Der Gemeindearbeiter wurde nämlich bei den Kommunalwahlen 2004 zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde gewählt

11.4.6. Kann Gemeindearbeiter sei eigener Chef sein?

Der Beigeordnete einer Gemeinde hatte Zweifel, ob der ehrenamtliche Bürgermeister zugleich Gemeindearbeiter sein kann.

Der Gemeindearbeiter wurde nämlich bei den Kommunalwahlen 2004 zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde gewählt.

Ehrenamtliche Bürgermeister können nach den §§ 28 Absatz 4 und 23 Absatz 4 Thüringer Kommunalordnung ihr Amt nicht antreten oder verlieren ihr Amt, wenn sie gleichzeitig als Beamte oder Angestellte der Gemeinde tätig sind. Auf Bedienstete der Gemeinde, die als Arbeiter beschäftigt werden, gilt diese Inkompatibilitätsregelung nicht.

Nach § 29 Absatz 3 Thüringer Kommunalordnung ist der ehrenamtliche Bürgermeister außerdem Vorgesetzter der Gemeindebediensteten. Bei arbeitsrechtlichen Angelegenheiten in eigener Sache geht das Gesetz (§ 32 Absatz 1 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung) allerdings von einer Verhinderung des Bürgermeisters aus. In diesem Fall vertritt der Beigeordnete den Bürgermeister. Ist der Bürgermeister also gleichzeitig Arbeiter der Gemeinde, fungiert der Beigeordnete als Vorgesetzter. Das ist hier der Petent.

11.4.7. Grundsteuer wegen Fortschreibung der Einheitswerte unterschiedlich

Die Eigentümerin eines Einfamilienhauses beanstandete, dass sie für ihr Grundstück deutlich mehr Grundsteuern als ihre Nachbarn zahlen soll.

Die Überprüfung durch den Petitionsausschuss ergab folgende Ursache: Der so genannte Einheitswert, ein vom Finanzamt festgesetzter Richtwert für Grundstücke und Gebäude, der als Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer dient, wurde in den neuen Ländern seit 1935 bzw. 1961 nicht fortgeschrieben. Nach der Wiedervereinigung wurde eine Übergangsregelunggeschaffen, wonach der Einheitswert fortgeschrieben wird, wenn zum Beispiel bauliche Veränderungen vorgenommen werden oder das Grundstück verkauft wird. Die Petentin hatte ihr Grundstück 1997 erworben. Deshalb wurde der Einheitswert fortgeschrieben. Bei den Nachbarn blieb er unverändert.

Der Ausschuss musste zur Kenntnis nehmen, dass es wegen des Übergangsrechts zu unterschiedlichen Besteuerungen kommen kann. Unabhängig hiervon wurde festgestellt, Angaben des Vorbesitzers des Hauses übernommen hatte. Die Neuberechnung führte zu einer Reduzierung der Grundsteuer.

11.4.8. Viele gültige Stimmen trotz komplizierter Stimmzettel

Der Petent hat eine Änderung der Stimmzettel für die Kommunalwahlen vorgeschlagen.

Da er den Stimmzettel bei der Verhältniswahl für unverständlich gehalten hat, sah er die Gefahr, dass aufgrund von Missverständnissen ungültige Stimmen abgegeben werden.

Er ging nämlich davon aus, dass die Stimmabgabe ungültig sei, wenn man eine Liste angekreuzt und gleichzeitig einen Bewerber in einer anderen Liste ankreuzt. Der Stimmzettel sollte seiner Meinung nach deshalb so geändert werden, dass sich in der Kopfleiste des Wahlvorschlags der Parteien oder Wählergruppen statt einem Kreis drei Kreise befinden. Dadurch erhalte der Wähler die Möglichkeit, seine drei Stimmen nach Belieben in der Kopfleiste des Wahlvorschlags und auf die einzelnen Bewerber zu verteilen.

