Der Bildungsanspruch ist im Sinne eines persönlichen Rechts des Kindes als Bildung von Anfang an zu betrachten

Diese Forderung wurde auch in § 16 Abs. 4 des neuen übernommen.

Damit ist eine wichtige Grundlage zur Sicherung von Ganztagsplätzen gegeben.

Der Bildungsanspruch muss in allen öffentlich verantworteten Formen der Kindertagesbetreuung für Kinder aller Altersgruppen beachtet werden.

Der Bildungsanspruch ist im Sinne eines persönlichen Rechts des Kindes als Bildung von Anfang an zu betrachten. Jedes Kind hat Anspruch auf individuelle Förderung in allen Bildungsbereichen, wie sie in den Rahmenplänen der Länder genannt oder ausgelegt sind. Diese Bildungsbereiche sind auch für unter drei Jahre alte Kinder in Tageseinrichtungen und in Tagespflege fortzuentwickeln und in entwicklungsgemäßer Form umzusetzen.

Die Landesregierung unterstützt diese Empfehlung.

In Tageseinrichtungen und Kindertagespflege soll die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden. Dies umfasst nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.12.1998 (BGBl. I S. 3546), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 08.09.2005 (BGBl. I S. 2729), die Bildung, Betreuung und Erziehung des Kindes. Mit seinen gesetzlichen Vorgaben gibt der Bund ein politisches Signal: Es geht nicht nur um mehr Betreuungsplätze, sondern auch um ein qualifiziertes frühes Förderangebot. Thüringen hat dies im Rahmen des weiterentwickelt. Erstmalig werden Qualifizierungsanforderungen, Fortbildungsverpflichtung und eine persönliche Eignungsprüfung als Vermittlungskriterium für Tagespflegepersonen landesrechtlich verankert.

Den gesetzlichen Auftrag zu Bildung, Betreuung und Erziehung haben Kindertageseinrichtungen bundesweit bereits seit In-Kraft-Treten des SGB VIII im Jahr 1991. In Thüringen wurde dieser Auftrag daher auch in das Kindertageseinrichtungsgesetz vom 25.06.1991 (GVBl. S. 113) übernommen und dort in § 2 weiter konkretisiert.

Für die Bildung und Erziehung gab es darüber hinaus zunächst keine inhaltlichen Vorgaben. Die Betreuung der Kinder stand im Mittelpunkt. Sowohl die Ergebnisse von PISA als auch die Forderungen der Eltern und Pädagogen führten dazu, dass Kindertageseinrichtungen zunehmend als Bildungsorte gesehen werden. Die Jugendministerkonferenz und die Kultusministerkonferenz erarbeiteten 2004 den Gemeinsamen Rahmen für die frühkindliche Bildung und in allen Ländern wurden Bildungspläne, Orientierungspläne, Rahmenpläne o. ä. für die frühkindliche Bildung entwickelt.

Thüringen beteiligte sich im Zeitraum von 1999 bis 2002 am Bundesmodellprojekt Nationale Qualitätsinitiative in Tageseinrichtungen für Kinder. Ergebnis des Projektes war der Nationale Kriterienkatalog Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Nachfolgend wählte eine interministerielle Arbeitsgruppe aus den 20 Qualitätsbereichen die Bereiche aus, die im Hinblick auf das weitere Lernen in der Schule von besonderer Bedeutung sind und formulierte vier Leitlinien für die frühkindliche Bildung. Diese Leitlinien in Verbindung mit dem Nationalen Kriterienkata16 log sind seit 2004 Grundlage für die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen im Lande und damit die Vorstufe für den Thüringer Bildungsplan.

Im Konzept Bildung und Betreuung bis 16 Jahre und im ist festgelegt, dass in Thüringen ein Bildungsplan zu erarbeiten ist, der für Kindertageseinrichtungen, für Kindertagespflege und für Schulen mit dem Bildungsgang Grundschule pädagogische Schwerpunkte festlegt und zu einem aufeinander aufbauenden Bildungssystem führt. Darüber hinaus soll der Bildungsplan auch Eltern und anderen Bildungs- sowie Lernwelten Anregungen für ihren Umgang mit Kindern in den benannten Altersgruppen geben.

Ein Konsortium bestehend aus fünf Thüringer Wissenschaftlern und begleitet von einem Fachbeirat erarbeitet gegenwärtig den Thüringer Bildungsplan bis 10 Jahre. Ein erster Entwurf wurde bereits in Fachtagungen und Workshops diskutiert; ab dem Schuljahr 2006/2007 wird der Thüringer Bildungsplans bis 10 Jahre an ausgewählten Standorten erprobt und evaluiert. An der Erprobung beteiligt werden ca. 160, durch ein Zufallsverfahren ausgewählte Institutionen, Eltern und Tagespflegepersonen. Die Evaluation hat primär folgende Ziele:

· Erfahrungen beim Umsetzungsprozess: Wie strukturiert der Bildungsplan professionelles Handeln?

· Gelingensbedingungen - hinderliche Bedingungen,

· Verständlichkeit/Lesbarkeit und Praktikabilität - Veränderungsbedarf,

· Qualifizierungsbedarf.

