Rehabilitation

Reichen bei körperlichen Entzugserscheinungen die medizinischen und sonstigen Behandlungsmöglichkeiten in der Anstalt nicht aus, wird der Gefangene in ein Justizvollzugskrankenhaus oder auch in ein öffentliches Krankenhaus verlegt. Für den Freistaat Thüringen werden im Krankenhaus der JVA Leipzig zwei Belegbetten in der psychiatrischen Abteilung bereitgehalten. Entsprechend der Bettenkapazitäten können stationär behandlungsbedürftige drogenabhängige Gefangene aus Thüringen vorübergehend auch in den Justizvollzugskrankenhäusern Kassel I (Hessen) und Fröndenberg (NRW) untergebracht werden.

Bereits im Aufnahmegespräch werden erkennbar betäubungsmittelabhängige Gefangene über die Möglichkeit der Zurückstellung der Vollstreckung einer Strafe oder eines Strafrestes zum Zweck der Durchführung einer Therapie unter den in § 35 des Betäubungsmittelgesetzes genannten Voraussetzungen informiert. Kommt eine Maßnahme nach § 35 in Betracht, unterrichtet die Vollzugsbehörde unverzüglich die zuständige Vollstreckungsbehörde, damit diese die Zurückstellung der Vollstreckung mit Zustimmung des Gerichts rechtzeitig genehmigen kann und hierdurch ein nahtloser Übergang zwischen Vollzug und Therapie ermöglicht wird. Der Gefangene wird bei der Suche nach einem geeigneten Therapieplatz und einem Kostenträger unterstützt.

Die vorbezeichneten Gefangenen werden nach folgenden Kriterien für die Therapieplätze ausgewählt:

· Der noch zu vollstreckende Rest der Freiheitsstrafe darf nicht mehr als zwei Jahre betragen.

· Es muss sich in der Regel aus den Urteilsgründen ergeben oder sonst feststehen, dass der Gefangene die Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat.

· Der Gefangene muss zusagen, sich wegen seiner Abhängigkeit einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung zu unterziehen.

In den staatlich anerkannten Therapieeinrichtungen für Betäubungsmittelabhängige in Thüringen und den anderen Bundesländern können Gefangene aus Thüringen, bei denen die Vollstreckung eines Strafrestes nach § 35 zurückgestellt wurde, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Bettenkapazitäten aufgenommen werden.

49. Wie wird in der medizinischen und therapeutischen Versorgung auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in Haft eingegangen?

Gefangene mit Behinderungen werden grundsätzlich von den Anstaltsärzten medizinisch betreut. Im Bedarfsfall werden externe (Fach-)Ärzte zur konsiliarischen Tätigkeit bzw. zur fachärztlichen Mitbehandlung oder auch Physiotherapeuten hinzugezogen.

Darüber hinaus erhalten Gefangene Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Dazu gehören vor allem Seh- und Hörhilfen (d. h. Brillen und Hörgeräte), Körperersatzstücke (Prothesen) sowie orthopädische Hilfsmittel (z. B. Krücken, orthopädische Schuhe).

Ist ein Gefangener (aufgrund seiner Behinderung) zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, wird er arbeitstherapeutisch beschäftigt.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen.

50. Welche sonstigen (sozialen) Betreuungs- und Unterstützungsangebote (z.B. Schuldenberatung) gibt es und wie werden diese angenommen? Ist hier für die Zukunft ein steigender Bedarf erkennbar bzw. prognostizierbar?

Die Gefangenen haben die Möglichkeit, innerhalb der Justizvollzugseinrichtungen eine externe Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen. Dieses Angebot wird von den Inhaftierten dankbar angenommen. Die Entschuldungshilfe im Vollzug ist von grundlegender Bedeutung, da immer mehr Gefangene erhebliche Schulden haben, weswegen insoweit ein steigender Bedarf erkennbar ist.

