JVA

Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln die entsprechenden Vorschriften des Sozialgesetzbuches und die aufgrund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen.

In Thüringen gibt es kein Justizvollzugskrankenhaus. Falls Gefangene stationär behandelt werden müssen, können nach den Vereinbarungen zwischen dem Thüringer Justizministerium und den jeweiligen Landesjustizverwaltungen das Krankenhaus der JVA Leipzig (Sachsen), das Zentralkrankenhaus bei der JVA Kassel I (Hessen), die Tbc-Abteilung der JVA St. Georgen-Bayreuth (Bayern), das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg (Nordrhein-Westfalen) sowie die Krankenabteilung der JVA Naumburg (Sachsen-Anhalt) gegen Erstattung der jeweiligen Pflegesätze mitgenutzt werden. Erforderlichenfalls werden Gefangene mit Bewachung von Justizvollzugsbediensteten in öffentlichen Krankenhäusern untergebracht.

Nach § 65 kann ein kranker Gefangener in ein Anstaltskrankenhaus oder in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden. Kann die Krankheit eines Gefangenen in einer Vollzugsanstalt oder einem Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, den Gefangenen rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus zu verlegen, ist dieser in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges zu bringen.

Die therapeutische Versorgung der Gefangenen obliegt insbesondere den Anstaltspsychologen, die Einzelund Gruppengespräche sowie Anti-Aggressions-Training anbieten. Sexualstraftäter werden besonders intensiv von Anstaltspsychologen, Sozialpädagogen und externen Psychotherapeuten sozialtherapeutisch betreut. Für Gefangene, die zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit (noch) nicht fähig erscheinen, stehen arbeitstherapeutische Maßnahmen zur Verfügung, die zumeist von Justizvollzugsbediensteten geleitet werden.

Suchtmittelabhängige und -gefährdete Gefangene werden von Mitarbeitern externer Sucht- und Drogenberatungsstellen betreut.

Nach § 56 Abs. 1 ist für die körperliche und geistige Gesundheit der Gefangenen zu sorgen. Nach § 155 Abs. 2 sind für die Betreuung der Gefangenen neben Ärzten u. a. Psychologen und Sozialarbeiter vorzuhalten. Nach § 9 Abs. 1 ist ein Gefangener in eine sozialtherapeutische Anstalt zu verlegen, wenn er wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder § 182 Strafgesetzbuch zu zeitiger Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden ist und die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt angezeigt ist. Nach § 37 Abs. 5 soll ein Gefangener arbeitstherapeutisch beschäftigt werden, wenn er zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig ist.

45. Wie hat sich die Problemlage bei infektiösen Krankheiten (z.B. Tuberkulose) in Justizvollzugsanstalten hinsichtlich der Erkrankungszahlen entwickelt? Welche Gründe sind hierfür ersichtlich? Welche Maßnahmen zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten gibt es in den Justizvollzugsanstalten?

Statistisches Material zu den Erkrankungen der Gefangenen ist nicht verfügbar. Fest steht jedoch, dass die Anzahl der Gefangenen, die mit Hepatitis ­ insbesondere Hepatitis C ­ infiziert bzw. daran erkrankt sind, in den letzten Jahren angestiegen ist. Die Gründe hierfür können nicht benannt werden, zumal kein Fall bekannt ist, in dem sich ein Gefangener (erst) während der Inhaftierung infiziert hat. Allerdings waren die meisten dieser Gefangenen vor Haftantritt drogenabhängig.

Allen Justizvollzugsbediensteten wird auf Kosten des Freistaats Thüringen eine Impfung gegen Hepatitis A und B angeboten.

Die Zahl der Gefangenen, bei denen eine HIV-Infektion bzw. eine AIDS-Erkrankung festgestellt wurde, ist nach wie vor relativ gering. Im Jahr 2005 befanden sich durchschnittlich fünf HIV-positive Gefangene im Thüringer Justizvollzug, darunter einer oder zwei mit Krankheitsanzeichen.

Alle Gefangenen werden bei ihrer erstmaligen Aufnahme in den Thüringer Justizvollzug im Rahmen der ärztlichen Zugangsuntersuchung darüber unterrichtet, dass sie eine kostenlose Blutuntersuchung auf HIVAntikörper in Anspruch nehmen können.

