Immissionsschutzgesetz

Februar 2007 hat folgenden Wortlaut:

Das Thüringer Landesamt für Statistik hat für das Jahr 2005 ermittelt, dass im Verbandsgebiet des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Südthüringen (ZASt) 77 300 Tonnen Hausmüll, der unbehandelt nicht deponiert werden darf, angefallen sind.

Der ZASt errichtet gegenwärtig in Zella-Mehlis eine Müllverbrennungsanlage (MVA) mit einer Jahreskapazität von 160 000 Tonnen, die als Abfallmenge auch in den Landesabfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle, aufgenommen wurde (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 12/2006, Seite 525).

Der ZASt unterliegt den kommunalaufsichtlichen Bestimmungen, darunter auch den Haushaltsgrundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Zudem gelten für den Verband auch die Bestimmungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes, insbesondere hinsichtlich der Vorgaben für die Erhebung von Gebühren.

Bei der Errichtung der MVA müssen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Beachtung finden, was die Verhinderung von so genannten Überkapazitäten einschließt.

Bei Überkapazitäten von MVA können so genannte betriebswirtschaftlich nicht notwendige Kosten entstehen, die nicht gebührenfähig sind. Dabei besteht die Möglichkeit, dass die Verbandsmitglieder über eine Verbandsumlage diese Kosten tragen müssen.

Abfallgebührensatzungen, einschließlich deren Kalkulation, unterliegen der rechtsaufsichtlichen Würdigung.

Insofern ist davon auszugehen, dass die Dimensionierung (Kapazitätsausstattung und -auslastung) der MVA Zella-Mehlis der rechtsaufsichtlichen Tätigkeit nach § 120 Thüringer Kommunalordnung unterliegt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Richtlinien und sonstigen Vorgaben musste der ZASt bei der Planung der Kapazität der beachten? Inwieweit unterlag die Kapazitätsplanung für die MVA Zella-Mehlis der Aufsicht des Freistaats? Welche Landesbehörden waren bei der Kapazitätsplanung für die MVA Zella-Mehlis beteiligt?

Welchen Einfluss hatte diese Beteiligung auf die Kapazitätsbestimmung der MVA Zella-Mehlis?

2. Wie will der ZASt, ausgehend von der vorgenannten Jahresmenge von 77 300 Tonnen Hausmüll aus dem Verbandsgebiet (2005) der MVA am Standort Zella-Mehlis (Jahreskapazität: 160 000 Tonnen) sichern? Wie wird dieses Vorhaben des ZASt durch die beteiligten Landesbehörden bewertet?

3. Mit welchen konkreten Abfallmengen aus welchen Herkunftsbereichen rechnet der ZASt zur Sicherung der Auslastung der MVA Zella-Mehlis (bitte Einzelaufstellung nach Herkunftsbereichen mit Mengenangaben)? Wie wird diese Berechnung des ZASt durch die beteiligten Landesbehörden bewertet?

4. Wie soll die mögliche Mengenlücke zwischen dem gegenwärtigen Abfallaufkommen im Gebiet des ZASt und den notwendigen Abfallmengen zur Auslastung der MVA Zella-Mehlis geschlossen werden?

18. April 2007

5. Welche Konsequenzen hätte eine zeitweilige oder dauerhafte Nichtauslastung der geplanten Jahreskapazität von 160 000 Tonnen in der MVA Zella-Mehlis?

6. Gibt es Erfahrungswerte, welche Mindestjahresmenge an Abfall (ggf. in Prozent bezogen auf die im o.g. Landesabfallwirtschaftsplan genannte Jahreskapazität) erforderlich ist, um die MVA Zella-Mehlis effizient betreiben zu können? Welche Auswirkungen hätte allgemein eine ungenügende Auslastung auf die Abfallgebühren (Beantwortung der Frage bitte unter Hinzuziehung von Erfahrungen insbesondere aus den alten Ländern)?

7. In welcher Höhe entstehen bei einer Nichtauslastung der geplanten Kapazität der MVA Zella-Mehlis welche so genannten nicht betriebswirtschaftlichen Kosten, die somit nicht gebührenfähig wären? Wer hat diese Kosten zu tragen? Wie werden diese Auffassungen seitens der Landesregierung begründet?

8. Welche konkreten Auswirkungen hätte eine Nichtauslastung der Anlagenkapazität der MVA Zella-Mehlis auf die Abfallgebühren im Bereich des ZASt? Wie würde sich dabei die konkrete Gebührenhöhe verändern?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 12. April 2007 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Seit dem 1. Juni 2005 ist die Ablagerung unbehandelter Abfälle gesetzlich verboten. Für die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger bestand bis zu diesem Zeitpunkt die Aufgabe, für die in ihrem Zuständigkeitsbereich anfallenden Abfälle die erforderlichen Restabfallbehandlungskapazitäten zu errichten bzw. diese über vertragliche Vereinbarungen zu binden. Diese Zielstellung wurde weitestgehend erreicht, wenngleich zu konstatieren war, dass nicht für alle im Bundesgebiet und auch in Thüringen anfallenden Abfälle, sowohl aus dem privaten als auch gewerblichen Bereich, ausreichende Behandlungskapazität zum Stichtag vorhanden war.

Die derzeitige Situation lässt sich an der letzten Erhebung der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) zu Zwischenlagern zur Überbrückung fehlender Behandlungskapazitäten mit Stand August 2006 anschaulich darstellen: Bundesweit waren 84 Zwischenlager mit ca. 2,6 Mio. Mg Kapazität genehmigt, worin ca. 1,25 Mio. Mg Abfälle bereits zwischengelagert waren. Weitere 16 Zwischenlager mit einer Kapazität von ca. 0,9 Mio. Mg waren beantragt.