Darüber hinaus werden den Gefangenen soziale Trainingsmaßnahmen angeboten, die sich schwerpunktmäßig mit folgenden Problemkreisen befassen: Verkehr mit Behörden, Ausfüllen von Formularen, Abfassen von Bewerbungsschreiben, Einüben von Vorstellungsgesprächen, Umgang mit Geld, Rechtsfragen des Alltags. Diese sozialen Trainingsprogramme, die bei Gefangenen sehr gefragt sind, ermöglichen es, durch eigenes Erleben und Nachspielen notwendige Lebensbewältigungstechniken zu erlernen und in der Praxis zu erproben. Auch insoweit zeichnet sich ein steigender Bedarf ab.

Neben dem Angebot von organisierten bzw. angeleiteten Freizeitmaßnahmen (Gitarrenunterricht, Mal- und Zeichenkurs usw.) werden von den Gefangenen vor allem die in jeder Anstalt vorhandenen und gut ausgestatteten Kraftsporträume intensiv zur Freizeitgestaltung genutzt und bieten ihnen eine willkommene Abwechslung vom Vollzugsalltag. Da Sport im Justizvollzug einen wichtigen Beitrag zur inneren und sozialen Sicherheit in den Vollzugsanstalten leistet, aber auch zugleich ein wesentlicher Bestandteil im Rahmen der Vermittlung sozialen Verhaltens der Gefangenen ist, wird er als ein unverzichtbares Element der Resozialisierung angesehen und deshalb nachdrücklich unterstützt.

51. Inwiefern gibt es Trainingsprogramme für das Leben danach?

Um die Entlassung vorzubereiten, werden die Gefangenen sowohl in Einzel- als auch in Gruppengesprächen als auch im Rahmen von speziellen Entlassseminaren bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten beraten. Sie werden insbesondere unterstützt bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle, bei der Geltendmachung von Sozialleistungen, bei der Beschaffung von Papieren, bei der Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden sowie bei der Suche nach ambulanten Einrichtungen der Straffälligenhilfe, Beratungsstellen und persönlichem Beistand für die Zeit nach der Entlassung.

52. Wie sieht die Personalsituation im Bereich der medizinischen und therapeutischen Versorgung und der anderweitigen Betreuung aus?

Im Bereich der medizinischen und therapeutischen Versorgung sowie der anderweitigen Betreuung ist festzustellen, dass die Entwicklung der vergangenen Jahre betrachtend eine stetige Steigerung des Personaleinsatzes erfolgt ist. Neben dem hauptamtlichen Personal wird eine Vielzahl von nebenamtlichem Personal, externen Beratern (Schuldnerberatung, Aidsberatung, Suchtberatung etc.) und ehrenamtlichen Vollzugshelfern eingesetzt.

Die personelle Ausstattung hinsichtlich des hauptamtlichen Personals stellt sich wie folgt dar:

a) hauptamtliches Personal in der medizinischen Versorgung

In den Justizvollzugsanstalten Goldlauter, Hohenleuben, Tonna und Untermaßfeld ist jeweils ein Arzt hauptamtlich tätig. Die medizinische Versorgung der JVA Gera erfolgt durch den Arzt der JVA Hohenleuben sowie externe nebenamtliche Ärzte, die der JSA Ichtershausen durch die Ärztin der JVA Goldlauter. Es ist die Einstellung einer/eines weiteren Ärztin/Arztes für die JSA Ichtershausen vorgesehen.

b) hauptamtliches Personal in der psychologischen und sozialen Betreuung Psychologen sind an allen Anstalten in Thüringen beschäftigt. Insgesamt sind 16 Psychologen hauptamtlich im Thüringer Justizvollzug beschäftigt. Drei Psychologen sind der JVA Goldlauter zugeordnet. Von diesen befindet sich derzeit eine Beschäftigte in Elternzeit, eine weitere ist derzeit mit 52,5 Prozent ihrer Arbeitskraft tätig. In Gera ist ein Psychologe beschäftigt. Eine der zwei Psychologen der JVA Hohenleuben befindet sich derzeit in Elternzeit und ist daher auch nicht im Dienst. Die beiden Psychologen der JSA Ichtershausen verrichten ihren Dienst jeweils zu 75 Prozent in Ichtershausen sowie zu 25 Prozent in der Zweiganstalt Weimar und in der Jugendarrestanstalt. In Untermaßfeld sind zwei Psychologen eingesetzt, in der JVA Tonna sechs, davon drei in der sozialtherapeutischen Abteilung.

