Deshalb zielt das Entwicklungsvorhaben Eigenverantwortliche Schule auf die Entwicklung einer Evaluationskultur

Die Veröffentlichung von Arbeitsergebnissen von Schulen ist ausgesprochen komplex. Der bereits mehrfach erwähnte Begriff der Rechenschaftslegung gegenüber dem sozialen Umfeld impliziert selbstverständlich auch die Argumentation mit belastbaren Fakten als Beleg für die Leistung der jeweiligen Einrichtung.

Dies sind Schulen derzeit noch nicht gewohnt. Deshalb zielt das Entwicklungsvorhaben Eigenverantwortliche Schule auf die Entwicklung einer Evaluationskultur. Für Kindergärten sind hier die jeweiligen Träger verantwortlich. Für den Kindertagesstättenbereich werden Bildungsstandards als Voraussetzung für vergleichbare Daten erst erarbeitet. Realistisch vergleichbare Daten, die die Wirkungsqualitäten beschreiben können, sind also noch nicht vorhanden.

Inzwischen hat Thüringen durch Vergleichsarbeiten und Prüfungsergebnisse eine erhebliche Anzahl von Daten zur Verfügung, die Vergleiche ermöglichen. Ein veröffentlichtes Ranking wird jedoch als nicht zielfördernd angesehen, da mit den verfügbaren (Sozial-)Daten kein fairer Vergleich zwischen den einzelnen Einrichtungen möglich ist. Bei unfairen Vergleichen wären creaming-Effekte zu befürchten, das heißt, gute Schulen würden durch Schülerwanderungen noch besser, weniger gute Schulen noch weiter absinken, und dies lediglich aufgrund der unterschiedlichen Schülerklientel.

Bei den Kompetenztests wurden auf der Grundlage weniger Sozialdaten zur konkreten Klasse oder Schule virtuelle Vergleichsklassen mit gleichem sozialem Hintergrund als Ansatz zu einem fairen Vergleich errechnet und den einzelnen Schulen mit einer knappen Auswertung zugestellt. Als besonderer Vertrauensbeweis und implizite Aufforderung, sich mit den Ergebnissen detailliert zu befassen, wurde festgelegt, dass die Ergebnisse Besitz der Schule sind, also die Schule selbst entscheidet, wer diese Daten erhält. Dieser Vertrauensvorschuss scheint sich sehr gut zu bewähren, da die Akzeptanz für evaluierende Rückmeldungen deutlich erhöht worden ist. Derzeit wird an einem Schulportal gearbeitet, dessen Inhalte Schulen mitgestalten können. Die Schulen werden sich in diesem Portal auch in der Öffentlichkeit darstellen können und erhalten so die Möglichkeit, ihren Expertenbericht (= Besitz der Schule), Zielvereinbarungen, Arbeits- und Prüfungsergebnisse, Leitbilder usw. nach außen zu tragen. Auch dadurch soll die Entwicklung der Evaluations- und Rechenschaftskultur vorangebracht werden. Intern wird durch die Einbindung der Schulkonferenz als innerschulische Öffentlichkeit in Entscheidungsprozesse Rechenschaft abgelegt.

Wie haben sich Vergleichsarbeiten bewährt und welche Weiterentwicklung ist vorgesehen?

Für die Verpflichtung des Landes, die Bildungsstandards zu implementieren und in Kraft zu setzen, erhalten die Kompetenztests eine besondere Bedeutung.

Die Thüringer Kompetenztests fanden im Schuljahr 2005/2006 zum vierten Mal statt. Erstmals konnten sich in diesem Schuljahr die weiterführenden Schulen auf freiwilliger Basis an einem Kompetenztest Englisch für den Bereich Hörverstehen beteiligen. Die Teilnahme von 215 Schulen mit 325 Klassen zeigt das große Interesse. Eine anschließende Befragung der Lehrkräfte stellt dem Test selbst wie auch den organisatorischen Rahmenbedingungen ein überwiegend gutes bis sehr gutes Zeugnis aus.

Zunehmend steht die Nutzung der aus den gewonnenen Daten abgeleiteten Erkenntnisse für die Unterrichtsentwicklung im Blickfeld. Im Laufe der letzten vier Jahre werden die Tests zunehmend als Chance und weniger als unerwünschte Zusatzbelastung gesehen. Um diesen Rezeptionsprozess zu erfassen und wissenschaftlich zu begleiten, werden jährlich Lehrkräfte und Schulleiter befragt. 2006 fanden erstmals neben den jährlichen Fragebogenerhebungen auch Interviews mit Schulleitern statt, aus denen sich eine Vielzahl von Hinweisen zu förderlichen und hinderlichen Bedingungen für eine Nutzung der Kompetenztests ergibt.

