Kommunale Wohnungsgesellschaft der Stadt Erfurt

Die Kommunale Wohnungsgesellschaft der Stadt Erfurt beabsichtigt den Verkauf von 5 100 Wohnungen. Alleinige Gesellschafterin der ist die Stadt Erfurt.

Nach meiner Auffassung ist in § 74 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung geregelt, dass bei einer kommunalen Aufgabenwahrnehmung in privatrechtlicher Organisationsform die Kommune sichern muss, dass auch hier die kommunalrechtlichen Bestimmungen voll gelten.

Nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 67 Abs. 3 unterliegt der Grundstücksverkauf ausschließlich der Zuständigkeit des Gemeinderates, weil nach § 67 Abs. 3 die Grundstücksverkäufe der kommunalaufsichtlichen Genehmigung unterliegen.

In Erfurt soll über die Wohnungsverkäufe zunächst im Aufsichtsrat der entschieden werden. Der Beschluss des Aufsichtsrates soll unter einem Zustimmungsvorbehalt durch den Stadtrat stehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen ist es, insbesondere unter Anwendung von § 74 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 1 und § 67 Abs. 3 zwingend geboten, dass der Stadtrat Erfurt über den Verkauf von 5 100

Wohnungen der entscheidet? Wie begründet die Landesregierung diese Auffassung?

2. Unter welchen Voraussetzungen ist es nach rechtsaufsichtlicher Auffassung zulässig, dass zunächst ausschließlich der Aufsichtsrat der über den Verkauf von 5 100 Wohnungen beschließt? Liegen diese Voraussetzungen im geschilderten Fall vor? Wie wird in diesem Fall die Genehmigungspflicht der Grundstücksverkäufe nach § 67 Abs. 3 gesichert?

3. Unterliegen die Entscheidungen des Aufsichtsrates der dem kommunalaufsichtlichen Handeln nach § 120 und wie wird diese Auffassung durch die Landesregierung begründet?

4. Muss aus Sicht der Landesregierung sichergestellt werden, dass die Bestimmungen des § 67 Abs. 3 durch Eigentumsübertragung und -bewirtschaftung an eine Gesellschaft des privaten Rechts nicht unterlaufen werden können? Wie bewertet in diesem Zusammenhang die Landesregierung die Regelung im Gesellschaftervertrag der wonach Entscheidungen zu Grundstücks- und Wohnungsverkäufen ausschließlich in die Zuständigkeit des Aufsichtsrates fallen?

5. Inwieweit entspricht der Gesellschaftervertrag der den im Juli 2000 geänderten gesetzlichen Vorgaben zum kommunalen Wirtschaftsrecht der Thüringer Kommunalordnung? Welche Veränderungen müssten aus Sicht der Landesregierung in Anwendung der im Juli 2000 in Kraft getretenen Änderungen der Thüringer Kommunalordnung im Gesellschaftervertrag der vorgenommen werden? Aus wel 10. Oktober 2006 Gründen wurde der Gesellschaftervertrag nach dem Juli 2000 nicht an die neue Rechtslage angepasst? Bis wann müsste der Gesellschaftervertrag der an die neue Rechtslage der Thüringer Kommunalordnung angepasst werden?

6. Wie muss aus Sicht der Landesregierung sichergestellt werden, dass beim Verkauf der Wohnungen der § 67 Abs. 1 Satz 2 (Veräußerung zum vollen Wert) zur Anwendung kommt? Unter welchen Voraussetzungen könnten die Wohnungen der auch unter dem vollen Wert veräußert werden?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 20. September 2006 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die oben genannten Bestimmungen betreffen den Vorgang nicht und sind somit nicht anwendbar.

Nach dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag der Erfurt beschließt grundsätzlich der Aufsichtsrat über die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, also zum Beispiel Wohnungseigentum. Eine Beteiligung des Stadtrats wäre nur geboten, wenn die Gesellschafterversammlung der - Kommunale Wohnungsgesellschaft Erfurt Erfurt) über die Angelegenheit beschließt und der Oberbürgermeister als Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen im Innenverhältnis den Stadtrat zu beteiligen hätte.

Zu 2.: Die Frage, welches Organ einer Gesellschaft privatrechtlicher Rechtsform, an der eine kommunale Gebietskörperschaft beteiligt ist, über Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden des Unternehmens zu entscheiden hat, richtet sich nach Gesellschaftsrecht, nicht nach Kommunalrecht. Die Wahrung des Gesellschaftsrechts obliegt nicht der Kommunalaufsicht. Auch Grundstücksverkäufe der Erfurt erfolgen im Rahmen des Gesellschaftsrechts, insbesondere unter Beachtung der Ordnungsmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung.

§ 67 Abs. 3 betrifft die Veräußerung von Grundstücken durch die Kommune und ist damit hier nicht anwendbar.

Zu 3.: Entscheidungen des Aufsichtsrates der Erfurt selbst fallen nicht unter die Regelung des § 120

Der rechtsaufsichtlichen Beanstandungspflicht unterliegen lediglich die kommunalen Körperschaften.

Zu 4.: Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. Im Übrigen werden, soweit der Aufsichtsrat zuständig ist, die Interessen der Stadt Erfurt unter kommunalrechtlichen Gesichtspunkten durch die im Gesellschaftsvertrag geregelte Besetzung des Aufsichtsrats gewahrt. Die fünf Aufsichtsratsmitglieder der Erfurt werden vom Stadtrat benannt, für die Amtszeit des Stadtrates berufen und können jederzeit vom Stadtrat der Stadt Erfurt abberufen werden.

Zu 5.: Der Gesellschaftsvertrag der Erfurt steht mit den geltenden Regelungen der Thüringer Kommunalordnung im Einklang.

Zu 6.: § 67 Abs. 1 Satz 2 ist nicht anwendbar. Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen.