Betreuungsvereinen

Wie schätzt die Landesregierung die vielfältige ehrenamtliche Arbeit in den Thüringer Betreuungsvereinen ein?

a) Wie viele Betreuungsvereine gibt es in Thüringen?

b) Wie hoch ist der Anteil der Arbeit der ehrenamtlichen Betreuer?

c) Welche Aufgaben nehmen diese wahr?

d) Fördert das Land diese Vereine bezüglich Fortbildung, Beratung, Gesprächskreise u. a. m.?

a) In Thüringen gibt es 20 anerkannte Betreuungsvereine, von denen im vergangenen Haushaltsjahr 18 Vereine eine Zuwendung des Landes erhielten.

b) und c) Das Betreuungsgesetz favorisiert eindeutig den ehrenamtlichen Betreuer als Regelbetreuer. Die muss vom Gericht bereits bei der Betreuerbestellung ausdrücklich festgestellt werden, wenn kein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht. Jeder anerkannte Betreuungsverein in Thüringen verfügt insoweit über mindestens zehn ehrenamtliche Betreuer. Ziel ist es, hilfsbedürftigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine persönliche Hilfe zu gewährleisten, damit sie am täglichen Leben soweit wie möglich selbständig teilnehmen können. Betreut werden Erwachsene, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht oder nicht allein besorgen können.

d) Gemäß der Thüringer Verordnung über die Anerkennung und Förderung von Betreuungsvereinen vom 18. September 1996 können anerkannte Betreuungsvereine im Rahmen der im Landeshaushalt verfügbaren Mittel jährlich eine Landeszuwendung von bis zu 40 Prozent der angemessenen Personal- und Sachausgaben für eine hauptamtliche Fachkraft erhalten. Dabei beinhalten die Personalausgaben u.a. Aufwendungen für die Fortbildung dieser Fachkraft in Höhe von bis zu 1000 Deutsche Mark pro Haushaltsjahr. Sachausgaben können jährlich in einer Höhe von bis zu 12 000 Deutsche Mark gewährt werden. Dazu gehören insbesondere Fahrt-, Porto-, Telefon- und Kopierausgaben, Ausgaben für Werbe- und Büromaterial, Fachliteratur sowie sonstige Verwaltungsausgaben einschließlich der Mietausgaben.

Durch die Zuwendungen des Landes sollen die anerkannten Betreuungsvereine in die Lage versetzt werden, sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Mitarbeiter zu bemühen, diese in ihre Aufgaben einzuführen, sie fortzubilden und zu beraten.

9. Wie schätzt die Landesregierung den Umfang und die erbrachte Arbeit im ehrenamtlichen Bereich zur Betreuung von Senioren ein? Können Aussagen darüber getroffen werden, wie viele Senioren sich in diesem und anderen Bereichen ehrenamtlich engagieren und in welchen Vereinen und Verbänden dieses Engagement erfolgt?

Der Umfang und die erbrachte Arbeit im Bereich zur Betreuung von Senioren ist unverzichtbar und kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Aufgrund der Vielzahl im gesamten Bereich der Seniorenarbeit tätigen Organisationen und Einzelpersonen können weder Umfang noch erbrachte Leistung auch nur einigermaßen exakt eingeschätzt werden.

Insgesamt werden in Thüringen allein auf Landesebene 25 Vereine und Verbände tätig, die sich mit Altenhilfe im weitesten Sinn beschäftigen.

Dazu zählen u. a. :

- die Volkssolidarität - Landesverband Thüringen e. V. mit rund 70 700 Mitgliedern,

- der Sozialverband/Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner - Landesverband Thüringen mit rund 15 400 Mitgliedern,

- der AWO-Landesverband (Arbeiterwohlfahrt) mit rund 11 800 Mitgliedern,

- der Bund der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen im Deutschen Beamtenbund - Landesverband Thüringen mit rund 2 000 Mitgliedern,

- der Sozialverband Reichsbund e. V. - Landesverband Thüringen mit rund 4 000 Mitgliedern,

- der Landesseniorenverband mit rund 5 000 Mitgliedern,

- der Schutzbund der Senioren und Vorruheständler Thüringen e. V. mit rund 700 Mitgliedern,

- der Landessportbund und der Thüringer Turnverband e. V.

Auch der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, die einen wesentlichen Beitrag in Thüringen zur Betreuung von Senioren leistet, liegen keine relevanten Erkenntnisse vor. Das liegt nicht zuletzt daran, dass viel ehrenamtliches Engagement z. B. im Rahmen nachbarschaftlicher Hilfe und damit außerhalb verbandlicher Strukturen stattfindet und deswegen nicht konkret erfasst werden kann.

Ein wesentlicher Schwerpunkt ehrenamtlichen Engagements liegt in der Arbeit der Heimbeiräte, die die Interessen der in Heimen lebenden Senioren vertreten. In 179 von insgesamt 184 Alten- und Pflegeheimen konnten Heimbeiräte gebildet werden.

