Unter welchen Voraussetzungen erhielt das o.g. Unternehmen in welcher Höhe

März 2006 hat folgenden Wortlaut:

Nach Berichterstattung im Freien Wort vom 28. Februar 2006 musste ein Unternehmen der Dämmstoffindustrie in Gehren im April 2004 nach nur wenigen Monaten Produktion Insolvenz anmelden. Offenbar ist dabei die Produktion zu keinem Zeitpunkt angelaufen, vielmehr trat die Insolvenz bereits während des Probebetriebs auf. Das Unternehmen soll am Standort Gehren rund fünf Millionen Euro investiert und dabei rund 1,7 Millionen Euro Fördermittel erhalten haben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen erhielt das o.g. Unternehmen in welcher Höhe Fördermittel?

2. Welche Landesunternehmen waren an dem o.g. Unternehmen unmittelbar oder mittelbar beteiligt?

3. Welcher Zeitraum lag zwischen der Ausreichung der Fördermittel und der Insolvenzbeantragung? War zum Zeitpunkt der Insolvenzbeantragung bereits die Produktion voll angelaufen? Wenn ja, wie lang lief die Produktion?

4. Worin liegen aus Sicht der Landesregierung die Ursachen für die Insolvenz des o.g. Unternehmens, obwohl im erheblichen Umfang Fördermittel ausgereicht wurden?

5. Wie erklärt die Landesregierung die Auszahlung von Fördermitteln an das o.g. Unternehmen, wenn andererseits das Unternehmen bereits nach kurzer Zeit Insolvenz beantragen muss? Wie wurde das Insolvenzrisiko des Unternehmens bei der Bewilligung der Fördermittel mit welchen Ergebnissen abgewogen bzw. geprüft?

6. Erfolgte die Ausreichung der Fördermittel mit einer dinglichen Besicherung und welche Auswirkung hat dies auf mögliche Rückforderungen? Weshalb wurde möglicherweise auf eine Besicherung der Auszahlung der Fördermittel verzichtet?

7. Wann hat das Land in welcher Höhe gegenüber dem o.g. Unternehmen bzw. dem Insolvenzverwalter die Rückerstattung der Fördermittel geltend gemacht bzw. wann ist eine solche Geltendmachung vorgesehen? Unter welchen Voraussetzungen soll möglicherweise auf die Rückforderung der Fördermittel verzichtet werden und liegen diese Voraussetzungen vor?

9. Mai 2006

8. In welcher Höhe kann das Land wann mit einer Rückerstattung von Fördermitteln im vorliegenden Fall rechnen?

9. Welche Schlussfolgerungen hat das Land aus der Fördermittelvergabe für das o.g. Unternehmen gezogen und welche Veränderungen bei der Vergabe von Fördermitteln veranlasst? Wie begründet die Landesregierung ihr diesbezügliches Verhalten?

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 24. April 2006 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Da die einschlägigen Fördervoraussetzungen erfüllt waren und die Hausbank (Deutsche Kreditbank AG) die Durchfinanzierung des Vorhabens bestätigte, hat die TAB in den Jahren 2002 und 2003 Zuschüsse aus der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GA) zur Förderung der Errichtung der Betriebsstätte in Gehren in Höhe von insgesamt 1,681 Millionen Euro bewilligt.

Zu 2.: An der DDW AG war kein Landesunternehmen beteiligt.

An dem Unternehmen hat sich die TIB (Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft & Co. KG) und die BFT (Beteiligungsfonds Thüringen mit einer offenen und einer stillen Beteiligung in Höhe von insgesamt 1,535 Millionen Euro beteiligt. Die TIB hat darüber hinaus ein Gesellschafterdarlehen über 301 000 Euro ausgereicht.

Die Beteiligung von TIB und BFT erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Gründer für eine patentierte Produktidee beim Start-up-Gründungswettbewerb von Stern und Sparkassenverband NRW mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden waren. Auf der Grundlage des Unternehmensplans zur Umsetzung dieser Produktidee hat sich die TIB an dem Unternehmen beteiligt.

Zu 3.: Das Beteiligungskapital von TIB und BFT wurde im Zeitraum zwischen Dezember 2001 und August 2002 in mehreren Tranchen ausgereicht. Die GA-Fördermittel wurden ebenfalls in mehreren Tranchen zwischen Oktober 2002 und Dezember 2003 ausgereicht. Am 5. April 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der DDW AG eröffnet.

Die Produktion lief im Oktober 2003 an, so dass im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seit sieben Monaten produziert wurde. Der Umfang der Produktion ist nicht bekannt.

Zu 4.: Jede Unternehmensbeteiligung unterliegt auch dem Risiko des Scheiterns. Die Insolvenz der DDW AG ist im Wesentlichen darin begründet, dass der dem Unternehmensplan zugrunde liegende, bestätigte und genehmigte Investitionsrahmen deutlich überschritten wurde. Die TIB hatte im Zuge ihrer Beteiligung gefordert, dass im Rahmen einer Ausschreibung sichergestellt wird, dass die für den Bau der Produktionsstätte und die für die Maschinen und Anlagen geplanten Kosten eingehalten werden. Erst in einem sehr späten Stadium stellte sich heraus, dass der Vorstand der Gesellschaft die TIB getäuscht hat und ohne Wissen der Kapitalgeber bereits Aufträge ohne Ausschreibungsverfahren vergeben hatte. Dies führte zu einer erheblichen Überschreitung der ursprünglich geplanten Kosten. Dies hatte letztlich zur Folge, dass die zur Realisierung des Projektes bereitgestellten Mittel fast vollständig aufgezehrt waren, bevor das Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb aufnehmen konnte.

Der ursprünglich für den Jahresbeginn 2003 vorgesehene Produktionsanlauf war nicht mehr zu realisieren.

