Eigenheim

Soweit ein Gebäude nur deswegen standsicher sei, weil es sich an das Nachbargebäude anlehne, entspreche es dieser Anforderung nicht und sei auf Kosten des jeweiligen Eigentümers zu ertüchtigen. Diese Kosten seien ja auch dann zu tragen, wenn der Nachbar das baufällige Gebäude freiwillig beseitige.

Da die Gefährdung der Haushälfte der Petentin insoweit nicht durch den schlechten Zustand der Nachbarhälfte verursacht werde und somit nicht dem Nachbarn zuzurechnen sei, könne die Wiederherstellung der Standsicherheit der Haushälfte der Petentin nicht dem Nachbarn aufgegeben werden. Daher könnten die erforderlichen Maßnahmen auch nicht im Wege der Ersatzvornahme durch den Landkreis durchgeführt werden.

Nach § 8 Absatz 3 Satz 1 Thüringer Nachbarrechtsgesetz müsse beim Abbruch eines Gebäudes durch den Abbrechenden die Außenfläche der Nachbarwand in einen für eine Außenwand geeigneten Zustand versetzt werden. Hierbei handele es sich um eine zivilrechtliche Verpflichtung, die in den besonderen nachbarschaftlichen Beziehungen begründet sei. Dagegen dürfe die Bauaufsichtsbehörde nur in dem Umfang tätig werden, der zur Beseitigung von Gefahren, die von baulichen Anlagen unmittelbar verursacht würden, erforderlich sei. Daher sei die Bauaufsichtsbehörde nicht verpflichtet, aus Anlass der Gefahrenbeseitigung auch die übrigen Verpflichtungen des Eigentümers des schadhaften Gebäudes zu erfüllen. Schließlich sei auch auf die Regelung des § 8 Absatz 3 Satz 2 Thüringer Nachbarrechtsgesetz hinzuweisen. Danach seien die Kosten der Nachbesserung der Nachbarwand insoweit von beiden Seiten gemeinsam zu tragen, als seien (zum Beispiel um die Eignung der Nachbarwand als tragende Wand herzustellen). Dieser Auffassung hat sich der Petitionsausschuss angeschlossen. Danach muss die Petentin die Kosten für die Sicherung ihrer Haushälfte, die infolge der Sicherungsmaßnahmen an dem Nachbarhaus entstehen, selber tragen.

Der Petitionsausschuss hat die Petentin gebeten, sich mit dem Landkreis über die erforderlichen Maßnahmen abzustimmen.

11.2.2. Landwirtschaftliche Gerätehalle im Außenbereich genehmigt

Ein Landwirt im Nebenberuf beschwerte sich gegen den Baustopp für eine Gerätehalle.

Der Petent wollte auf einem Grundstück im sog. Außenbereich eine landwirtschaftliche Gerätehalle errichten. Die Gerätehalle sollte eine Grundfläche von ca. 40 m, eine Traufhöhe von 4 m und eine Firsthöhe von ca. 6 m haben. Hierzu teilte ihm die Verwaltungsgemeinschaft mit, dass Gebäude ohne Feuerungsanlagen mit einer traufseitigen Wandhöhe bis maximal 5 m, die einem land- und forstwirtschaftlichem Betrieb dienen, mit einer maximalen Bruttofläche von 100 m2 nach § 63 Absatz 1 Nr. 1 c) der am 01.05.2004 in Kraft tretenden Thüringer Bauordnung genehmigungsfrei errichtet werden können, wenn sie der Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind. Im Vertrauen darauf, dass diese Auskunft auf sein Bauvorhaben zutrifft, begann er mit dem Bau.

Nachdem das Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde von dem Bau Kenntnis erhalten hatte, wurde ein Baustopp angeordnet.

Die Genehmigungsfreiheit für die Gerätehalle nach § 63 Absatz 1 Nr. 1 c) Thüringer Bauordnung setzt nicht nur die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstmaße voraus.

Weitere Voraussetzung ist, dass das Gebäude einem land- oder forstwirtschaftlichem Betrieb im Sinne des § 35 Absatz 1 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit § 201 Baugesetzbuch dient.

Für die Beurteilung der Gerätehalle kam es daher darauf an, ob der Petent einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des Bauplanungsrechts führt. Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien ist von einem landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen, wenn die Betriebsmittel, die menschliche Arbeit und die Bodennutzung zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst sind und von einem Betriebsleiter planmäßig und auf Dauer eingesetzt werden. Insbesondere muss die Möglichkeit einer Gewinnerzielung bestehen. Außerdem muss das von dem Petenten errichtete Gebäude wenn ein auf die Schonung des Außenbereichs bedachter Landwirt für einen Betrieb vergleichbarer Art und Größe ein vergleichbares Gebäude errichten würde. Die Zuordnung zur Landwirtschaft muss sich auch aus dem Erscheinungsbild des Gebäudes ergeben.