Je nach Kapazität der Einrichtungen hat der Heimbeirat zwischen einem und neun Mitglieder, so dass sich hier mindestens 900 Senioren engagieren.

10. Welche Erfahrungen bestehen in Thüringen mit Freiwilligenzentren?

Die Erfahrungen mit Freiwilligenzentren in Thüringen sind bislang gering. Seit dem 15. Dezember 1997 wird ein Freiwilligenzentrum in Saalfeld in der Trägerschaft des Caritasverbandes des Bistums Erfurt betrieben. Bürger, die sich in der freiwilligen Arbeit betätigen wollen, können aus 45 Bereichen (sozial, sportlich, kulturell usw.) entsprechend ihrem Interesse das Einsatzgebiet selbst wählen. Seit Bestehen dieser Einrichtung konnten ca. 360 Bürger für die ehrenamtlichen Tätigkeiten vermittelt werden. Waren es bis 1999 hauptsächlich Bürger in der Altersgruppe von 54 bis 60 Jahren, die sich für ehrenamtliche Aufgaben interessiert haben, so sind es zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch viele Jugendliche, die in den verschiedenen Bereichen ehrenamtliche Arbeit leisten. Dies ist aus Sicht der Landesregierung ein guter Ansatz, ehrenamtliches Engagement zu fördern und die Bereitschaft der Bürger dafür zu wecken.

Konkrete Planungen zur Einrichtung weiterer Freiwilligenzentren existieren wie folgt: Der Seniorenschutzbund Thüringen plant dies für Erfurt und Sondershausen, in Suhl, der Landesarbeitslosenverband Thüringen e.V. in Gotha, das Seniorenbüro Sömmerda und das INOVA Sozialwerk beabsichtigen, ein solches Projekt durchzuführen.

Die Landesregierung sieht in dem Aufbau von Freiwilligenzentren eine große Chance für die Zukunft ehrenamtlichen Engagements.

11. In welcher Form und in welchem Umfang erfolgt die ehrenamtliche Arbeit zur Integration von Übersiedlern und Ausländern in Thüringen? In welchen Vereinen und Verbänden erfolgt dieses Engagement in Thüringen?

Die Integration von Aussiedlern sowie von Ausländern im Wege des ehrenamtlichen Engagements der Einheimischen erfolgt vor allem im Bereich des Sports. Grundsätzlich können nach den Satzungen der Thüringer Sportverbände und Sportvereine unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit alle Mitglieder in Sportvereinen werden.

Die Integration von Aussiedlern sowie von Ausländern wird seit 1992 erfolgreich durch ein von Land und Bund gefördertes Projekt des LSB in enger Kooperation mit Sportvereinen, die in räumlicher Nähe zu ehemaligen oder bestehenden Übergangswohnheimen aktiv sind, unterstützt.

Die Erfahrung zeigt, dass es im Sportverein weit überwiegend keiner besonderen Maßnahmen zur Integration bedarf.

35 Personen arbeiten unentgeltlich in den Landesliegenschaften für Flüchtlinge.

Durch ehrenamtliche Betreuer der und Regionalverbände wird eine gute Betreuungsarbeit für Aussiedler gewährleistet. In der Betreuungsarbeit sind ca. 22 Aussiedlerbetreuer tätig, die eine regelmäßige Betreuung mit dem Ziel durchführen, den Aussiedlern Hilfe und Unterstützung in der Eingliederung zu geben. Schwerpunkte sind dabei die Integration in den Arbeitsprozess sowie die Einrichtung von Wohnungen.

12. Wie beurteilt die Landesregierung die ehrenamtliche Arbeit von Elternvereinen?

Die so genannten Schulfördervereine sind eine unverzichtbare Einrichtung im Thüringer Schulsystem. Viele Eltern Thüringer Schülerinnen und Schüler engagieren sich im Rahmen der Schulfördervereine für die Ausgestaltung des schulischen Lebens und inhaltliche Profilierung der Schulen. Insbesondere wird das ersichtlich an dem hohen Anteil, den Schulfördervereine zu der Gesamtzahl von Anträgen zur Projektförderung im Bereich unterrichtsbegleitender Maßnahmen (etwa zur Gewaltprävention, zur Umwelt- oder Gesundheitserziehung, zur Förderung von Chören, Tanzgruppen, Schülerbegegnungen usw.) beitragen.

13. Wie beurteilt die Landesregierung die ehrenamtliche Arbeit in den Vertriebenen- und Opferverbänden?

Die erfolgreiche Verbandsarbeit basiert nicht zuletzt auf der Vielzahl ehrenamtlich tätiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der Organisationsstruktur der Verbände kommt die beratende Tätigkeit in erster Linie den hauptamtlichen Kräften und die Betreuung der Mitglieder den ehrenamtlich Tätigen zu. Die ehrenamtliche Arbeit in Opferverbänden ist unverzichtbar, da eine große Aufklärungs- und Beratungsarbeit zu den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen leisten.

