Staatsanwaltschaft

Juli 2007 hat folgenden Wortlaut: Mitte der 90er Jahre wurde in Bleicherode im Landkreis Nordhausen von einer Firma Gereka ein Substrat produziert, welches als Gereka-Substrat zur Rekultivierung von Halden und Altdeponien verwendet worden ist. Das Substrat wurde u.a. zur Rekultivierung auf der ehemaligen Hausmülldeponie Dachsberg in Bleicherode verwendet, was nach Einschätzung des Landgerichts Mühlhausen nicht zur Rekultivierung beitrug, sondern zur fatalen Verschlimmerung der Schadstoffsituation führte und als Rekultivierungsmaßnahme völlig ungeeignet war. Nicht absehbare Kosten - allein für die Entsorgung der Sickerwässer - müssen derzeit von der Stadt Bleicherode allein getragen werden. Mehrere Anfragen des Landratsamtes Nordhausen zur o.g. Problematik an das Staatliche Umweltamt Sondershausen blieben unbeantwortet.

Aufgrund von Einzelablagerungsgenehmigungen des Staatlichen Umweltamtes ist dieses Substrat an vielen anderen Stellen im Freistaat abgelagert worden, u.a. in drei anderen Gemeindegebieten im Landkreis Nordhausen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist bisher in dem Gereka-Substrat allgemein oder in einzelnen Proben die Krebs erzeugende oder Krebs auslösende Chemikalie PFT nachgewiesen worden oder ist davon auszugehen, dass diese Chemikalie darin enthalten ist?

2. An welchen anderen Stellen im Freistaat kam es zu Ablagerungen dieses Substrates aufgrund von Genehmigungen des Staatlichen Umweltamtes in Sondershausen?

3. Waren die erteilten Genehmigungen zu den Einzelablagerungen rechtmäßig?

4. Sind in den beschriebenen Fällen personalrechtliche Konsequenzen eingeleitet worden?

5. Enthalten diese Ablagerungen Boden oder Wasser gefährdende Stoffe?

6. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um die Gefahren vor Ort zu beseitigen? Welche Behörde ist für die Gefahrenabwehr für diese Fälle derzeit zuständig?

7. Ist eine Zuständigkeitsänderung für diese Gefahrenabwehraufgabe geplant? Wenn ja, wer soll für diese Altfälle die Kosten tragen?

19. September 2007

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 5. September 2007 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Zum Einsatz von Gereka-Substrat für die Rekultivierung von Altablagerungen hat es bereits verschiedene Anfragen mit ähnlichen Fragestellungen, zuletzt vom Landrat des Landkreises Nordhausen gegeben. Diese Anfragen wurden durch das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) ausführlich beantwortet. Aktuell ist die Fragestellung zu den perfluorierten organischen Tensiden (PFT), deshalb dazu nachfolgend einige allgemeine Hinweise.

PFT sind eine Stoffklasse, welche in einer Vielzahl von industriellen und kommerziellen Anwendungen zum Einsatz kommt. Dazu gehören zum Beispiel die Verwendung zur Imprägnierung von Textilien und Papieren/Pappen oder zur Oberflächenveredlung von Metallen und der Einsatz in Kühlmitteln und Polymeren sowie als Komponenten in Pharmazeutika, Haushaltsreinigern, Schaumlöschmitteln, Schmierstoffen und Insektiziden. Aufgrund dieser vielfältigen Verwendungen und ihrer Stabilität gehören PFT inzwischen zu den ubiquitären (weit verbreiteten) Stoffen in der Umwelt. Besonders in Klärschlämmen aus Abwasserbehandlungsanlagen kann es zu Anreicherungen von solchen Stoffen über umweltverträgliche Konzentrationen hinaus kommen.