Auch die renommierte Unternehmens- und Wirtschaftsberatung Prognos AG geht in ihren Prognosen für die Abfallwirtschaft davon aus, dass in der Bundesrepublik den zu behandelnden Abfallmengen frühestens 2010 adäquate Behandlungskapazitäten gegenüberstehen.

Zu 1.: Für die Kapazitätsplanung der Restabfallbehandlungsanlage (RABA) Zella-Mehlis hat der ZASt in der Vorbereitungs- und Planungsphase die Abfallmengenprognosen des Landes Thüringen und eigene sowie die jährliche Abfallmengenbilanz herangezogen.

Verbindliche Richtlinien für die Kapazitätsbemessung gibt es nicht, da für eine solche Anlage, die nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt wird, keine Planrechtfertigung erforderlich ist.Allerdings hat der ZASt als kommunale Körperschaft die Prinzipien der Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit zu beachten.

Der Prozess der Entscheidungsfindung für die RABA wurde durch das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) begleitet, wobei auch die Kapazitätsplanung als plausibel eingeschätzt wurde.

Zu 2.: Die Anlage in Zella-Mehlis ist auf eine Kapazität von 160 000 Mg/a bei einem mittleren Heizwert von 10 000 ausgelegt.

Die Jahresmenge für Hausmüll betrug nach der Abfallbilanz des TMLNU für 2005 80 819 Mg. Hinzu kommen noch 15 500 Mg Sperrmüll und ca. 21 500 Mg Gewerbeabfälle.

Der Mengenanfall vom 1. September 2006 bis 28. Februar 2007 betrug ca. 60 000 Mg, die derzeit in Zwischenlagern eingelagert wurden. Somit kann zum jetzigen Zeitpunkt eine Abfallmenge von ca. 120 000 Mg/a prognostiziert werden. Da diese Mengen rückgebaut werden müssen, ist die Kapazität der Anlage bis Mitte/Ende 2009 gebunden.

Durch das TMLNU werden diese Zahlen als plausibel eingeschätzt.

Zu 4.: Die Antwort zu Frage 3 lässt erkennen, dass derzeit von einer Mengenlücke nicht ausgegangen werden kann.

Zu 5.: Eine zeitweilige oder dauerhafte Nichtauslastung der Anlage würde zu einer Erhöhung der Behandlungskosten führen.

Unter Einbeziehung der Gesamtsituation in der Bundesrepublik ist davon jedoch in den nächsten Jahren nicht auszugehen.

Zu 6.: Da in Thüringen derzeit noch keine Erfahrungswerte hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit einer Restabfallverbrennungsanlage vorliegen, wurde hierzu auch gemäß der Fragestellung bei den Ländern Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz angefragt.

Die Kapazitätsauslastung von Restabfallbehandlungsanlagen bemisst sich im Wesentlichen nach der Abfallmenge und dem dazugehörigen Auslegungsheizwert.

Im Falle der RABA Zella-Mehlis liegt diese, wie schon in der Antwort zu Frage 2 ausgeführt, bei 160 000 Mg/a und einem mittleren Heizwert von 10 000 was einer Durchsatzleistung von 21,6 t/h entspricht. Die Bandbreite liegt bei dieser Anlage in einer Spanne von 6 500 bis 16 000 Bei einem Heizwert von 6 500 liegt der Durchsatz bei 26,0 t/h und bei einem Heizwert von 16 000 bei nur 13,0 t/h.

Sinkt der Heizwert der anfallenden Abfälle unter den mittleren Heizwert, können mehr Abfälle durchgesetzt werden, steigt der mittlere Heizwert, sinkt die Durchsatzmenge.

Ca. 70-80 Prozent der Kosten einer (neuen) RABA sind Fixkosten (kalkulatorische Abschreibung/ kalkulatorische Zinsen/ kalkulatorische Rückstellungen/ Personal), deren Abdeckung in der Regel über die Auslastung der Anlage erwirtschaftet wird.

Der mittlere Heizwert von Hausmüll bewegt sich in allen Bundesländern in etwa auf gleichem Niveau. Anders ist die Situation bei den Gewerbeabfällen, die je nach Art eine relativ breite Heizwertspanne aufweisen. Es kann demgemäß immer nur auf eine konkrete Anlage mit dem dazugehörigen Input Bezug genommen werden, wobei aus den anderen Bundesländern keine Kapazitätsminderauslastungen bekannt sind.

Da für die RABA Zella-Mehlis derzeit die Heizwertparameter zumindest für den Gewerbeabfall nicht definitiv prognostiziert werden können, kann demzufolge keine belastbare Aussage getroffen werden.

Auch für die anderen in Thüringen vorhandene bzw. im Bau befindliche RABA können frühestens nach einem Jahr Betriebsphase diesbezüglich getroffen werden, jedoch wird nach gegenwär4 tiger Einschätzung (siehe Antwort zu 2 und 3) für die RABA Zella-Mehlis gerade nicht von einer ungenügenden Auslastung ausgegangen, da neben den gesicherten Mengen aus Haushaltungen genügend Gewerbeabfälle zur Verfügung stehen werden.

Eine Nichtauslastung der MVA Zella-Mehlis ist derzeit nur eine theoretische Annahme, insoweit wird auf die Beantwortung der Frage 6 verwiesen.

Auch hierbei handelt es sich um eine hypothetische Fragestellung. Auf die Ausführungen zu den Fragen 6 und 7 wird insoweit verwiesen.