Gleichstellung

Westberlin unter schwierigen Umständen gegründet. Die Gründer waren Entlassene aus dem von den Sowjets übernommenen KZ Sachsenhausen, zu denen sich zahlreiche entlassene Häftlinge aus anderen Anstalten gesellten. Dem Durchsetzungsvermögen der Gründungsmitglieder war es zu verdanken, dass sich die VOS vor allem während der Zeit von Konrad Adenauer zu einer Gemeinschaft entwickelte, die dafür sorgte, dass eine soziale Gleichstellung der Häftlingsorganisationen erreicht werden konnte und dadurch schließlich das Häftlingshilfegesetz zustande kam.

Am 26. Mai 1990 gründete Manfred Wettstein aus Gotha die Landesgruppe Thüringen der VOS, die somit im Mai 2000 auf ihr 10-jähriges Bestehen zurückblicken konnte. Die Landesgruppe Thüringen der VOS verband dieses Ereignis mit der Einweihung ihrer Beratungs- und Begegnungsstätte in Erfurt, Warschauer-Str. 14 am 8. September 2000. Die VOS unterhält auch in Eisenach ein Büro, das als ständige Gesprächs- und Begegnungsstätte für Mitglieder und Interessierte wirkt.

Am 30.09.2000 feierte das Bürgerkomitee des Landes Thüringen e. V. ebenfalls sein 10-jähriges Bestehen im Suhler Rathaus. Das Bürgerkomitee war über 10 Jahre tätig in der Beratung und Begleitung von Opfern. Außerdem publiziert der Verband in einer eigenen Broschürenserie. Das Bürgerkomitee unterhält in Suhl eine ständige Beratungsstelle, die über langjährige Erfahrungen verfügt, und die bis heute aufrechterhalten werden konnte.

Am 3. Oktober 2000 endete die zweite Amtsperiode von Joachim Gauck als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Nach § 35 Abs. 4 war das Amt nunmehr neu zu besetzen. Am 29.09.2000 wurde Frau Marianne Birthler vom Deutschen Bundestag mit großer Mehrheit als Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR gewählt und am 11. Oktober 2000 in das Amt eingeführt. Frau Birthler besuchte die Thüringer Außenstellen ihrer Behörde und traf am 29.11. zu einem Antrittsbesuch mit dem Landesbeauftragten im Hotel zum Norde in Erfurt zusammen.

Am 15.11.2000 wählte der Sächsische Landtag Herrn Michael Beleites zum neuen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Damit wurde das Amt nach einer Übergangszeit von fast einem Jahr wieder besetzt, nachdem Siegmar Faust im Mai 1999 aus dem Amt ausgeschieden war.

Treffen des Arbeitskreises Untersuchungshaftanstalten

Am 17. und 18. November 2000 trafen sich in Gera Vertreter aus einigen Verbänden der neuen Bundesländer, die selbst Gedenkstättenarbeit verrichten oder Betreiber von Gedenkstätten in ehemaligen Haftanstalten sind, oder dies in der Zukunft beabsichtigen zu tun. Am Beispiel der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten referierte Thomas Platz (Gedenkstätte Bautzen) über Probleme bei der Gedenkstättenarbeit. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand jedoch die Frage: Wie wird es mit dem Geraer Amthordurchgang weitergehen? Der Geraer Verein Gedenkstätte Amthordurchgang e. V. stellte sein Konzept vor und berichtete über den beabsichtigten Ausbau des Torhauses der Geraer Haftanstalt zum authentischen Ort der Erinnerung anhand eines Modells, das innerhalb des Vereins erarbeitet worden war. Als Hauptproblem stellten sich die Fragen der Finanzierung des Umbaus dar. Dazu sollte in einer weiteren Veranstaltung am 05.12.2000 eine Position der Thüringer Landesregierung erwartet werden, die in Persona des Finanzministers das Projekt zwar grundsätzlich befürwortete und das Gebäude dem Verein zur Nutzung anbot, aber noch keine konkreten Vorschläge zur Finanzierung unterbreiten konnte.

Diesbezüglich braucht der Verein Unterstützung vom Freistaat Thüringen und vor allem einen Partner, der sie bei den Baumaßnahmen beraten und bei Antragstellungen begleiten kann.