Das Innenministerium stellte gegenüber dem Petitionsausschuss dar, welche Möglichkeiten für eine gültige Stimmabgabe bestehen. Es teilte Folgendes mit: Der Wähler hat bei der Verhältniswahl (mehrere Wahlvorschläge wurden zugelassen) drei Stimmen (§ 20 Absatz 1 Satz 2 Thüringer Kommunalwahlgesetz - Diese drei Stimmen kann er einzelnen Bewerbern geben, wobei er bis zu drei Stimmen einem Bewerber geben oder die Stimmen auf bis zu drei Bewerber eines oder mehrerer Wahlvorschläge verteilen kann (§ 20 Absatz 1 Satz 3 und 4 In diesem Fall entsprechen die drei Stimmen drei Kreuzen in den auf dem Stimmzettel vorgegebenen Kreisen hinter den Bewerbernamen. Der Wähler kann aber auf die Bewerber auch weniger als drei Stimmen abgeben, ohne dass diese Stimmabgabe hierdurch ungültig wird (§ 20 Absatz 1 Satz 5 KWG). Setzt der Wähler ein Kreuz nur in der Kopfleiste eines Wahlvorschlags, ohne seine Stimmen einzelnen Bewerbern zu geben, entfallen auf die ersten drei Bewerber des Wahlvorschlags jeweils eine Stimme (§ 20 Absatz 1 Satz 6 KWG). In diesem Fall hat der Wähler mit einem Kreuz drei Stimmen abgegeben.

Der Wähler kann aber auch einen Wahlvorschlag in der Kopfleiste kennzeichnen und innerhalb seiner Stimmenzahl einzelnen Bewerbern Stimmen geben, dann entfallen die verbleibenden Stimmen auf die Bewerber des Wahlvorschlags in der Reihenfolge ihrer Benennung (§ 20 Absatz 1 Satz 7 KWG), d.h. Vorrang haben in diesem Fall die Stimmen, die auf die einzelnen Bewerber abgegeben wurden. Der Wähler kann auch in diesem Fall Bewerber mehrerer Listen ankreuzen und auch einem Bewerber mehrere Stimmen geben. Die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen darf allerdings nicht seine drei Stimmen überschreiten. Kreuzt der Wähler z. B. zwei Bewerber auf verschiedenen Listen je einmal an und setzt noch ein Kreuz in die Kopfleiste eines Wahlvorschlags, hat er zwei Stimmen an die einzelnen Bewerber vergeben, die verbleibende eine Stimme entfällt auf den ersten Bewerber des angekreuzten Wahlvorschlags. Hat der Wähler nur eine Stimme einem einzelnen Bewerber gegeben und einen Wahlvorschlag in der Kopfleiste angekreuzt, entfallen die verbleibenden zwei Stimmen auf die ersten beiden Bewerber des angekreuzten Wahlvorschlags. Hat der Wähler drei Kreuze bei einzelnen Bewerbern gesetzt und einen Wahlvorschlag angekreuzt, hat er alle Stimmen innerhalb seiner Stimmenzahl an die einzelnen Bewerber abgegeben, sodass keine Stimme für den ersten Bewerber des Wahlvorschlags verbleibt, das Kreuz in der Kopfleiste geht in diesem Fall ins Leere. Gleichwohl ist eine solche Stimmabgabe als gültig zu bewerten, weil der Wähler nach dem Wortlaut des § 20 Absatz 1 Satz 7 KWG gleichzeitig einen Wahlvorschlag kennzeichnen und innerhalb seiner Stimmenzahl Stimmen an einzelne Bewerbervergeben kann, wobei die Bestimmung vom Vorrang der auf die einzelnen Bewerber abgegebenen Stimmen ausgeht.

Der Petitionsausschuss teilte die Auffassung des Petenten zur Gültigkeit der Stimmabgabe angesichts der auf möglichst viele gültige Stimmen angelegten Gesetzesauslegung des Innenministeriums nicht. Deshalb lehnte er den Vorschlag des Petenten ab.