Die Kapitalgeber standen im Juli 2003 vor der Alternative, das Projekt mit dem Risiko des Totalverlustes ihres Kapitals abzubrechen oder zu versuchen, es durch eine weitere Mittelzufuhr zur Produktionsreife zu bringen. Letztlich waren die TIB und die Hausbank zu der Nachfinanzierung nur unter der Voraussetzung bereit, dass der Vorstandsvorsitzende und Mitgesellschafter der DDW, dem die Hauptverantwortung an der Überschreitung des Investitionsplanes zur Last gelegt wurde, aus dem Vorstand des Unternehmens aus scheidet. Nach Erfüllung dieser Bedingung engagierte sich die TIB mit einem Gesellschafterdarlehen in Höhe von 301 000 Euro als Teil der gesamten Nachfinanzierung von 625 000 Euro.

Dem verbliebenen Vorstand ist es entgegen aller positiven Prognosen nicht gelungen, merkbare Umsatzerlöse oder verbindliche Aufträge zu generieren, was zu einer Aufzehrung der liquiden Mittel führte. Nachdem die DDW schließlich nicht mehr in der Lage war, die Verbindlichkeiten gegenüber der Hausbank rechtzeitig zu bedienen, kündigte diese am 27. Februar 2004 ihr Kreditengagement. Dies führte zur Insolvenz der DDW AG.

Zu 5.: Zum Zeitpunkt der Auszahlung der Beteiligungsmittel gingen TIB und BFT auf Grundlage des prämierten Konzeptes der DDW-Gründer und auf der Grundlage des Unternehmensplanes von einem erfolgreichen Start des Unternehmens aus.

Die TAB hatte weder zum Zeitpunkt der Bewilligung der GA-Fördermittel noch zum Zeitpunkt der Auszahlung Erkenntnisse über eine Insolvenzgefährdung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Unternehmen um eine Neugründung handelte, so dass keine betriebswirtschaftlichen Ergebnisse zum Zeitpunkt der Bewilligung vorlagen. Die Liquiditätsplanung erschien schlüssig. Darüber hinaus lag eine vorbehaltlose Durchfinanzierungsbestätigung der Hausbank sowie eine Beteiligung der TIB vor. Durch diese beiden Institutionen erfolgte eine betriebswirtschaftliche Prüfung des Vorhabens, auf die sich die TAB stützte.

Zu 6.: Dingliche Sicherheiten werden üblicherweise zum Schutz von Gläubigern eingeräumt, die dem betroffenen Unternehmen Fremdkapital zur Verfügung stellen. Im Gegensatz dazu werden offene und stille Beteiligungen und Gesellschafterdarlehen nicht besichert, damit das Unternehmen die ihm zur Verfügung stehenden Vermögenswerte für die Aufnahme von Fremdkapital nutzen kann. Die die DDW AG mitfinanzierenden Geschäftsbanken hätten eine diesen Grundsätzen widersprechende dingliche Besicherung der Gesellschafter nicht zugelassen.

GA-Zuschüsse werden als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Ein eventuell möglicher Rückforderungsanspruch wird ebenfalls aus den oben genannten Gründen nicht dinglich besichert. Allerdings wird von den Gesellschaftern des Zuwendungsempfängers in der Regel ein öffentlich-rechtlicher Schuldbeitritt verlangt.

Danach haften sie bei einer Rückforderung aufgrund nicht zweckentsprechender Nutzung des Zuschusses für die Rückzahlung gesamtschuldnerisch neben dem Zuwendungsempfänger. Der öffentlich rechtliche Schuldbeitritt erfolgte auch in diesem Falle für einen Teil der Zuschüsse. Für den anderen Teil wurde auf den Schuldbeitritt verzichtet, da der Anteil der im Vorhaben eingesetzten Eigenmittel den gewährten Zuschuss überstieg.

Zu 7.: Hinsichtlich der Beteiligungsmittel von TIB und BFT ist festzuhalten, dass Anteile am Grundkapital als Teil des haftenden Eigenkapitals nicht zur Insolvenztabelle angemeldet werden können. Die TIB hat aber am 28. April 2004 ihre Rückforderung aus dem Gesellschafterdarlehen in Höhe von 301 000 Euro und die BFT die Forderung aus der stillen Beteiligung in Höhe von 860 000 Euro zuzüglich aufgelaufener Zinsen angemeldet.

Die TAB meldete am 7. Mai 2004 Ansprüche aufgrund der Rückforderung von GA-Mitteln in Höhe von insgesamt 1 680 624 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 112 713 Euro zur Insolvenztabelle an. Am 1. Juni 2004 ergingen die Widerrufsbescheide an den Insolvenzverwalter. Die Rückforderungsansprüche werden geltend gemacht. Ein Verzicht auf die Rückforderung der Fördermittel ist nicht vorgesehen.

Zu 8.: Hierzu ist derzeit keine Aussage möglich.

Zu 9.: Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beteiligung an einem Unternehmen, insbesondere bei jungen Unternehmen bzw. bei Neugründungen, auch zum Verlust des eingesetzten Kapitals führen kann. Ob die im Vorfeld durch den Beteiligungssuchenden bzw. Antragsteller vorgestellte unternehmerische Kompetenz den Anforderungen in der Praxis standhält, lässt sich mit letzter Sicherheit nicht vorhersehen. Insofern werden sich auch in Zukunft in einzelnen Fällen auch Misserfolge bei Unternehmensbeteiligungen wie auch bei mit Zuschüssen geförderten Unternehmen nicht ausschließen lassen. Bei dem vorliegenden Sachverhalt handelt es sich um einen solchen Einzelfall. Für grundsätzliche Änderungen in der Fördermittelvergabe besteht aufgrund dieses Falles keine Veranlassung.