Jürgen Fuchs-Symposium in Jena

Der Geschichtswerkstatt Jena e. V. und das Collegium Europaeum Jenense führte unter der Schirmherrschaft der Präsidentin des Thüringer Landtags vom 8. bis 10. Dezember 2000 in der Aula der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein Symposium im Angedenken an das Werk und das Wirken des Schriftstellers, Bürger- und Menschenrechtlers Jürgen Fuchs eine dreitägige Veranstaltung unter dem Motto Einmischung in eigene Angelegenheiten durch. Diese Veranstaltung wurde unterstützt von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Robert Bosch-Stiftung, vom Land Thüringen, vom Thüringer Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Stadt Jena und dem Theaterhaus Jena. In Jena, dem Ort, an dem Jürgen Fuchs Anfang der siebziger Jahre den Klartext mit allen Konsequenzen zur bestimmenden Größe für sein Leben und sein Werk gemacht hat, wurden in Vorträgen (mit internationaler Beteiligung), Podien, Lesungen, Theateraufführungen und Diskussionen Rückblicke gehalten und Perspektiven eröffnet. Die Vorträge wurden in einem Sonderheft unserer Zeitschrift Gerbergasse 18 veröffentlicht.

Beratungstätigkeit zur Rehabilitierung - ein Auslaufmodell?

Es wurde schon immer vermutet, dass es noch zahlreiche Bürger gibt, die noch nicht ausreichend über Möglichkeiten der Rehabilitierung informiert waren und aus verschiedenen Gründen bisher keine Anträge gestellt hatten. Aus verschiedenen Anfragen an das Büro des Landesbeauftragten konnte immer wieder geschlossen werden, dass es noch immer Beratungsbedarf zu Rehabilitierungsfragen gibt. Bestätigt wurde dies auch, als in einer Vor-Ort-Beratungsaktion in den Landkreisen durchschnittlich immer noch bis zu 50

Personen pro Beratungsort kamen und Rehabilitierungsanträge stellten. Besonders problematisch dabei erschien es, dass es immer noch Betroffene gibt, die im Jahre 2000 - ein Jahr vor Ablauf der Antragsfrist immer noch keine ausreichende Kenntnis über ihre Möglichkeiten zur Beantragung der Leistungen nach den Rehabilitierungsgesetzen hatten. Darunter befanden sich immer noch pro Ort etwa fünf Personen, die bisher noch keine strafrechtliche Rehabilitierung beantragt hatten, weil sie nicht wussten, dass es diese Möglichkeit gibt und vor allem, wie die Antragstellung vorzunehmen ist. Diese Entwicklung bestätigte auch der Leiter des Thüringer Landesamtes für Rehabilitierung und Wiedergutmachung auf einer Beratung mit den Opferverbänden am 16.11.2000 in Erfurt. Er berichtete über die Antragsentwicklung in Thüringen und stellte fest, dass 13.430 Bürger bis zum Oktober des Jahres 2000 einen Antrag auf Haftentschädigung gestellt hatten. Dabei waren allein 1.217 Anträge erst im Laufe des Jahres 2000 eingegangen. Bis zum 31.10.2000 wurden in Hildburghausen 5.145 Nachzahlungsanträge für die erweiterte Haftentschädigung registriert. Das sind noch nicht einmal 50 % der Erstantragsteller. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Anspruchsberechtigten immer noch viel höher ist, als sie durch bisherige Statistiken ausgewiesen werden. Allein im Jahre 2000 wurden in Thüringen 3.

Neuanträge gestellt, davon 1.300 nach dem 870 nach dem und 981 nach dem

Der Thüringer Landesbeauftragte sprach sich dafür aus, weitere Beratungsstellen in den Opferverbänden zu eröffnen und bereits bestehende weiterzuführen. Im Übrigen ist der Gesetzgeber gefragt, ob er an den bestehenden Fristen festhalten will, oder ob eine Verlängerung über das Jahr 2001 hinaus für Antragstellungen auf Rehabilitierung wegen der Antragsentwicklung angezeigt ist.

Einrichtung von Beratungsstellen in den Thüringer Opferverbänden

Im Berichtszeitraum waren folgende Stellen vorhanden, drei davon wurden neu eröffnet :

1. Bürgerkomitee des Landes Thüringen e. V. in Suhl : ABM

2. Bund der Stalinistisch Verfolgten e. V. in Gera : SAM (neu)

3. Opfer des Stalinismus e. V. in Gotha : SAM (neu)

4. Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. in Erfurt : SAM (neu)

5. Bund der Zwangsausgesiedelten in Ilmenau: ehrenamtlich

6. Initiativgruppe Buchenwald in Weimar: ehrenamtlich

7. Verband politischer Häftlinge des Stalinismus in Mühlhausen: ehrenamtlich

8. Caritasverband Südthüringen e. V. in Saalfeld : SAM

9. Überregionale Stelle zur Koordinierung beim : SAM

Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit förderte die vorhandenen Stellen sowie die Projekte bei den Opferverbänden im laufenden Haushaltsjahr mit 100.000,- DM. Der Titel wurde für das Jahr 2001 um 20.000,- DM aufgestockt.

