Inwiefern unterscheidet sich die Haft und Unterbringungssituation in den in Frage 170 genannten Bereichen voneinander

Insgesamt ist der Anteil der Ersatzfreiheitsstrafe am Vollzug der Freiheitsstrafe rückläufig.

Inwiefern unterscheidet sich die Haft- und Unterbringungssituation in den in Frage 170 genannten Bereichen voneinander bzw. von den übrigen Bereichen des Justizvollzugs?

Gemäß § 171 gelten für den Vollzug der gerichtlich angeordneten Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangsund Erzwingungshaft die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe entsprechend, soweit nicht Eigenart und Zweck der Haft entgegenstehen oder im Gesetz etwas anders bestimmt ist. Insoweit unterscheidet sich die Haftsituation dieser Gefangenengruppe von der der Strafgefangenen nur in zwei Punkten: Zivilhaftgefangene sind nicht zur Arbeit verpflichtet (§ 175 und dürfen eigene Kleidung und Wäsche benutzen (§ 173 172. Wie lang ist die durchschnittliche Haftdauer bei den in Abschnitt IX genannten Haftarten?

Die Beantwortung der Frage ist nicht möglich, da es hierfür keine statistische Erfassung gibt.

Wie hoch ist die durchschnittliche Anzahl der Durchgangsgefangenen in Thüringen?

Die Zahl der Durchgangsgefangenen ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen.

Zu Ursachen und Gegenmaßnahmen:

Inwieweit können aus einer etwaigen Steigerung der Zahlen bei der Ersatzhaft Rückschlüsse auf die soziale Situation der Betroffenen bzw. der Gesamtgesellschaft getroffen werden? Inwiefern kann für die nächsten Jahre in diesem Bereich mit einem Anstieg der Haftzahlen gerechnet werden? Zahlt der Verurteilte nicht, ist grundsätzlich zunächst die Vollstreckung der Geldstrafe ernsthaft und unter Umständen wiederholt zu versuchen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe kann grundsätzlich nur vollstreckt werden, wenn und soweit die Geldstrafe nicht entrichtet oder beigetrieben worden ist. Dies lässt Rückschlüsse auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der verurteilten Person zu. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Ersatzfreiheitsstrafe Verbüßende häufig auch aus einem problematischen sozialen Umfeld stammen.

Die weitere Entwicklung im Bereich des Vollzuges von Ersatzfreiheitsstrafen ist nicht prognostizierbar, zumal eine Ersatzfreiheitsstrafe jederzeit ­ auch von Dritten ­ durch Zahlung der zugrunde liegenden Geldstrafe abgewendet oder vorzeitig beendet werden kann.

Welche spezifischen Unterstützungsangebote zur Vermeidung der Ersatzhaft bestehen und wie werden diese angenommen?

Aufgrund der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit vom 19.01. (GVBl. S. 146) besteht im Freistaat Thüringen zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen die Möglichkeit, durch Leistung freier Arbeit vor dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe eine uneinbringliche Geldstrafe zu tilgen. Die unter dem Motto Schwitzen statt Sitzen bekannte Santkionsalternative hat sich seit ihrer Einführung vor 13 Jahren bewährt und hält sich seitdem auf hohem Niveau. Durch die Ableistung freier Arbeit vor dem Vollzug konnten im Jahr 2006 insgesamt 80.960 Hafttage vermieden werden.

Gibt es Hinweise oder Belege dafür, dass Überbelegungsprobleme zu einem Anstieg der Anzahl der Durchgangsgefangenen führen? nein X. Sicherungsverwahrung und Sozialtherapeutische Abteilungen (Beantwortung soweit noch nicht im Rahmen der Antworten auf übrige Fragestellungen berücksichtigt; bitte vorangestellten Hinweis eingangs der Fragenliste der Anfrage beachten)

Wie viele Plätze stehen in welchen Justizvollzugseinrichtungen für die Sicherungsverwahrung bzw. in sozialtherapeutischen Abteilungen zur Verfügung? Inwieweit arbeitet das Land hier mit anderen Bundesländern zusammen?

Gemäß § 2 Abs. 2 der Thüringer Verordnung über den Vollstreckungsplan ist Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Tonna zu vollziehen. Bislang besteht allerdings noch kein Vollstreckungsbedarf.

Die Zahl der Unterzubringenden wird gemäß den durchgeführten Erhebungen bis zum Jahr 2012 maximal acht bis zehn Verurteilte betragen. Da die zu erwartende Anzahl künftiger Sicherungsverwahrter in den neuen Bundesländern ebenfalls gering ist, ist im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland vorgesehen, eine Vollzugsgemeinschaft, gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer Länder zu bilden. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die Sicherungsverwahrten aus Thüringen in der JVA Tonna verbleiben.