(Landesbericht 2006, http://www.kompetenztest.de/download/kt06/Landesbe-richt_KT2006.pdf)

Es ist somit festzustellen, dass sich die Kompetenztests in Thüringen in ihrer bisherigen Form bewährt haben und von der Lehrerschaft akzeptiert werden. Die weitere Strategie für die Kompetenztests stellt sich in Folgendem dar:

- Bis zum Schuljahr 2007/2008 werden die Kompetenztests an allen Thüringer Schulen verbindlich in Klassenstufe 3 (Mathematik, Deutsch-Lesen und Deutsch-Rechtschreiben/Sprachbetrachten), Klassenstufe 6 (Mathematik, Deutsch und Englisch) sowie Klassenstufe 8 (ab Schuljahr 2006/2007 Mathematik, ab Schuljahr 2008/2009 auch Deutsch und Englisch) durchgeführt.

- Im Schuljahr 2007/2008 (voraussichtlich im Oktober 2007) findet die Erprobung des Medienkompetenztests Klassenstufe 7 statt, daran können Schulen freiwillig teilnehmen. Im Schuljahr 2008/2009 findet dieser Test von den Ergebnissen der Erprobung) für alle Schulen statt (voraussichtlicher Testtermin: Oktober 2008).

- Ab dem Schuljahr 2008/2009 soll den Schulen die Möglichkeit gegeben werden, die Anzahl der Tests pro Schuljahr (pro Schüler) zu reduzieren. Regelschule/Gymnasium: Jeder Schüler in weiterführenden Schulen muss in jedem Testfach mindestens an einem Test teilgenommen haben, das heißt die Schule entscheidet jährlich darüber, in welcher Klassenstufe der jeweilige (Fach-)Test durchgeführt wird. Diese Entscheidung ist dann jeweils für alle Klassen/Schüler dieser Klassenstufe(n) verbindlich. Sie muss in jedem Fall den Längsschnitt gewährleisten.

Thüringen wird sich darüber hinaus auch weiterhin an internationalen Vergleichsuntersuchungen beteiligen.

Abhängig von den Erfahrungen mit den bereits durchgeführten Vergleichsarbeiten und den jeweiligen Zielstellungen werden die Untersuchungen sowohl landesintern als auch international weiterentwickelt.

Wie erfolgt die Auswertung der zentralen Prüfungen und welche Folgerungen haben sich für die verschiedenen Schularten daraus ergeben?

Für das Gymnasium erfolgen Auswertungen für die Besondere Leistungsfeststellung und das Abitur. Die Jahresfortgangsnote in den Fächern der Besonderen Leistungsfeststellung, die Ergebnisse der Besonderen Leistungsfeststellung sowie alle Zeugnisnoten werden mithilfe der Schulsoftware an die Friedrich-Schiller-Universität Jena übertragen. Aus den Daten werden Ergebnisberichte für Thüringen, für jedes Schulamt und für jedes Gymnasium erstellt. Unter www.kompetenztest.de können diese Berichte unter Eingabe der Schulnummer und des Passworts abgerufen werden. In den Berichten werden jeweils die Ergebnisse der Schule und die Landesergebnisse gegenübergestellt. In den Fächern der Besonderen Leistungsfeststellung werden die Jahresfortgangsnoten mit den Noten der Besonderen Leistungsfeststellung verglichen.

Das Verfahren beim Abitur entspricht dem oben beschriebenen Vorgehen, wobei hier alle Ergebnisse der Kurse aus 11 und 12 sowie die Ergebnisse der Abiturprüfungen (Punktekreditkarte) erfasst werden. Die Friedrich-Schiller-Universität Jena erstellt die entsprechenden Ergebnisberichte für Thüringen, die Schulämter und die Gymnasien. Ergebnisberichte werden jeweils zu Beginn des neuen Schuljahres zur Verfügung gestellt. Auf der Grundlage dieser Ergebnisberichte analysieren die Lehrer an den Gymnasien die Ursachen für die entsprechenden Ergebnisse und legen Schwerpunkte für die Weiterentwicklung des Unterrichts fest.