Neben den Sozialarbeitern und Sozialpädagogen sind in jeder Anstalt außerdem Bedienstete des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes mit Sozialarbeit betraut. Diese nehmen vorrangig Aufgaben im Bereich der Sozialarbeit wahr, gehen teilweise aber auch noch anderen Tätigkeiten nach.

Zurzeit stellt sich der Personaleinsatz in diesem Bereich wie folgt dar:

c) Lehrer im Vollzugsdienst

Im Thüringer Justizvollzug sind fünf Lehrer beschäftigt ­ jeweils einer an den Vollzugseinrichtungen in Hohenleuben, Ichtershausen und Untermaßfeld sowie zwei an der JVA Tonna. In der JVA Gera ist derzeit kein Lehrer eingesetzt, da diese Anstalt in erster Linie umlaufleitende Behörde ist. Dort sind überwiegend auf dem Transport in andere Anstalten befindliche Gefangene untergebracht. Sie verbleiben nur wenige Tage in der JVAGera. Auch die JVA Goldlauter verfügt derzeit über keinen Lehrer, da hier Untersuchungsgefangene mit kurzer Verweildauer im Vollzug untergebracht sind. Schwerpunkte in der Lehrertätigkeit bilden die Gebiete Deutsch und Mathematik. Der Lehrplan wird an die Bedürfnisse der Gefangenen angepasst.

53. Welche Unterstützungsangebote gibt es für Angehörige der Gefangenen während deren Haftzeit? Wie werden diese von den Betroffenen angenommen?

Angehörige von Gefangenen haben die Möglichkeit, die Inhaftierten in der Justizvollzugsanstalt zu besuchen sowie brieflich und in der Regel auch fernmündlich mit ihnen Kontakte zu unterhalten.

Im Bedarfsfall können Angehörige fernmündlich oder vor Ort mit Justizvollzugsbediensteten und/oder Mitarbeitern von Vereinen der Straffälligenhilfe Gespräche führen, um z. B. mit der Inhaftierung zusammenhängende Probleme zu klären.

Zur Stabilisierung der sozialen Bindungen werden regelmäßig Familienseminare für Gefangene und ihre Angehörigen durchgeführt, in deren Verlauf insbesondere die für die Angehörigen aus der Haft resultierenden Probleme erörtert und Lösungsansätze hierfür erarbeitet werden.

Die o.a. Unterstützungsangebote werden von den Angehörigen intensiv genutzt.

54. Welche Erkenntnisse gibt es, wie Gefangene und Fachpersonal die verschiedenen Angebote einschätzen?

Die Mehrzahl der Gefangenen erachtet die Angebote als hilfreich, wobei festzustellen ist, dass die Inhaftierten einzelbetreuende Maßnahmen bzw. Einzelfallhilfen gegenüber Gruppenangeboten bevorzugen.

Von den Fachdiensten werden die Angebote als qualitativ hochwertig eingeschätzt.

55. In welcher Form werden Therapie- und Unterstützungsangebote evaluiert oder Erfolgskontrollen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit durchgeführt?

Vollzugseinrichtung Anzahl der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen Anzahl der mit Sozialarbeit betrauten Bediensteten Summe JVA Gera 1 2 3

JVA Goldlauter 2 2 4

JVA Hohenleuben 3 3 6

JVA Tonna 11 (AKA: 8,64) [davon 3,64] 3 14 (AKA: 11,64) JVA Untermaßfeld 2 3 5

JSA Ichtershausen 3 1 4

ZA Weimar der JSA Ichtershausen 0 1 1