Laufbahnbefähigung

Die Landesregierung hat in ihren Antworten zu den Kleinen Anfragen 243 (Drucksache 4/830) und 525 (Drucksache 4/1398) ausgeführt, der eines Bund-Länder-Verfahrens nach § 13Abs. 3 Satz 4 Beamtenrechtsrahmengesetz sei die Voraussetzung dafür, dass mit dem Absolvieren eines Studiengangs an einer nichtverwaltungsinternen Verwaltungsfachhochschule zugleich die Laufbahnbefähigung für den gehobenen nicht technischen Verwaltungsdienst erworben wird. Mit dieser grundsätzlichen Aussage ist es unvereinbar, wenn Innenminister Dr. Gasser in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 525 (Drucksache 4/1398) nunmehr darlegt, dass die Laufbahnbefähigung für den Studiengang Öffentliche Betriebswirtschaft/Public Management auf Basis der überarbeiteten Studien- und Prüfungsordnung für den Freistaat Thüringen selbst dann anerkannt werden soll, wenn der Bund und die anderen Länder die Anerkennung verweigern, also das Bund-Länder-Verfahren nicht erfolgreich abgeschlossen wird.

Die ausdrücklich gestellten Fragen, welche Länder die Laufbahnbefähigung bisher anerkannt bzw. aus welchen konkreten Gründen nicht anerkannt haben, wurden von Minister Dr. Gasser nicht beantwortet. In der Antwort der Landesregierung vom 1. Dezember 2005 wird lediglich mitgeteilt, einige Länder hätten darum gebeten, das Bund-Länder-Verfahren bis zum Erlass von Standards für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung des gehobenen nicht technischen Dienstes für Bachelor-Studiengänge auszusetzen.

Weiterhin bleibt offen, wie der Thüringer Innenminister bereits im Jahre 2003 dazu kam, gegenüber der damaligen Wissenschaftsministerin, Prof. Dr. Schipanski, die Voraussetzungen der Laufbahnbefähigung des Studiengangs Öffentliche Betriebswirtschaft/Public Management eindeutig zu bejahen und die Anerkennung zeitnah in Aussicht zu stellen. Wie aus dem Thüringer Kultusministerium zu erfahren war, sei auf die klaren Aussagen des Innenministers vertraut worden. Auf Grundlage der positiven laufbahnrechtlichen Bestätigung des Innenministers seien die Fachhochschule und ihre Studenten unterrichtet worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche bundes- und landesrechtlichen Rechtsvorschriften sind für die laufbahnrechtliche Anerkennung des Studiengangs Öffentliche Betriebswirtschaft/Public Management an der Fachhochschule Nordhausen maßgeblich?

2. Besteht für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung ein rechtliches bzw. politisches Ermessen oder handelt es sich um eine rechtlich gebundene Entscheidung?

3. Welche rechtliche Bedeutung hat das von Minister Dr. Gasser genannte Bund-Länder-Verfahren gemäß § 13 Abs. 3 Satz 4 Beamtenrechtsrahmengesetz? Ist der erfolgreiche Abschluss eines solchen Verfahrens, wie Minister Dr. Gasser anscheinend meint, eine konstitutive Voraussetzung für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung? Wenn ja, wie erklärt die Landesregierung die Aussage von Minister Dr. Gasser, Thüringen werde auch ohne erfolgreichen Abschluss des Bund-Länder-Verfahrens die Laufbahnbefähigung auf Basis der überarbeiteten Studien- und Prüfungsordnung anerkennen?

4. Auf welcher rechtlichen Grundlage hat das Thüringer Innenministerium 2003 die Voraussetzungen zur Anerkennung der Laufbahnbefähigung geprüft und bejaht?

5. Sind im Bund-Länder-Abstimmungsverfahren bis zur Aussetzung inhaltliche Bedenken gegen die Einschätzung des Thüringer Innenministers zu den laufbahnrechtlichen Anerkennungsvoraussetzungen vorgetragen worden? Wenn ja, von wem und zu welchen konkreten Punkten?

