Struktur und Aufgabe der Freiwilligen Feuerwehren

Im Nachbarland Sachsen-Anhalt diskutieren Innenministerium und Feuerwehrverband zukünftige Strukturen und Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehren unter dem Eindruck kommunaler Gebietsveränderungen, demographischer Entwicklung und zunehmender Differenzierung der Aufgaben von Freiwilligen Feuerwehren.

In Thüringen blieb bisher eine Überarbeitung der Thüringer Feuerwehrorganisationsverordnung aus, obwohl nach der Neufassung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die o.g. strukturellen Probleme und Herausforderungen auch für die Freiwilligen Feuerwehren in Thüringen gelten können.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen wurden von der Landesregierung ergriffen, um

a) die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Berufstätigkeit zu erhöhen,

b) die Einsatzbereitschaft der Wehren auch zur Tageszeit zu gewährleisten?

2. Welche Überlegungen gibt es in der Landesregierung, eine zukünftige Struktur und Aufgabendifferenzierung der Freiwilligen Feuerwehr an den Bedingungen der demographischen Entwicklung und kommunaler Gebietsveränderungen auszurichten?

3. Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeit, einzelnen Stützpunkten der Freiwilligen Feuerwehr Spezialaufgaben wie Wasserrettung etc. zu übertragen und diese dafür bei der Einsatzbereitschaft zu entlasten?

4. Ist beabsichtigt, die Thüringer Feuerwehrorganisationsverordnung zu überarbeiten, und wenn ja, mit welcher Zielsetzung und in welchem Zeitrahmen?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 2. Mai 2007 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: a) Das Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz - - schafft die notwendigen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Berufstätigkeit. Danach dürfen die ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen durch ihren Dienst keine unzumutbaren Nachteile erleiden. Sie sind für die Zeit der Teilnahme an Einsätzen, Übungen usw. von der Arbeits- und Dienstleistungsverpflichtung freizustellen. Für diese Zeiten wird ihnen das Arbeitsentgelt fortgezahlt.

Des Weiteren erfolgt die öffentliche Anerkennung des Ehrenamtes u. a. durch

- die Übernahme der Schirmherrschaft bei entsprechenden Veranstaltungen durch die Mitglieder der Landesregierung,

- die Präsentation der Feuerwehren anlässlich des Tages der offenen Tür im Landtag,

- die Würdigung besonders vorbildlicher Arbeitgeber durch Verleihung der Auszeichnung Partner der Feuerwehr,

- die Unterstützung des Feuerwehrverbandes, der sich ebenfalls dieser Aufgabe angenommen hat.

b) Zuständige Aufgabenträger für den örtlichen Brandschutz und die Allgemeine Hilfe sind die Gemeinden und für den überörtlichen Brandschutz und Allgemeine Hilfe die Landkreise. Sie erfüllen diese Aufgaben als Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises. Dazu zählt u. a. auch die Aufstellung und Unterhaltung einer den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Feuerwehr. Die Landesregierung kann hier (nur) unterstützend tätig werden und ggf. die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern.

Mit der Neufassung des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes Ende des Jahres 2006 wurde diesem Anliegen Rechnung getragen. Maßnahmen wie

- die Möglichkeit der Ausübung des Feuerwehrdienstes in der Einsatzabteilung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres,

- die Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft von Feuerwehrangehörigen in zwei Feuerwehren und

- die Intensivierung der Nachwuchsgewinnung durch die Herabsetzung des Eintrittsalters in die Jugendfeuerwehr sollen einen Beitrag dazu leisten, die Tageseinsatzbereitschaft künftig besser absichern zu können.

Insbesondere die Jugendfeuerwehren haben für die Nachwuchsgewinnung und für eine langfristig angelegte Personalbestandssicherung in den Freiwilligen Feuerwehren eine herausragende Bedeutung. Die Mehrzahl der aktiven Einsatzkräfte findet ihren Weg in die Feuerwehr über eine meist mehrjährige Mitgliedschaft in den Jugendfeuerwehren. Für eine dauerhafte Sicherung der Einsatzbereitschaft ist deshalb eine breit angelegte Jugendarbeit unerlässlich. Aus diesem Grund fördert die Landesregierung seit dem Jahr 2001 konkrete Projekte wie die Beschaffung von Jugendfeuerwehrschutzkleidung und Mannschaftstransportfahrzeugen.

Des Weiteren soll die Erhöhung des Frauenanteils in der Feuerwehr künftig dazu beitragen, den Personalbestand langfristig zu sichern und zu stärken. Das Projekt Mädchen und Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Die im Rahmen der diesjährigen Delegiertenversammlung des Deutschen Feuerwehrverbandes in Gera stattfindenden Workshops zu diesem Thema werden durch das Thüringer Innenministerium und die Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule unterstützt.

Zu 2.: Das Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz bietet den kommunalen Aufgabenträgern ein flexibles Instrument, um auf Gebietsveränderungen und demografische Entwicklungen zu reagieren. Sie können zur gemeinsamen Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben Brandschutzverbände oder öffentlich-rechtliche Zweckvereinbarungen abschließen und haben damit die Möglichkeit, eigenverantwortlich die notwendigen Strukturen zu schaffen. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 3 verwiesen.

Zu 3.: Mit der Neufassung des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes ist es den Landkreisen nunmehr möglich, neben den Stützpunktfeuerwehren weitere Feuerwehren mit überörtlichen Aufgaben zu planen.

Die ihnen ggf. übertragenen Spezialaufgaben entbinden sie jedoch nicht von der Verantwortung, ihre allgemeinen Verpflichtungen im Brandschutz und in der Allgemeinen Hilfe zu erfüllen.

Zu 4.: Die Thüringer Feuerwehr-Organisationsverordnung wird überarbeitet und dem Thüringer Gesetz zur Neuregelung des Brand- und Katastrophenschutzes sowie verschiedenen zwischenzeitlich erfolgten Normänderungen, insbesondere im Bereich der fahrzeugtechnischen Ausstattung, angepasst. Derzeit noch vorhandene Regelungen zur Ausbildung können entfallen, da diese zwischenzeitlich in die Feuerwehr-Dienstvorschriften aufgenommen wurden. Die bisher enthaltenen Regelungen zum Katastrophenschutz sollen künftig in einer eigenen Verordnung geregelt werden.