Zum Halbjahr des folgenden Schuljahres legt die Friedrich-Schiller-Universität Jena einen analytischen Landesbericht vor, der unter http://www.kompetenztest.de/download/Abiturbericht_2005.pdf einzusehen ist. Eine inhaltliche Auswertung der zentralen Prüfungen findet gemeinsam mit den Fachreferenten des den Fachberatern und den Lehrern der Aufgabenkommissionen statt. Im Ergebnis dieser Beratungen werden Schwerpunkte für die Fortbildungen der Lehrer fixiert sowie die Erlasse für die künftigen Abiturprüfungen (in zwei Jahren) und die Besonderen Leistungsfeststellungen (im folgenden Jahr) erstellt, auf deren Grundlage die Aufgabenkommission die Prüfungen vorbereitet.

Das oben beschriebene Verfahren ist in Thüringen etabliert und soll vorerst in dieser Weise fortgeführt werden.

Grundsätzlich ist eine Auswertung der Prüfungen an der Regelschule in gleicher Weise geplant. Voraussetzung für die Prüfungsauswertung sind die verstärkte Verwendung von Schulsoftware an den Regelschulen und die damit verbundene Definition von Schnittstellen durch die entsprechenden Softwarehersteller. Über diese Schnittstelle können dann die notwendigen Daten aufwandsarm geliefert werden sowie die Entwicklung der Auswertungsprogramme durch die Friedrich-Schiller-Universität Jena erfolgen.

Für berufliche Gymnasien erfolgt die Auswertung analog der der allgemein bildenden Gymnasien, für die Berufsfachschule analog der der Regelschulen.

Die Prüfungsfragen in den Schulformen Fachoberschule und Höhere Berufsfachschule werden mittels Einschätzungsbogens fachlich ausgewertet. Die Ergebnisse der Auswertung werden den Prüfungsaufgabenkommissionen zugänglich gemacht und besprochen, teilweise auch Fachberatern, Lehrplankommissionen und Schulen überlassen.

Das Thüringer Kultusministerium erfasst die Grunddaten zu den erreichten Abschlüssen der Regelschule und zur Qualität der Prüfungsaufgaben. Die fachliche Auswertung der Prüfungsaufgaben für die zentral gestellten Fächer Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache erfolgt mittels Fragebögen, die alle Thüringer Regelschulen erhalten, der Korrekturen ausfüllen und dem Thüringer Kultusministerium zuleiten. Die fachliche Analyse und die Hinweise der unterrichtenden Fachlehrer werden den für die Erar beitung der Prüfungsaufgaben berufenen Kommissionen zur Verfügung gestellt und bei der Erstellung neuer Prüfungsaufgaben berücksichtigt.

Für die inhaltliche Auswertung haben die Fachreferenten des zusammen mit den Fachberatern (beispielsweise für das Fach Mathematik) ein Verfahren entwickelt, das eine Analyse bis in die einzelnen Aufgaben und Aufgabenteile hinein und den regionalen Fachberatern eine schulscharfe Auswertung ermöglicht.

An welchen länderübergreifenden Leistungsvergleichen wird Thüringen in den nächsten Jahren teilnehmen?

Thüringen wird sich weiterhin mit der jeweils erforderlichen Anzahl von Schülern (Schulen; Klassen) als repräsentative Stichprobe an internationalen und nationalen Erhebungen, die in der Gesamtstrategie der KMK zum Bildungsmonitoring enthalten sind, beteiligen.

Dies sind die internationalen Studien für die Grundschule PIRLS (2011, 2016) und TIMSS (2007, 2011, 2015) sowie für die weiterführenden Schulen PISA (2009, 2012, 2015, 2018). Mit den Studien PIRLS und PISA werden ab 2009 intranationale Ländervergleiche durch das IQB auf der Grundlage der nationalen Bildungsstandards verbunden.

2011 und 2016 findet eine Überprüfung zu den Bildungsstandards für die Grundschule statt.

2009 und 2015 stehen die Standards für den Mittleren Schulabschluss für Deutsch und für die erste Fremdsprache (Englisch oder Französisch), 2012 und 2018 für Mathematik und die Naturwissenschaften (Biologie, Chemie, Physik) im Mittelpunkt dieser Ländervergleiche.

Die Ergebnisberichte zu den intranationalen und nationalen Erhebungen werden wie bisher jeweils im auf die Testung folgenden Jahr erscheinen.

3. Demografische Erfordernisse

Wie stellt sich die Entwicklung der Kinder- und Schülerzahlen seit 1995 dar und welche Erfordernisse ergaben sich daraus für Kindertagesstätten sowie das gegliederte Schulsystem hinsichtlich der vorgehaltenen Infrastruktur und der inneren Organisation?