Rente

Die großen Differenzen zwischen Soll- und Ist-Kosten erklärt sich daraus, dass den abgeschätzten Kosten eine zu hohe Zahl von Leistungsberechtigten zu Grunde gelegt wurde. Es erscheint also geboten, die Zahl von Leistungsberechtigten möglichst realistisch zu ermitteln.

Ermittlung leistungsberechtigter Personen

Vom BMJ werden für den Zeitraum 1993 bis 2005 etwas mehr als 60.000 Rehabilitierungen nach dem angegeben und davon ausgehend ab 1990 mit bis zu 85.000 geschätzt wurde (nach J. Siegmund, Vortrag bei der Stiftung Aufarbeitung am 10. Mai 2006). Dabei wurde nicht erfasst, ob der Antrag vom ehemaligen Häftling oder dessen Hinterbliebenen gestellt wurde. Ebenfalls nicht berücksichtigt ist, dass Mehrfachverurteilte auch mehrere Rehabilitierungsanträge stellten.

Nach Auskunft der Thüringer Rehabilitierungsbehörde ergingen nach den §§ 6,17 (Kapitalentschädigung) bis August 2006 insgesamt 12.626 bewilligende Bescheide, die 11.133 Personen gestellt wurden. Daraus ergibt sich, dass 1.293 bewilligende Bescheide (10,24 %) mehr ergangen sind als dazugehörige potentielle Anspruchsberechtigte.

Die Anzahl der seit Antragstellung Verstorbenen lässt sich genau nur sehr schwer feststellen. Statistisch erfasst sind nur die Verfahren, in denen die Erben die Nachzahlung der erhöhten Kapitalentschädigung seit dem Jahr 2000 erhielten. In Thüringen waren das 1.

(11,43 %) Fälle. Berücksichtigt man weiterhin, dass mindestens 15 % der ursprünglichen Kapitalentschädigungsempfänger keinen Antrag auf Nachzahlung stellte, so kann davon ausgegangen werden, dass mindestens 20 % der Rehabilitierten inzwischen verstorben sind.

(Zahlen Thüringer Sozialministerium)

Da die Leistung an Mindestverfolgungszeiten gebunden werden soll, muss ermittelt werden, wie viele aus der Gesamtzahl der Rehabilitierten die Bedingung erfüllen.

Die Verteilung nach Haftmonaten enthält die nachfolgende Tabelle. Nimmt man an, dass die Thüringer Zahlen repräsentativ sind, zeigt sich, dass 64,3 Prozent aller strafrechtlich Rehabilitierten eine Haftdauer von mehr als 9 Monaten aufweisen. Etwa 7,5 Prozent waren länger als 3 Jahre (36 Monate) inhaftiert (Schwerstverfolgte).

Nach Auskunft der Thüringer Rehabilitierungsbehörde verhält es sich bei Rehabilitierungen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz ähnlich. Bis August 2006 ergingen 12. bewilligende Bescheide, die sich auf 11.062 Personen aufteilten. Daraus ergibt sich, dass 1.636 bewilligende Bescheide (12,89 %) mehr ergangen sind als es dazugehörige potentielle Anspruchsberechtigte gibt.

Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass 60,1 % Prozent der beruflich Rehabilitierten Verfolgungszeiten von mehr als 18 Monaten aufweisen.

Die Bescheide für Zwangsaussiedlungen nach § 1 Abs. 3 wurden jeweils den Familien erteilt. Ein Bescheid konnte hier also mehrere Personen betreffen. Thüringen hat Zwangsausgesiedelten eine Sonderleistung gezahlt, die einzelnen Personen ausgereicht wurde. Die Zahl dieser Personen war etwa dreieinhalbmal so hoch wie die Zahl der Bescheide.

Rehabilitierungen nach § 1a sind bisher nur in wenigen Fällen, insgesamt deutlich weniger als 500 (Thüringen 154, Sachsen 50) ausgestellt worden. Dies erklärt sich daraus, dass der größte Anteil an Verfolgungsmaßnahmen durch die sonstigen Verfolgungstatbestände der Rehabilitierungsgesetze erfasst ist. Allerdings sind auch die Antragszahlen hier gering gewesen, weil bisher keine Leistung damit verbunden war. Die Zahl mit 100 Personen zu schätzen scheint daher schlüssig.

Viele Strafrechtlich Rehabilitierte und die meisten Zwangsausgesiedelten haben außerdem eine Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz beantragt, um die Vorteile durch dieses Gesetz in vollem Umfang beanspruchen zu können. Wir gehen davon aus, dass die Hälfte der Rehabilitierten beider Gruppen auch nach dem Bescheide erhalten haben.

Unter dem zuvor Aufgezeigten wurden für folgende Zahlen ermittelt, die einer realistischen Kostenschätzung zu Grunde gelegt werden können.

Nach den Erfahrungen des TMSFG mit den Ausgleichsleistungen, die sozial Bedürftige mit drei Jahren Verfolgungszeit schon jetzt erhalten, gehen wir davon aus, dass 7 Prozent der Berechtigten als sozial bedürftig anzusehen sind.

Aus den bundesweiten Opferverbänden kam das Signal, dass sie auch einen Sockelbetrag von 100 Euro verbunden mit einer Leistung von 150 Euro unter sozialen Gesichtspunkten als gerecht empfinden können. Dann würden die Kosten nach diesem Vorschlag auf etwa 72 Millionen Euro sinken. Eine Entschädigungsleistung, die sich nur aus der Bedürftigkeit herleitet, wird vehement abgelehnt.

Sollte der Gesetzgeber bei einem Dritten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in seinem Kern nur die ehemaligen politischen Häftlinge unter oben genannten Gesichtspunkten berücksichtigen, so sollte er die Linderung materieller Folgen von nichtstrafrechtlicher politischer Verfolgung unter sozialen Gesichtspunkten im Blick behalten, um einer Befriedung unter den Verfolgungsgruppen nicht entgegen zu stehen. Gegenwärtig ist es ehemaligen politischen Häftlingen möglich, neben der Kapitalentschädigung und einem Rentennachteilsausgleich, Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und unter sozialen Gesichtspunkten Leistungen der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge und Ausgleichsleistungen nach