Hin und wieder waren vereinzelt Tbc-Erkrankungen Gefangener zu beklagen. Auffallend war insoweit, dass es sich hierbei überwiegend um Gefangene ausländischer Herkunft handelte. Jeder Gefangene hat sich bei der Aufnahme in den Thüringer Justizvollzug einem Tuberkulintest (Intracutantest nach Mendel-Mantoux) zu unterziehen. Bei positiver Reaktion des Testes ist eine Röntgenaufnahme der Brustorgane zu veranlassen. Falls sich ein Tbc-Verdacht bestätigt, veranlasst das für die jeweilige Anstalt zuständige Gesundheitsamt die erforderlichen Umgebungsuntersuchungen.

Nach § 36 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz legen die Justizvollzugsanstalten in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene fest. Sie unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch die Gesundheitsämter. In jeder Thüringer Justizvollzugsanstalt gibt es einen Bediensteten, der zum geprüften Desinfektor ausgebildet wurde. Er führt u.a. gezielte Desinfektionsmaßnahmen zur Verhinderung von Infektionskrankheiten durch.

Jedem Bediensteten werden bei Bedarf Einmal-Handschuhe und/oder Mundschutz kostenlos zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus liegen sowohl für Bedienstete als auch für Gefangene Informationsmaterialien (Merkblätter, Broschüren etc.) bereit, die zur Aufklärung über Infektionsrisiken beitragen sollen.

46. Welche Therapieangebote gibt es, welche Einrichtungen/Organisationen/ Personen sind daran beteiligt und wie werden diese Angebote angenommen?

Auf die Antwort zu Frage 44 wird verwiesen.

47. und -angebote sowie (Personal-)Ausstattungs-, Belegungs- und Unterbringungssituation bestehen insbesondere in den Sozialtherapeutischen Abteilungen (insbesondere Tonna)?

In der JVA Tonna wurde eine sozialtherapeutische Abteilung eingerichtet. Sie verfügt über 75 Plätze, die zurzeit alle belegt sind.

Während 60 dieser Plätze (vier Wohngruppen mit jeweils 15 Plätzen) für die eigentlichen Therapiemaßnahmen vorgesehen sind, handelt es sich bei den übrigen 15 Plätzen (eine Wohngruppe) um eine Aufnahmeund Orientierungsstation, da bei den meisten Gefangenen zunächst die Behandlungsmotivation geweckt werden muss.

Für die der JVA Tonna stehen drei Psychologen- und fünf Sozialpädagogenstellen zur Verfügung.

Eine Psychologin ist als Leiterin der eingesetzt. Wegen Elternzeit und Teilzeit sind derzeit allerdings nur 3,6 Sozialpädagogenstellen tatsächlich besetzt.

Darüber hinaus bieten externe Psychotherapeuten insgesamt neun Wochenstunden Einzeltherapie an.

15 Bedienstete des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes kümmern sich insbesondere um vollzugliche Belange, sind aber in Form von vorbereitenden und unterstützenden Gesprächen sowie aufgrund ihrer Teilnahme an Gruppenveranstaltungen auch in die Betreuung und Behandlung der Gefangenen eingebunden.

Die JVATonna ist eine Weiterentwicklung der Abteilung zur Behandlung von Sexualstraftätern der im Frühjahr 2002 aufgelösten JVA Erfurt. Dort gab es seit Frühjahr 1999 für 15 Sexualstraftäter die Möglichkeit, in Einzel- und Gruppengesprächen ihre Straftaten aufzuarbeiten. Mit der Eröffnung der JVA Tonna im Januar 2002 wurde diese Abteilung damals zunächst auf 34 Haftplätze erweitert. Später konnten dann 68

Strafgefangene dort aufgenommen werden. Mit der Inbetriebnahme der beiden neuen Hafthäuser der JVA Tonna im Herbst 2006 erhöhte sich die Kapazität auf nunmehr 75 Plätze.

Der der JVA Tonna liegt ein integratives Therapiekonzept mit dem Schwerpunkt auf verhaltenstherapeutischen und straftatsorientierten Programmen zugrunde.

Im Rahmen der Therapieplanung werden die spezifizischen Störungen sowie die zu behandelnden Defizite der Gefangenen besprochen. Für jeden Gefangenen wird ein individueller Therapieplan erstellt, in dem festgelegt wird, welche Ziele angestrebt und welche Behandlungsmaßnahmen empfohlen werden.