Die ABM-Maßnahme in Suhl läuft im Februar 2001 aus und wird neu besetzt. Die SAM-Maßnahme in Saalfeld läuft im Oktober 2001 aus, eine Neubesetzung ist noch nicht in Aussicht, die Koordinierungsstelle in Erfurt beendet ihre Tätigkeit im April 2002, auch hier ist eine Neubesetzung noch nicht sichergestellt. Alle SAM-Stellen sind auf Grund der Fristenregelung im Dritten Sozialgesetzbuch nur bis zum 31.12.2002 bewilligt worden.

Zur Situation in den Thüringer Aufarbeitungsinitiativen

Die Unterscheidung in Opferverbände und Aufarbeitungsinitiativen resultierte letztlich aus den staatlichen Förderungsmöglichkeiten. Soweit die Opferverbände im Wesentlichen Beratungsaufgaben durchführen, können sie nach den Förderrichtlinien des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit Zuwendungen erhalten, da soziale Aufgaben im Bereich der Kommunen und der Länder angesiedelt sind.

Für andere Aufgaben mit teilweise wissenschaftlichem Charakter wie z. B. die Durchführung von Archivrecherchen zum Zwecke der Erstellung von Schriften, Broschüren, Büchern und zur Durchführung von Veranstaltungen können Projektmittel aus dem Fonds der Stiftung zur Aufarbeitung der SEDDiktatur und Komplementärförderungsmittel der Thüringer Staatskanzlei nach entsprechender Antragstellung und Bewilligung in Anspruch genommen werden.

Als Aufarbeitungsinitiativen in Thüringen verstehen sich folgende Verbände:

- Geschichtswerkstatt Jena e. V.

- Thüringer Archiv für Zeitgeschichte, Hummelshain

- Gedenkstätte Amthordurchgang e. V., Gera

- Bürgerkomitee des Landes Thüringen e. V., Suhl

- Gesellschaft für Zeitgeschichte e. V., Erfurt

Die Situation wird vor allem dadurch geprägt, dass Projektarbeiten größerem Umfanges nur dort geleistet werden können, wo durch die Schaffung von SAM-Stellen ausreichend Arbeitspotenzial vorhanden ist.

Während die Gesellschaft für Zeitgeschichte e. V. nur ehrenamtlich tätig ist, gab es in den vergangenen Jahren in den anderen Initiativen Stellen auf Basis der Arbeitsmarktförderung über SAM oder ABM.

Inzwischen sind in der Geschichtswerkstatt Jena e. V. alle Stellen ausgelaufen, im Archiv für Zeitgeschichte trifft dies ab Juni 2001 zu, in Gera konnte ab März 2001 eine neue SAM-Stelle eröffnet werden. Nach gegenwärtiger Rechtslage ist es nicht möglich, SAM-Stellen nach dem dritten Jahr weiterzuführen, es sei denn, die Verbände würden ab dem 5. Jahr selbst Mitarbeiter einstellen und bezahlen können. Dies ist jedoch kaum möglich, da diese Verbände nicht über eigene Einkünfte verfügen.

Somit ergibt sich die Schwierigkeit, immer wieder neues Personal zu finden, das über die genannten Maßnahmen gefördert werden kann und das auch in der Lage ist, die bereits laufenden Projekte weiterzuführen. Größere Projekte laufen somit immer der Gefahr, mit Beendigung der Fördermöglichkeiten ebenfalls beendet zu werden. Diese Situation steht der Geschichtswerkstatt und dem Archiv für Zeitgeschichte unmittelbar bevor. Es wäre die Frage an die Politik zu stellen, ob es nicht Möglichkeiten gibt, zumindest für eine oder zwei Stellen - quasi Projektleiterstellen - für diese Verbände eine Festanstellung für einen längeren Zeitraum bereitzustellen, so wie das bereits im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln des Freistaats Thüringen zur Beschäftigung von Leitungskräften bei Trägern kulturpolitisch bedeutsamer Maßnahmen (veröffentlicht im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 9/2001, S. 336) bereits für Projektmanager im kulturellen Bereich möglich ist. Für die Thüringer Aufarbeitungsinitiativen war diese Fördermöglichkeit bisher nicht zugänglich und im sozialen Bereich (Beratung) gibt es eine derartige Richtlinie (noch) nicht.