Die durch die Petition veranlasste Prüfung, ob der Petent einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, fiel positiv aus. Das Landratsamt genehmigte den Bau.

11.2.3. Bauplanung aus DDR-Zeit überholt

Die Versagung einer Baugenehmigung beanstandeten Eigentümer eines Gartengrundstücks, weil eine Bauplanung aus der DDR-Zeit ein Wohnhaus auf diesem Grundstück vorsah.

Auf den benachbarten Grundstücken entstanden Ende der 80er Jahre entsprechend einer städtebaulichen Bestätigung des Rates des Kreises von 1988 zwanzig Wochenendhäuser. Neben den Wochenendhäusern sah die städtebauliche Bestätigung auch einen Standort für ein Eigenheim vor. Dieser Standort befindet sich zum Teil auf dem Grundstück der Petenten. Deshalb gingen die Petenten davon aus, dass sie dieses Grundstück mit einem Wohnhaus bebauen können. Den darauf gerichteten Bauantrag lehnte das Landratsamt ab.

Der Petitionsausschuss sah keinen Grund, diese Entscheidung zu beanstanden. Die städtebauliche Bestätigung von 1988 kann heute nicht mehr als bauplanungsrechtliche Grundlage für den Bau eines Einfamilienhauses herangezogen werden. Mangels dieser Grundlage war das Bauvorhaben der Petenten danach zu bewerten, ob es Teil eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Baugesetzbuch oder ein Außenbereichsvorhaben nach § 35 Baugesetzbuch ist. Ein Bebauungszusammenhang konnte nicht angenommen werden, weil dieser nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein bestimmtes eigenständiges Gewicht oder eine organische, tatsächlich aufeinander folgende und zusammenhängende Siedlungsstruktur besitzen muss. Deshalb war das Bauvorhaben als Außenbereichsvorhaben im Sinne von § 35 Absatz 2 Baugesetzbuch anzusehen. Diese Vorhaben sind nur dann zulässig, wenn die Erschließunggesichertistund keineöffentlichen beeinträchtigt werden. Da das von den Petenten geplante Einfamilienhaus in dem mit Bungalows und vereinzelten Wohnhäusern bebauten Gebiet die Gefahr verstärken würde, dass eine Splittersiedlung entsteht (§ 35 Absatz 3 Nr. 7 war die Baugenehmigung zu versagen.

Unabhängig davon kann die Stadt, die ihr gemeindliches Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt hatte, jederzeit prüfen, inwieweit sie durch einen Bebauungsplan eine weitere geordnete Bebauung für dieses Gebiet ermöglichen will.

11.2.4. Katasterdokumentation über 100 Jahre Zurück bis zum Jahr 1880 sollten die Katasterbehörden nach dem Willen einer Grundstückseigentümerin die Katasterdokumentation für mehrere Nachbargrundstücke überprüfen, da sie davon ausgeht, dass die Katasternachweise mehrfach zum Nachteil ihrer Rechtsvorgänger gefälscht wurden.

Das Grundstück, das Anlass für Nachforschungen der Katasterbehörden geben soll, erwarb die Petentin im Jahr 2002. Bereits 2001 hatte das Katasteramt mehrere Grundstücke vermessen. Davon war auch das spätere Grundstück der Petentin betroffen. Der Katasternachweis bot keine sichere Grundlage für die Feststellung der Grundstücksgrenzen, da das Grundstück zu einem ungetrennten Hofraum gehörte.

Als ungetrennter Hofraum wird eine Ortsbebauung bezeichnet, für die noch keine Grenzen im liegenschaftlichen Sinne entstanden waren. Eine Eigentumsübertragung mit der dafür notwendigen Eintragung im Grundbuch ist heute nur möglich, wenn inzwischen liegenschaftliche Grenzen entstanden sind, d.h. der Anteil am ungetrennter Hofraum vermessen wurde.

Nach dem Thüringer Abmarkungsgesetz kann in diesen Fällen eine Grundstücksgrenze abgemarkt werden, wenn sich die beteiligten Grundstückseigentümer auf deren Verlauf einigen. Deshalb schlug das Katasteramt nach der Vermessung im Jahr 2001 die momentanen Besitzstandsgrenzen als Grundstücksgrenzen vor und markte diese ab.

Soweit das spätere Grundstück der Petentin davon betroffen war, erhob die ehemalige Eigentümerin Widerspruch gegen das Abmarkungsprotokoll. Der im Jahr 2001 an der Grenze zu dem Grundstück gesetzte Abmarkungspunkt wurde wieder entfernt.