei Jahre, manchmal sogar drei bis vier Jahre. Sie endet dann mit der Entlassung in die Freiheit einschließlich einer ambulanten Nachsorge. Wenn keine Therapiewilligkeit oder Therapiefähigkeit besteht, können der Patient oder die das Gericht. Bestätigt das Gericht den Abbruch und kann der Patient noch nicht in Freiheit entlassen werden, kehrt er in den Strafvollzug zurück. Ca. 50 Prozent (dies entspreche dem Bundesdurchschnitt) der untergebrachten Patienten brechen nach Aussage der Klinik die Maßregel ab oder werden als nicht behandelbar entlassen. Es sei aber festgestellt worden, dass die Rückfallquote bei der Durchführung von Maßregeln geringer ist als die Rückfallquote, wenn nur die Strafe vollzogen wurde.

Das Fachkrankenhaus selbst ist in einem Park in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht. Der geschlossene Maßregelvollzug befand sich zum Zeitpunkt der Besuche der Strafvollzugskommission in einem Gebäude außerhalb des Geländes. Ca. 50 Prozent der Patienten waren rauschgiftsüchtig und ca. 50 Prozent anders suchtkrank, zum Beispiel alkohol- oder tablettenabhängig. Die insgesamt 32 Patienten waren auf drei Ebenen untergebracht. Es gab keinen Hochsicherheitstrakt, sondern nur einen gesicherten Trakt.

Über ein ausgefeiltes System an Stufen, das durch die entsprechenden Bezugstherapeuten begleitet wird, sollen die Patienten zu immer mehr Freiheiten geführt werden, wobei auch Rückstufungen möglich sind, zumal es in der Suchttherapie immer Rückfälle gebe. Die offenen Stationen würden ohne Sicherung betrieben. Entspricht ein Patient dem Konzept nicht mehr, werde er in die geschlossene Abteilung zurückverlegt.

Beim Besuch des gesicherten Bereiches wurde darauf hingewiesen, dass ca. 60 Prozent der Patienten den gesicherten Bereich nicht verlassen dürfen. Jeder Patient muss ca. drei Stunden pro Tag an einer Arbeits- und Beschäftigungstherapie teilnehmen. Zusätzlich werden sportliche Aktivitäten angeboten. Patienten mit Lockerungen konnten in der Stadt einkaufen.

Die Station A war am strengsten gesichert. Dort waren 11 Patienten untergebracht. Es handelte sich um neu aufgenommene Patienten oder um Patienten, die ihre Mitarbeit in der Therapie verweigerten bzw. bei denen ein Abbruch der Therapie beantragt wurde.

Diese Patienten müssen die richterliche Entscheidung abwarten. Therapieunwilligkeit einzelner Patienten führt nach Aussage der Klinik zu einer extremen Verschlechterung des Klimas auf den Stationen, weshalb diese Patienten in der Regel auf die Station A verlegt würden. Lehnt das Gericht den Abbruch ab, wird mit den Patienten erneut ein Therapieplan erarbeitet, der den neuen Verhältnissen angepasst wird. Es werde versucht, die Vorgaben des Gerichts umzusetzen.

Die Strafvollzugskommission führte Gespräche mit einzelnen Patienten.

Die Patienten beschwerten sich darüber, dass sie das klinikinterne Sanktionssystem nicht nachvollziehen könnten. Sie hatten den Eindruck, dass auf Veranlassung der Klinik die Therapie abgebrochen werden solle, wenn sie sich nicht konform verhielten, und zwar mit der Begründung, der Patient sei nicht therapiefähig. Zuvor werde dem Patienten nahe gelegt, selbst den Abbruch der Therapie zu beantragen. Sich außerhalb der Klinik zu beschweren, werde als mangelnde Einsicht in die Therapienotwendigkeit gesehen.

Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit wies als Fachaufsicht darauf hin, dass die Therapien der ärztlichen Verantwortung unterlägen. Auffälligkeiten werde nachgegangen.

Die Strafvollzugskommission kam aufgrund der großen Zahl der Patientenbeschwerden und des Eindrucks, den sie bei ihrem Besuch gewonnen hatte, überein, die Einrichtung noch einmal zu besuchen.

Bei dem zweiten Besuch fand erneut ein Rundgang im Gebäude des geschlossenen Vollzugs statt.

Die Patienten beklagten erneut, dass ihnen Therapieunwilligkeit unterstellt werde, wenn sie die Vorgaben der Klinik nicht akzeptierten. Wer frage und denke, habe Nachteile.

Die Klinik habe sie auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Therapie abgebrochen werden könne, wenn sie ihnen nicht passe. Für Kinder von Patienten bestünden kaum Besuchsmöglichkeiten. Dies widerspreche dem zentralen Anliegen des Maßregelvollzugs, die sozialen Bindungen der Patienten zu fördern. Die Anzahl der Therapiestunden sei zu gering. Therapiefortschritte würden nicht anerkannt.

Die Klinik wies darauf hin, dass die von Gerichten zu einer zwangsweisen Behandlung verurteilten Patienten für eine Therapie in der Regel nicht motiviert seien. Selbst wenn sie motiviert seien, hätten sie die Erwartung, dass die Therapie nach ihren Vorstellungen ablaufe. Während den Gerichtsverhandlungen würden die Angeklagten sehr oft eine eine Selbstveränderung und keine Fremdveränderung. Es sei ein sehr schwieriger Prozess, Verhaltensweisen, persönliche Einstellungen und Wertvorstellungen zu ändern. Eine völlig falsche Motivation sei die Vorstellung, im Maßregelvollzug bessere Verhältnisse als im Gefängnis vorzufinden, aber nichts für die Selbstveränderung tun zu müssen. Ohne den zwingend notwendigen Selbstdisziplinierungs- und Regulierungsprozess drohten neue Straftaten.