Aufgrund der Erfahrungen aus der Erprobungsphase und der Ergebnisse der Evaluation wird der Thüringer Bildungsplan bis 10 Jahre fortgeschrieben und ab August 2008 implementiert mit der Folge, dass er dann zur verbindlichen Grundlage konzeptioneller Arbeit im Rahmen der Kindertagesbetreuung wird. Fortbildungen, die in einem Curriculum gefasst, zunächst für die Praxispartner der Erprobung des Bildungsplans, später flächendeckend über ein Unterstützersystem für alle angeboten werden, begleiten den Erprobungs- und Implementierungsprozess.

Die weiter oben erwähnten Leitlinien für die frühkindliche Bildung sowie die Ergebnisse der Nationalen Qualitätsinitiative in Tageseinrichtungen für Kinder sind in den Thüringer Bildungsplan bis 10 Jahre eingeflossen. Der Bildungsplan beinhaltet fachliche Orientierung für professionelles Handeln, insbesondere erziehungswissenschaftliche Grundlagen, Bildungsbereiche, Anregungen zur Konzeptionsentwicklung und Planung pädagogischer Arbeit, Materialien zur Beobachtung und Dokumentation sowie Rahmenbedingungen und Aspekte der Qualitätssicherung für die kindliche Bildung. Er thematisiert darüber hinaus explizit die Kooperation von Familien, Trägern und anderen Institutionen sowie deren gemeinsame Verantwortung für die Gestaltung von Übergängen im Bildungsverlauf und ist auch konzeptionsunabhängig flexibel nutzbar.

Grundlage des Thüringer Bildungsplans bis 10 Jahre ist ein Bildungs- und Erziehungsverständnis, das von der Berücksichtigung sowohl informeller als auch nonformaler und formaler Bildungsprozesse ausgeht. Die erziehungswissenschaftlichen Grundlagen stützen sich in ihrer Bildungsphilosophie auf die im 12. Kinder- und Jugendbericht ausgewiesenen begrifflichen Aussagen, im Speziellen auf den Ansatz der Ko-Konstruktion sowie auf die im Bericht aufgezeigten Dimensionen von Bildung.

Diese Dimensionen werden mit entwicklungspsychologischem Fachwissen innerhalb der Bildungsbereiche und bildungsbereichsübergreifend verbunden und in Form von Stufenmodellen dargestellt. Mit dieser Herangehensweise werden altersunabhängig Bildungsprozesse vom Kind aus betrachtet. So wird ein institutionsübergreifendes, sich an den individuellen Bildungsprozessen orientierendes Vorgehen gewählt und die sozialen sowie sachlich-kulturellen Bedingungen mit gefasst, die diese Bildungsprozesse ermöglichen. Damit ist auch deutlich, dass schulpflichtige Kinder innerhalb einer gesetzlich geregelten Altersspanne sehr heterogen in die Institution Schule übergehen, es dementsprechend keinen einheitlichen Maßstab mehr geben kann (veränderte Schuleingangsphase). Bildungsprozesse werden operationalisiert durch bildungsbereichsübergreifende Kompetenzen, die mit dem fächerübergreifenden Kompetenzbegriff schulischen Lernens einen gemeinsamen Nenner haben.

Gleichzeitig wird die Rolle der Eltern als aktive Mitgestalter auch der institutionellen Bildungsprozesse und die Familie als Lernort hervorgehoben. Um die Eltern in dieser Rolle zu stärken, sind Maßnahmen im Hinblick auf eine Erziehungspartnerschaft zu vereinbaren. Eine erste gemeinsam verantwortete Fortbildung Elternpartnerschaft in Kindertagesstätte und Grundschulhort ist erfolgreich mit einer Zertifizierung abgeschlossen worden. Künftig soll über die Elternakademie der Kontakt zu den Familienzentren noch stärker ausgebaut werden, um Eltern direkt ansprechen zu können.

Die Landesregierung wird

· den Thüringer Bildungsplan bis 10 Jahre ab September 2006 erproben und evaluieren, ab 2008 wird dieser verbindliche Grundlage konzeptioneller Arbeit in allen Thüringer Kindertageseinrichtungen,

· im Rahmen der Evaluation des Thüringer Bildungsplans bis 10 Jahre Eltern als potentielle Nutzer integrieren; darüber hinaus sollen Netzwerke geschaffen werden, die Eltern stärker in ihre Verantwortung einbinden und ihnen Hilfen anbieten, Bildungswelten von Kindern bewusster zu gestalten,

· eine Kooperation zwischen dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien und der Thüringer Elternakademie im Jahr 2006 unterstützen, um die Umsetzung der Elternpartnerschaften weiter voran zu bringen.

Frühe Bildungsförderung muss für Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihrer Lebenslage realisiert werden.

Es sind Beratungs- und Unterstützungssysteme zu entwickeln, die den frühen Zugang zu öffentlich geförderten Angeboten auch für Kinder mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Schichten gezielt erleichtern, damit Chancengleichheit gewährleistet ist.

Die Landesregierung unterstützt diese Empfehlung.

Durch den mit dem Thüringer Familienfördergesetz (Familienoffensive) eingeführten Rechtsanspruch auf einen Tageseinrichtungsplatz ab zwei Jahren.