In der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Tonna stehen 75 Haftplätze für männliche Strafgefangene zur Verfügung.

Gemäß Vereinbarung zwischen dem Thüringer Justizministerium und dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz können weibliche Strafgefangene aus Thüringen in die sozialtherapeutische Abteilung der JVA Dresden übernommen werden. Die Zahl der insoweit für Thüringen bereitgehaltenen Haftplätze wurde vertraglich weder beziffert noch beschränkt.

Wie sieht die Belegungssituation in den Sozialtherapeutischen Abteilungen aus? Wie viele Personen befinden sich in Sicherungsverwahrung? Ist in den nächsten zwölf Monaten mit weiteren Fällen zu rechnen? Wie viele Anträge auf Sicherungsverwahrung wurden in Thüringen im Anfragezeitraum gestellt und wie viele davon abgelehnt?

In der sozialtherapeutischen Abteilung der JVATonna stehen 75 Plätze zur Verfügung, die zurzeit alle belegt sind.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung wurden durch die Staatsanwaltschaften in Thüringen in sieben Fällen Anträge auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gestellt. Davon hat ein Antrag zur nachträglichen Anordnung einer Maßregel geführt, in vier Fällen wurde die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung rechtskräftig abgelehnt; in den beiden übrigen Verfahren wurden die Anträge zurückgenommen.

Wie viele Anträge auf Anordnung der originären bzw. der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung gestellt und wie viele hiervon abgelehnt wurden, kann nicht beantwortet werden, da statistisches Zahlenmaterial nicht zur Verfügung steht.

Wie sieht die Personalsituation und -struktur in den Sozialtherapeutischen Abteilungen - insbesondere im Hinblick auf die Deckung bestehenden Bedarfs - aus? Gibt es einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch auf der Ebene des Fachpersonals unter den einzelnen Einrichtungen in Thüringen bzw. über Thüringen hinaus?

Hinsichtlich der Personalsituation und -struktur in der der JVATonna wird auf die Antwort zu Frage 47 verwiesen.

Einmal jährlich findet eine bundesweite Fachtagung sozialtherapeutischer Einrichtungen im Justizvollzug statt, an der auch Mitarbeiter der der JVA Tonna teilnehmen. Darüber hinaus gibt es etwa zweimal jährlich einen speziellen Erfahrungsaustausch für die Mitarbeiter der ostdeutschen Einrichtungen.

Welche verbindlichen Vorgaben gibt es für die therapeutische Arbeit? Welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Forensik gibt es, die zeitnah in diesen Bereichen in Thüringen umgesetzt werden sollten?

Hinsichtlich der therapeutischen Arbeit zeigen die neueren Forschungen, dass deliktorientierte Programme wirkungsvoll zu sein scheinen. Allerdings hängt die Effektivität im Einzelfall sehr vom jeweiligen Täterprofil sowie den Qualifikationen der Anwender ab.

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse werden stets in die Programme integriert. Derzeit liegen jedoch keine speziellen Erkenntnisse vor, die noch umgesetzt werden sollten und bislang nicht beachtet wurden.

Wie hoch ist die Abbruch-Quote bei Therapien und Maßnahmen? Welche Gründe können hierfür benannt werden? Welche Abhilfemaßnahmen sind hier vorstellbar?

In den letzten Jahren waren durchschnittlich 16 Therapieabbrüche (17 im Jahr 2004, 15 im Jahr 2005) zu beklagen.

In allen vorbezeichneten Fällen konnte der Erfolg der sozialtherapeutischen Behandlung wegen fehlender Therapieeignung der betreffenden Gefangenen nicht erreicht werden. Viele Sexualstraftäter leugnen die von ihnen begangenen Straftaten, weswegen sie keiner Therapie zugänglich, sondern vielmehr therapieresistent sind.

Um Therapieabbrüchen entgegenzuwirken, ist das gesamte Behandlungsteam durchgehend bemüht, bei den Gefangenen eine ausreichende Behandlungsmotivation zu wecken bzw. aufrechtzuerhalten.

Gefangene, die in der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Tonna untergebracht waren und die Therapie abgebrochen haben, haben nach Ablauf einer gewissen Zeit die Möglichkeit, wieder dorthin zurückverlegt zu werden. Eine derartige Therapiepause hat sich in der Vergangenheit durchaus als sinnvolle therapeutische Intervention erwiesen, da die betreffenden Gefangenen damit die Erfahrung machen, dass sie mit ihrem dysfunktionalen Verhalten nicht immer Erfolg haben.

Nach welchen Kriterien werden Personen ausgewählt, denen Lockerungsentscheidungen zugute kommen? Welches Fachpersonal und welche Entscheidungsträger sind an den Lockerungsentscheidungen beteiligt und wie gestaltet sich das Verfahren?