Betrug mit Biogetreide

Anfang Januar wurde ein 50-jähriger Landwirt aus dem Raum Kusel verhaftet, weil er konventionell erzeugtes Getreide seit November als Bioware vermarktet hatte.

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Liegen Erkenntnisse vor, ob auch Getreide nach Hessen verkauft wurde?

Im vorliegenden Fall wurde kein Getreide nach Hessen verkauft.

Frage 2. Wenn ja, wohin?

Wie in Antwort zu Frage 1 ausgeführt, erfolgte kein Verkauf nach Hessen.

Allerdings wurde nach hier vorliegenden Erkenntnissen eine hessische Firma mit vermutlich konventionell erzeugtem, jedoch mit Hinweis auf den ökologischen Landbau gekennzeichnetem Getreide beliefert. Diese Firma war als Lohnverarbeiter für eine in Bayern ansässige Mühle tätig. Dabei wird das landwirtschaftliche Erzeugnis nicht an den Verarbeiter verkauft, sondern nach Verarbeitung erhält der Auftraggeber das verarbeitete Produkt, z.B. Mehl, Brot, Saft oder Schlachthälften, zurück. Der Verarbeitungsbetrieb erhält einen Lohn für die erbrachten Leistungen; er verkauft jedenfalls nicht das Rohprodukt oder das Verarbeitungsprodukt an Dritte.

Nach der zurzeit üblichen Praxis unterliegen Lohnverarbeiter nicht unmittelbar der Kontrolle nach der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über den ökologischen Landbau. Vielmehr wird die Lohnverarbeitung im Rahmen der Kontrolle des Auftraggebers mitkontrolliert. Somit unterstand die in Hessen ansässige Firma nicht der Kontrolle nach Verordnung (EWG) Nr. 2092/91, wohl aber die in Bayern ansässige Mühle.

Frage 3. Gibt es nach den Futterprobenziehungen Erkenntnisse darüber, dass Bioprodukte verunreinigt in dem Sinne sind, dass sie aus keiner reinen Bioproduktion stammen?

Die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 198 vom 22. Juli 1991, S. 1) sieht in Anhang III A, Punkt 6, vor, dass in Verdachtsfällen Proben genommen werden.

Im vorliegenden Verdachtsfall wurden vier Getreideproben vom Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landschaftspflege (HLRL) als damals zuständige Behörde nach Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (jetzt Regierungspräsidium Gießen) gezogen und der Hessischen Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt zur Untersuchung übermittelt.

Bei den vier gezogenen Getreideproben wurde eine stoffliche Untersuchung Eingegangen am 24. August 2001 · Ausgegeben am 4. September 2001 auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, die im Getreidebau anwendungsüblich sind, durchgeführt.

Die Untersuchungsergebnisse sind, von einer Ausnahme abgesehen, unauffällig. Die Ausnahme ist der Lindangehalt der Roggenprobe von 0,026 mg/kg. Dieser Wert unterschreitet zwar noch deutlich die zulässige Höchstmenge von 0,1 mg/kg, liegt aber eindeutig über ubiquitär in Roggenproben zu erwartenden Lindangehalten. Da bisher keine Berichte über Erfahrungen mit Rückstandsbefunden in Ökoprodukten, die einen Hinweis auf einen Verstoß gegen die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 geben könnten, vorliegen, ist dieser Lindan-Befund lediglich rein informativer Natur. Dieser sensible Bereich wird allerdings durch mein Haus in künftigen Fachdiskussionen mit nachgeordneten Behörden, dem Hessischen Sozialministerium und gegebenenfalls auch mit den Länderreferenten besprochen werden.

Abschließend ist zu erwähnen, dass es aufgrund von Warenstromprüfungen in anderen Bundesländern Hinweise gibt, dass Vermischungen stattgefunden haben. Ergebnisse stofflicher Untersuchungen, z. B. anderer Bundesländer, sind hier jedoch nicht bekannt. Es liegen aber Erkenntnisse vor, dass im Zusammenhang mit dem von den Fragestellern angesprochenen Vorfall mit konventioneller Ware vermischt wurden. Dies betrifft in erster Linie andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, beispielsweise Dänemark. Das Land Hessen ist hiervon nicht betroffen.