In diesen Verbänden ergänzen sich haupt- und ehrenamtliches Engagement in hervorragender Weise. Dieses Engagement basiert wesentlich auf dem eigenen Erfahrungsbereich bzw. der eigenen persönlichen Betroffenheit der ehrenamtlichen Mitarbeiter; es ist gelebter Ausdruck von Verantwortung und Solidarität.

Die Thüringer Landesregierung ist auf die gute Zusammenarbeit mit den Verbänden angewiesen, da der ständige Dialog mit den Verbandsvertretern dringend erforderlich ist.

14. Wie fördert und unterstützt die Landesregierung ehrenamtliche und gesellschaftliche Aktivitäten im ökologischen Bereich?

Durch Projektförderungen wird im ökologischen Bereich häufig erst ehrenamtliche Tätigkeit möglich. Die Förderung erfolgt durch Mittel aus dem operationellen Programm sowie aus Lottomitteln. Ein Teil der Mittel der Jagdabgabe, die für die Förderung des Jagdwesens Verwendung finden, wird zweckgebunden für ökologische Aufgaben der Biotopgestaltung zum Schutz des heimischen Niederwildes bereitgestellt.

Die ehrenamtlichen Aktivitäten in der Fischerei dienen der Erhaltung und Verbesserung des Lebensraums Gewässer, so dass die Fördermittel direkt oder indirekt diesem ökologischen Bereich zu Gute kommen.

15. Wie schätzt die Landesregierung die Förderung des ehrenamtlichen Engagements im kulturellen Bereich ein?

Ehrenamt und öffentliche Kulturförderung bedingen einander und verstärken ihre Wirkung wechselseitig. Einerseits braucht selbstloses Engagement im Kulturbereich die öffentliche Förderung von Projekten und investiven Maßnahmen, um wirksam werden zu können. Im Gegenzug wird der kulturelle Ertrag jeder Mark aus öffentlicher Hand durch ehrenamtlichen Einsatz um ein Vielfaches verstärkt.

16. Was veranlasste die Landesregierung, eine Richtlinie zur Förderung der gemeinnützigen ehrenamtlichen Tätigkeit von arbeitslosen Personen über 50 Jahre Aktion Ehrenamt 50 PLUS, welche im Staatsanzeiger Nr. 26/2000 veröffentlicht ist, zu erstellen? Können zum jetzigen Zeitpunkt schon Angaben über die Inanspruchnahme und Wirksamkeit bzw. Resonanz gemacht werden?

Angesichts der nach wie vor hohen Zahl Arbeitsloser, sah sich die Landesregierung zum Handeln veranlasst. Gerade die auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbaren Personen über 50 Jahre sollten in den Genuss einer Förderung kommen. Dabei kam es nicht so sehr auf den finanziellen Aspekt an, als darauf, diese Personen in das gesellschaftliche Leben zu integrieren und deren Selbstwertgefühl zu stärken. Gerade Menschen über 50 Jahre, die in der Vergangenheit regelmäßig berufstätig waren, leiden unter dem Verlust ihrer Arbeit - als persönlichkeitsprägender - Sinnstifter sowie einer drohenden Perspektivlosigkeit besonders.

Mit diesem Wissen um die Situation älterer Arbeitsloser war es der Landesregierung ein besonderes Anliegen ein Zeichen zu setzen, dass ehrenamtliche Tätigkeit endlich als komplementär zu professionellem Handeln anerkannt wird.

Ehrenamtliches Engagement kann zudem auch für Arbeitslose die Chancen auf einen Wiedereintritt in das Berufsleben vergrößern.

17. Sind der Landesregierung Maßnahmen bzw. Modellprojekte zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit auf kommunaler Ebene bekannt? Wenn ja, in welchen Städten oder Landkreisen werden seit wann und in welchen Bereichen solche Maßnahmen bzw. Modellvorhaben durchgeführt?

Auf kommunaler Ebene gibt es zahlreiche, nicht im Detail darstellbare Maßnahmen. Genannt sei ein sehr vorbildliches Projekt der Stadt Suhl. Hier wird einmal jährlich eine so genannte Danke Schön-Veranstaltung zur Würdigung ehrenamtlichen Engagements durchgeführt. 15 Personen, die von Vereinen und Verbänden vorgeschlagen werden, erfahren eine Ehrung. Fünf von ihnen, die sich herausragend ehrenamtlich für das Gemeinwohl einsetzen, erhalten einen Ehrenamtspass, mit dem eine Gratifikation in Höhe von 300 Deutsche Mark verbunden ist. Diese Veranstaltung existiert seit 1999.