Asylverfahrensgesetz

Nach dem Asylverfahrensgesetz ist der einem Ausländer zur Durchführung des Asylverfahrens gestattete Aufenthalt räumlich beschränkt auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Das Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung bedarf der behördlichen Genehmigung (§ 57 Abs. 1, § 58 Abs. 1 Berichten von Asylsuchenden zufolge ist die Praxis der Gewährung bzw. Versagung so genannter Urlaubsscheine in den Landkreisen und kreisfreien Städten sehr unterschiedlich. Die Anwendungspraxis zur Umsetzung der §§ 57, 58 reicht nach diesen Informationen vom formalen Verwaltungsakt mit Erhebung von Gebühren bis hin zur lediglich mündlichen Ablehnung durch Vertreter der Ausländerbehörde, ohne schriftlich begründeten Bescheid und ohne Widerspruchsmöglichkeit für die Antragsteller und Antragstellerinnen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Anwendungsrichtlinien (Verordnungen, Regelungen, Weisungen o.ä.) bestehen für den Freistaat Thüringen zur Umsetzung der §§ 57 und 58 2. Wie ist die Anwendungspraxis der §§ 57 und 58 (bzw. der entsprechenden Anwendungsrichtlinien) in den Landkreisen und kreisfreien Städten?

3. Nach welchen Kriterien werden in den Landkreisen und kreisfreien Städten so genannte Urlaubsscheine vergeben bzw. versagt?

4. Werden Anträge auf das vorübergehende Verlassen des Bereiches der Aufenthaltsgestattung in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens als Verwaltungsakte gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz (§ 35 ff. behandelt und ablehnende Bescheide gemäß § 39 schriftlich erteilt und begründet?

5. In welchen Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens werden solche Anträge mit welcher Begründung ggf. nicht als Verwaltungsakte im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes behandelt, nicht schriftlich beschieden und begründet (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

6. In welchen Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens werden für die Ausstellung so genannter Urlaubsscheine auf welcher Rechtsgrundlage Kosten, Gebühren etc. erhoben (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

7. Wie viele Beschwerden zur Anwendungspraxis der §§ 57 und 58 sind der Landesregierung in den Jahren 2001 bis 2006 bekannt (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

8. Wie viele Widersprüche gegen ablehnende Bescheide wurden in den Jahren 2001 bis 2006 erhoben (bitte ggf. nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

9. Mit welchen Ergebnissen wurden diese Widerspruchsverfahren abgeschlossen (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

10. Wie viele Klageverfahren gegen ablehnende Bescheide wurden in den Jahren 2001 bis 2006 erhoben (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

11. Mit welchen Ergebnissen wurden diese Klageverfahren abgeschlossen (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)?

Die Zuständigkeit der Ausländerbehörden ist nur bei der Erlaubniserteilung nach § 58 Asylverfahrensgesetz gegeben, wenn der Ausländer nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Insofern können sich die bei den Landkreisen und kreisfreien Städten abgefragten Daten nur auf den § 58 beziehen.

Zu 1.: Das Thüringer Innenministerium hat für den Freistaat Thüringen die Verwaltungsvorschrift Handakte für die Ausländerbehörden herausgegeben. In der Handakte für die Ausländerbehörden werden u. a. Bearbeitungshinweise gegeben, um eine einheitliche Verfahrensweise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der Ausländerbehörden bei der Erteilung von Erlaubnissen zum Verlassen des Geltungsbereichs der Aufenthaltsgestattung (§§ 57, 58 zu gewährleisten, soweit die gesetzlichen Vorschriften inhaltsgleich sind.

Zu 2.: Die Landkreise und kreisfreien Städte richten sich bei der Erlaubniserteilung zum Verlassen des zugewiesenen Aufenthaltsbereichs nach den gesetzlichen Vorgaben des § 58 Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. In den Fällen des § 58 Abs. 2 soll die Erlaubnis erteilt werden, z. B. zur Wahrnehmung von Terminen bei Bevollmächtigten. Darüber hinaus kann gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 einem Ausländer auf Grund einer Ermessensentscheidung erlaubt werden, den Geltungsbereich der Aufenthaltsgestattung vorübergehend zu verlassen. Die Ausländerbehörden entscheiden im Wege einer Einzelfallprüfung, ob eine der Voraussetzungen erfüllt ist.

Zu 3.: Hierzu wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen.

Zu 4.: Nach einer Erhebung bei den Landkreisen und kreisfreien Städten werden von allen Ausländerbehörden Anträge auf das vorübergehende Verlassen des Geltungsbereiches der Aufenthaltsgestattung als Verwaltungsakte behandelt. Da § 58 keine spezialgesetzliche Regelung für die Form der Erlaubniserteilung bzw. -versagung enthält, finden die allgemeinen Vorschriften des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes Anwendung. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 kann ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 ist ein mündlicher Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. § 39 Abs. 1 Satz 1 sieht vor, dass ein schriftlicher oder elektronischer sowie schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen ist.

Nach einer Erhebung bei den Landkreisen und kreisfreien Städten werden die Bestimmungen des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes von allen Ausländerbehörden beachtet. Im Einzelnen wird auf die Antwort zur Frage 4 verwiesen.

Zu 6.: Die Ausländerbehörden der Stadt Gera sowie der Landkreise Sömmerda und Sonneberg erheben Gebühren bei erwerbstätigen Asylbewerbern bis zur Höhe von zehn Euro. Die Ausländerbehörde des Landkreises Weimarer Land erhebt eine Gebühr von zwei Euro und 50 Cent, wenn es einer Sachprüfung im Zuge einer Ermessensentscheidung bedarf. Die Ausländerbehörde des Landkreises Nordhausen erhebt abhängig vom Sachverhalt eine Gebühr von 10 Euro, sieht in Einzelfällen jedoch von der Erhebung dieser Gebühr ab (z.B. Besuch beim Bevollmächtigten). Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühren ist § 1 des Thüringer Verwaltungskostengesetzes in Verbindung mit der Anlage zu § 1 der Thüringer Allgemeinen Verwaltungskostenordnung Nr. 1.1. Sie eröffnet einen Gebührenrahmen von fünf bis fünftausend Euro. Als Maßstab für die Festsetzung der Gebührenhöhe stützen sich die Ausländerbehörden auf § 47 Abs. 1 Nr. 9

Aufenthaltsverordnung Dieser sieht für die Ausstellung einer Bescheinigung über das Aufenthaltsrecht oder sonstiger Bescheinigungen auf Antrag eine Gebühr in Höhe von zehn Euro vor.