Soziale Wirtschaftsbetriebe

Die Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe wurde im August 2005 außer Kraft gesetzt. Im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit wurde durch Minister Reinholz zum Ausdruck gebracht, dass im neuen Operationellen Programm keine Neuauflage dieser Richtlinie aufgrund des Verhältnisses Aufwand - Nutzen vorgesehen ist.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Projekte Soziale Wirtschaftsbetriebe wurden in der derzeitigen Förderperiode mit wie vielen Teilnehmern mit welcher Teilnehmerstruktur beantragt und bewilligt?

2. Wie viele der beantragten und bewilligten SOW-Projekte sind Neugründungen und wie viele wurden als Soziale Abteilungen bewilligt?

3. Wie viele Unternehmen/Soziale Abteilungen befinden sich gegenwärtig in der Kernförderung und wie viele in der Folgeförderung mit wie vielen Teilnehmern?

4. Wie viele Unternehmen/Soziale Abteilungen bestehen mit wie vielen Teilnehmern über den Förderzeitraum hinaus (Kern- und Folgeförderung ist abgeschlossen)?

5. Wie viele Unternehmen haben aufgrund welcher Tatsachen die Maßnahme während der Projektlaufzeit abgebrochen?

6. In welcher Höhe wurden Fördermittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Umsetzung der Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe in dieser Förderperiode bewilligt und ausgereicht (bitte aufgeschlüsselt nach Kern- und Folgeförderung sowie nach Jahresscheiben)?

7. Wie hoch ist der Förderanteil pro Teilnehmer pro Monat in einem Sozialen Wirtschaftsbetrieb im Durchschnitt und wie hoch ist dieser Förderanteil in einem vergleichbaren ESF-Förderprojekt?

8. Wie stellt sich das Verhältnis Aufwand und Nutzen der Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe aus Sicht der Landesregierung dar?

9. Kommen im Freistaat Thüringen vergleichbare komplexe Richtlinien zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen, zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen in Kombination mit aktiver Wirtschaftsförderung zum Einsatz? Wenn ja, welche mit welchem Effekt?

10. Wie begründet die Landesregierung die Aussage, dass Aufwand und Nutzen der Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe in keinem Verhältnis stehen?

11. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung in Bezug auf die Notwendigkeit der Einbeziehung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten für Langzeitarbeitslose, und Schwerbehinderte in das Operationelle Programm für den Zeitraum 2007 bis 2013?

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 12. Juli 2006 wie folgt beantwortet:

Die Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe wurde im August 2005 nicht außer Kraft gesetzt. Die Ziffern und 5.2.2 zur Förderung in den ersten beiden Jahren, dem so genannten Kernförderzeitraum der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und/oder des Freistaats Thüringen zur Förderung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten für Langzeitarbeitslose, ältere Arbeitslose und Schwerbehinderte, wurden mit Wirkung vom 1. August 2005 bis auf weiteres ausgesetzt.

Die Lohnkostenzuschüsse für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in sozialen Wirtschaftsbetrieben nach Ziffer 5.2.3 der Richtlinie für maximal zwei weitere Jahre sind weiterhin möglich.

Zu 1.: In der gegenwärtigen Förderperiode 2000 bis 2006 des Europäischen Sozialfonds (im Folgenden: ESF) wurden bisher für die Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe für den Kernförderzeitraum und/oder die Anschlussförderung insgesamt 89 Bewilligungen mit 1 092 geförderten Teilnehmern (504 Frauen, 588 Männer) ausgesprochen. Von den 1 092 geförderten Personen sind 113 Jugendliche und 653 Langzeitarbeitslose.

Davon war bei acht Bewilligungen der Zuwendungszweck die Anschlussförderung mit Einstellungszuschüssen zur Stabilisierung der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse im dritten und vierten Jahr für soziale Wirtschaftsbetriebe, deren Kernförderzeitraum aus der vorherigen ESF-Förderperiode 1994 bis 1999 finanziert worden war.

81 Bewilligungen umfassten die Förderung von sozialen Wirtschaftsbetrieben im Kernförderzeitraum. Darunter befinden sich Projekte sowohl mit als auch ohne Folgeförderung.

Zu 2.: Von den 89 Bewilligungen sind 70 Neugründungen und 19 so genannte soziale Abteilungen.

Zu 3.: Zum Stichtag 30. Juni 2006 befinden sich fünf soziale Wirtschaftsbetriebe mit 43 Arbeitnehmern in der Kernförderung und elf soziale Wirtschaftsbetriebe mit 114 Personen in der Folgeförderung.

Zu 4.: Insgesamt sind in 51 Unternehmen/sozialen Abteilungen 527 Arbeitnehmer nach Abschluss der Förderung beschäftigt.

32 Unternehmen/soziale Abteilungen, bei denen beide bewilligte Förderphasen (Kern- und Folgeförderung) abgeschlossen sind, beschäftigen 342 geförderte Arbeitnehmer.

19 Unternehmen/soziale Abteilungen mit 185 Arbeitnehmern haben nur den Kernförderzeitraum beantragt und die Folgeförderung nicht in Anspruch genommen.

Zu 5.: Fünf Unternehmen mussten wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Ende des bewilligten Förderzeitraums abbrechen.

Zu 8.: Mit der Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe konnte ein effektiver Beitrag zur Integration schwer vermittelbarer Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt erreicht werden. Allerdings sind die Kosten je integriertem Arbeitslosen im Vergleich mit anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten sehr hoch.

In der arbeitsmarktpolitischen Abwägung zwischen der Effektivität des zielgruppenspezifischen Instrumentes und seiner Effizienz wurde im Sinne eines sparsamen und wirtschaftlichen Einsatzes der knappen Arbeitsfördermittel auf weitere Neubewilligungen der Sozialen Wirtschaftsbetriebe im Kernförderzeitraum verzichtet.

Lohnkostenzuschüsse für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in der Folgeförderung können für im Kernförderzeitraum befindliche soziale Wirtschaftsbetriebe weiterhin gewährt werden.

Zu 9.: Vergleichbar komplexe Richtlinien wie die Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe kommen in der Arbeitsmarktförderung des Freistaats Thüringen nicht zum Einsatz.

Zu 10.: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Erfahrungen mit der Richtlinie Soziale Wirtschaftsbetriebe ein ungünstiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen erwiesen haben. Diese Auffassung wird durch den externen Evaluator im Rahmen der Aktualisierung der Halbzeitbewertung für das Operationelle Programm des Freistaats Thüringen in der Periode 2000 bis 2006 bestätigt.

Das Ziel der Integration von Langzeitarbeitslosen, älteren Arbeitslosen und Schwerbehinderten kann über andere Richtlinien und Programme der Arbeitsmarktförderung des Freistaats Thüringen mit größerer Effizienz erreicht werden.

Zu 11.: Die Strategie des Operationellen Programms des ESF für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 sieht im Handlungsfeld Verbesserung des Zugangs zur Beschäftigung spezielle Angebote für Langzeitarbeitslose vor, um über die Qualifizierung möglichst in Verbindung mit Beschäftigung auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt hinzuwirken. Aufgrund der demographischen Entwicklung besteht zudem erheblicher Handlungsbedarf zur Erhöhung der Erwerbsquote von Älteren. Für Schwerbehinderte stehen die Fördermöglichkeiten des SGB III, SGB II und des SGB IX zur Verfügung; Schwerbehinderte werden jedoch auch weiterhin Zielgruppe der Landesarbeitsmarktförderung sein.