Den Gefangenen der der JVA Tonna werden insbesondere folgende Behandlungsmodule angeboten:

· Einzelgespräche

Die Anstaltspsychologen, externen Psychotherapeuten und/oder Sozialpädagogen führen mit den Gefangenen einmal pro Woche Einzelgespräche, in deren Verlauf sich diese mit ihren Straftaten und den in der Therapieplanung festgestellten Defiziten, ihrem Leben, ihren Wahrnehmungs- und Erlebensweisen sowie ihren alten und aktuellen Beziehungs- und Verhaltensmustern auseinandersetzen oder Ursachen und Bedingungszusammenhänge für ihre Straftaten erarbeiten sollen.

· Deliktspezifische Gruppe Einmal wöchentlich finden deliktspezifische Gruppensitzungen statt. Die teilnehmenden Gefangenen sollen hierbei lernen, sich mit ihren Straftaten und ihrem Leben auseinanderzusetzen, Verantwortung zu übernehmen, Empathie zu entwickeln, eigenes Konfliktverhalten zu erkennen, sich auf andere Menschen einzulassen und im Umgang mit Gruppenmitgliedern neue gewünschte Verhaltensweisen einüben.

· Soziales Kompetenztraining

Unter Anleitung eines Psychologen und eines Sozialpädagogen werden während des sozialen Kompetenztrainings in Form von Rollenspielen verschiedene Aspekte zwischenmenschlicher Beziehungen und schwieriger Situationen (z. B. Umgang mit Kritik) betrachtet und konstruktive Verhaltensweisen eingeübt.

· Anti-Aggressions-Training

Im Hinblick auf die deutliche Zunahme der Gewaltbereitschaft ist ein Anti-Aggressions-Training zum Erlernen gewaltfreien Umgangs mit Frustration und Aggression unverzichtbar.

· Entspannungsverfahren Interessierte Gefangene haben die Möglichkeit, zur Stressbewältigung und zum Abbau von Ängsten in einer Gruppe von max. acht Personen über einen Zeitraum von ca. zwei Monaten Entspannungsverfahren (z.B. progressive Muskelrelaxation nach Jacobson) zu erlernen.

· Kommunikationsworkshop Gefangene mit Kommunikationsschwierigkeiten können sich mit den theoretischen Grundlagen der Kommunikation vertraut und praktische Übungen hierzu machen.

· Wohngruppe Einmal monatlich findet getrennt nach den Stationen eine Wohngruppenversammlung statt, in deren Verlauf Fragen des Miteinanders offen thematisiert und besprochen werden.

48. Wie stellt sich die Situation von sucht- und drogenabhängigen Gefangenen dar und was lässt sich zum Problem Sucht und Drogen hinter Gittern bezogen auf Thüringen sagen? Nach welchen Kriterien werden Gefangene für Therapieplätze ausgewählt? Wie viele solcher Plätze stehen in Thüringen oder in anderen Bundesländern für Gefangene aus Thüringen zur Verfügung?

Laut den im Rahmen der Aufnahmeuntersuchungen gewonnenen Erkenntnissen ist die Anzahl der Gefangenen, die vor ihrer Inhaftierung teilweise intensive Drogenkontakte hatten, in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Sucht- und drogenabhängige Gefangene werden grundsätzlich vom Anstaltsarzt, Anstaltspsychologen und erforderlichenfalls von externen Fachärzten für Psychiatrie und Neurologie betreut. Darüber hinaus wurden zwischen dem Freistaat Thüringen und verschiedenen Trägern von Suchtberatungsstellen Verträge über die externe Sucht- und Drogenberatung in den einzelnen Thüringer Justizvollzugsanstalten abgeschlossen, wonach Mitarbeiter externer Suchtberatungsstellen gegen Entgelt innerhalb der Justizvollzugsanstalten Beratungsgespräche mit sucht- und drogenabhängigen Gefangenen führen. In jeder Justizvollzugsanstalt wurde ein geeigneter Bediensteter (in der Regel Psychologe, Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge) zum so genannten Suchtmittelbeauftragten bestellt. Dieser ist Ansprechpartner für sucht- und drogenabhängige Gefangene und Koordinator für den Einsatz der mit der Behandlung dieser Gefangenen befassten hauptamtlichen und nicht hauptamtlichen Kräfte innerhalb und außerhalb der Anstalten.