6. Welche Länder haben um Aussetzung des Bund-Länder-Verfahrens bis zum Erlass von Standards des gehobenen nicht technischen Verwaltungsdienstes für Bachelor-Studiengänge gebeten?

7. Welche konkreten inhaltlichen Unterschiede bestehen nach der Festlegung der Standards für die Anerkennung von Studiengängen mit Bachelor-Abschluss vom 24. Juni 2005 im Verhältnis zur Rechtslage im Jahre 2003?

8. Hat es bis zur Aussetzung des Bund-Länder-Verfahrens Nachbesserungen der Studien- und Prüfungsordnung zur Erlangung der laufbahnrechtlichen Anerkennung gegeben? Wenn ja, welche?

9. Welche konkreten Änderungen der Studien- und Prüfungsordnung sind nach dem Erlass der Standards für Bachelor-Abschlüsse vorgenommen worden? Unter Bezugnahme auf die Antwort der Landesregierung vom 1. Dezember 2005 (Drucksache 4/1398) zu Frage 1, welche Änderungen wurden vom Bund und den Ländern angeregt und wie wurden sie in der Prüfungs- und Studienordnung berücksichtigt?

10. Wie ist der aktuelle Stand des Bund-Länder-Verfahrens? Wurden weitere Änderungen gewünscht, wenn ja, von wem und welche? Haben der Bund und einzelne Länder die Laufbahnbefähigung anerkannt oder wenigstens in Aussicht gestellt?

11. In welchem Umfang (Fächer/Anzahl der Dozenten/Stundenzahl) unterstützt die Verwaltungsfachhochschule Gotha im Rahmen der vom Kabinett beschlossenen Kooperation die Fachhochschule Nordhausen im Studiengang Öffentliche Betriebswirtschaft/Public Management? Besteht ein Zusammenhang mit der Entwicklung der Transferleistungen der Verwaltungsfachhochschule mit den Nachbesserungen der Prüfungs- und Studienordnung? Wenn ja, welcher?

12. Könnte die Verwaltungsfachhochschule Gotha, Fachbereich Kommunalverwaltung und staatliche allgemeine Verwaltung, deren Auslastung nach den Angaben von Minister Dr. Gasser in der Antwort vom 2. Dezember 2005 auf die Kleine Anfrage 524 (Drucksache 4/1406) unterhalb der Thüringer Regellehrverpflichtungsverordnung liegt, ihre Kooperationsleistungen ausweiten, um der Fachhochschule Nordhausen für den Studiengang Öffentliche Betriebswirtschaft/Public Management die laufbahnrechtliche Anerkennung zu verschaffen (Antwort bitte näher begründen)?

13. Falls nur Thüringen die Laufbahnbefähigung anerkennen sollte, sind die Dienstherren in Thüringen an diese Anerkennung gebunden? Können konkurrierende Beamte sich auf eine materiell-rechtlich fehlende Laufbahnbefähigung ihres Konkurrenten berufen und auf diese Weise die laufbahnrechtliche Anerkennung Thüringens gerichtlich prüfen lassen? Können der Bund, einzelne Länder oder Dienstherren den laufbahnrechtlichen Alleingang eines Bundeslandes gerichtlich klären lassen? Wenn ja, in welchen Verfahren?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. April 2006 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Nach § 14 Abs. 1 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) leisten Laufbahnbewerber einen Vorbereitungsdienst im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Inhalt und Dauer des Vorbereitungsdienstes sind den Erfordernissen der einzelnen Laufbahnen anzupassen. Der Vorbereitungsdienst schließt mit einer Prüfung ab.

Nach § 14 Abs. 4 BRRG besitzt nach näherer Bestimmung der Laufbahnvorschriften die Befähigung für eine Laufbahn des gehobenen Dienstes auch, wer außerhalb des Vorbereitungsdienstes eine den Anforderungen des § 14 Abs. 2 BRRG entsprechende Ausbildung in einem Studiengang einer Hochschule durch eine Prüfung abgeschlossen hat, die der Laufbahnprüfung gleichwertig ist.

Aufgrund dieser Regelung können die Länder so genannten Anerkennungsmodelle zulassen.

Thüringen hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem es in § 31 Abs. 4 der Thüringer Laufbahnverordnung festlegt, dass nach Maßgabe der nach § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c und Abs. 6 Satz 2 getroffenen Regelungen die Befähigung für eine Laufbahn des gehobenen Dienstes auch anerkannt wird, wenn der Bewerber außerhalb des Vorbereitungsdienstes eine inhaltlich dessen Anforderungen entsprechende, aus Fachstudien und berufspraktischen Studienzeiten bestehende Ausbildung in einem Studiengang einer Hochschule mit einer Prüfung abgeschlossen hat, die der Laufbahnprüfung gleichwertig ist. Diese Vorschrift beruht auf § 21 Abs. 4 des Thüringer Beamtengesetzes (gleich lautend § 14 Abs. 4 BRRG).

Zu 2.: Ausgehend von der bereits zitierten Regelung des § 31 Abs. 4 ist eine Anerkennung der Laufbahnbefähigung nur dann möglich, wenn die Gleichwertigkeit der Ausbildung und Prüfung zweifelsfrei feststeht.

Den einheitlichen Maßstab für alle nach § 13 Abs. 3 Satz 4 BRRG an der Prüfung des oben genannten Modellstudienganges Beteiligten bilden hierbei die Anforderungen für Studiengänge an internen Fachhochschulen sowie an Fachhochschulen, deren Abschlüsse einer Ausbildung für den gehobenen allgemeinen (nichttechnischen) Verwaltungsdienst gleichgestellt werden können (Positionspapier der IMK vom 19./20. November 1998), die durch das Positionspapier zur Gleichwertigkeit von Bachelor-Studiengängen und -Abschlüssen mit Diplom-Studiengängen und -Abschlüssen an Fachhochschulen im Rahmen einer Ausbildung für den gehobenen allgemeinen (nichttechnischen) Verwaltungsdienst vom 24. Juni 2005 ergänzt wurden.

Werden diese Anforderungen erfüllt, sind die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Laufbahnbefähigung gegeben.

Zu 3.: Der erfolgreiche Abschluss des Bund-Länder-Verfahrens nach § 13 Abs. 3 Satz 4 BRRG ist Voraussetzung für eine Anerkennung dieses Abschlusses beim Bund und den übrigen Bundesländern.

Die Durchführung dieses Verfahrens ist nach § 18 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 122 Abs. 2 BRRG verpflichtend. Hintergrund hierfür ist, dass die Dienstherrn nach § 122 Abs. 2 BRRG nicht nur ermächtigt, sondern auch verpflichtet sind, die unter den Voraussetzungen der §§ 13 bis 14c BRRG bei einem anderen Dienstherrn erworbene Befähigung anzuerkennen. Damit bei den zu vergleichenden (entsprechenden) Laufbahnen die qualitativen Unterschiede der Anforderungen für den Befähigungserwerb, insbesondere auch im Hinblick auf die geforderten Vorbildungsvoraussetzungen, nicht zu groß werden und die Anerkennung der Befähigung gefährden, schreibt § 13 Abs. 3 Satz 4 BRRG vor, dass Bund und Länder bei der Vorbereitung solcher Regelungen zusammenwirken müssen.

Werden im Rahmen des Abstimmungsverfahrens durch den Bund oder durch andere Bundesländer Bedenken im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 BRRG in Verbindung mit den jeweiligen Landesvorschriften und § 122 Abs. 2 BRRG erhoben und können diese nicht ausgeräumt oder durch eine eventuelle Anpassung der Studien- und Prüfungsordnung beseitigt werden, führt dies dazu, dass die Laufbahnbefähigung bei den Einwendern nicht anerkannt wird.

Für den Fall, dass der Abschluss des Studiengangs Öffentliche Betriebswirtschaft/Public Management an der Fachhochschule Nordhausen weder vom Bund noch von einem anderen Bundesland anerkannt würde, könnte dennoch eine Zuerkennung der Laufbahnbefähigung nur für den Freistaat Thüringen erfolgen. Die Landesregierung geht allerdings davon aus, dass neben dem Freistaat Thüringen auch weitere Länder den Abschluss des vorgenannten Studiengangs anerkennen werden.