Zu 1.: Aufgrund von großflächigen Kontaminationen von landwirtschaftlichen Flächen durch mit PFT belastete Düngemittel auf Klärschlammbasis in Nordrhein-Westfalen wurden durch das Staatliche Umweltamt (SUA) Sondershausen im Oktober 2006 vorsorglich auch Untersuchungen des mit Klärschlämmen hergestellten Gereka-Bodensubstrats veranlasst. Hierbei wurden sowohl Proben aus der Abdeckschicht einer Altdeponie (Dachsberg Bleicherode) als auch vom Zwischenlager auf dem Gelände der Gereka Bleicherode analysiert. Die Ergebnisse lagen dabei im Bereich der Bestimmungsgrenze für PFT, bei einer Probe etwas darüber. Der vom Land Nordrhein-Westfalen als Grenzwert für die Verwertung von Klärschlämmen empfohlene PFT-Gehalt von 100 µg/kg TS liegt damit um ein Mehrfaches höher als der Gehalt in den Proben des Gereka-Substrats (10 bis 26 µg/kg), so dass diese Belastungen als nicht besorgniserregend eingestuft werden können. Unterstützt wird diese Aussage durch das Ergebnis von Untersuchungen des Sickerwassers der Altdeponie Dachsberg sowie von Wasserproben aus der Wipper. Bei diesen Proben lag der PFTGehalt immer unter dem vom Umweltbundesamt empfohlenen Zielwert für Trinkwasser von 0,1 µg/l.

Zu 2.: Es wurden für keine weiteren Standorte in Thüringen Genehmigungen des SUASondershausen zur Ablagerung von Gereka-Substrat bei Rekultivierungsmaßnahmen erteilt.

Zu 3.: Im Auftrag des TMLNU wurde bereits im Jahre 2003 bezüglich der beschriebenen Altablagerungen durch das Thüringer Landesverwaltungsamt eine verwaltungsrechtliche und fachliche Prüfung hinsichtlich der Einhaltung abfall- und altlastenrechtlicher Anforderungen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Sanierungs- bzw. Rekultivierungsanordnungen für diese Altablagerungen rechtmäßig waren. Im Übrigen erfolgte mit diesen Anordnungen keine Zulassung für die Verwendung von Gereka-Substrat als Rekultivierungsmaterial.

Eine Genehmigung zum Einsatz von Gereka-Substrat erfolgte nachträglich auf Antrag der rekultivierungsverantwortlichen Gemeinden bzw. der von diesen beauftragten Dritten. In zwei Fällen wurde seitens des SUA Sondershausen die Ablagerung von Gereka-Substrat im Rahmen des Abnahmebescheids geduldet.

Nach den Rekultivierungsanordnungen waren die Gemeinden als Rekultivierungsverantwortliche verpflichtet, alle Maßnahmen zur Rekultivierung der Altablagerungen zu betreuen und zu überwachen.

Zu 4.: Die damit im Zusammenhang stehenden Vorgänge waren nach Ablauf von drei Jahren aus den Personalakten zu entfernen und zu vernichten.

Nach Abschluss der im Zusammenhang mit der Altdeponie Dachsberg laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kann über weitere Maßnahmen abschließend entschieden werden.

Zu 5.: Das zur Rekultivierung der Altdeponie Dachsberg eingesetzte Gereka-Substrat stellt aufgrund der Schadstoffgehalte und der weit über die erlaubte Schichtdicke aufgebrachten Menge eine Schadstoffquelle für den Sickerwasserpfad dar. Deshalb werden diese Sickerwässer erfasst und entsorgt. Entsprechende Schadstoffe im Grundwasser wurden bisher nicht festgestellt.

Zur Abschätzung der Gefährdungssituation an den eingangs der Fragestellung nicht näher bezeichneten drei anderen Gemeindegebieten im Landkreis Nordhausen (hierbei handelt es sich um die Gemeinden Haferungen, Rehungen und Kehmstedt) wurde durch die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) im Jahr 2003 eine Bewertung der jeweiligen hydrogeologischen Standortverhältnisse unter Berücksichtigung von Grundwasseruntersuchungen vorgenommen.

Im Ergebnis dieser Bewertung durch die TLUG wurde durch das festgestellt, dass bei allen drei Standorten keine Gefährdung der Schutzgüter Boden und Grundwasser zu besorgen ist.

Zu 6.: Zuständig für die Anordnung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ist das SUA Sondershausen.

Für die Altdeponie Dachsberg wurde durch das SUA Sondershausen eine qualifizierte Gefährdungsabschätzung veranlasst, deren abschließendes Ergebnis noch nicht vorliegt. Auf dieser Grundlage können Entscheidungen über die weitere Verfahrensweise oder ggf. erforderliche weitergehende Maßnahmen getroffen werden.

Hinsichtlich der anderen genannten Standorte sind keine Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erforderlich.

Zu 7.: Im Zusammenhang mit der geplanten Auflösung der Staatlichen Umweltämter ist für den Bereich Bodenschutz/Altlasten eine Aufgabenübertragung auf die Landkreise/kreisfreien Städte, in den Fällen der Selbstbetroffenheit auf das vorgesehen.

Auch bei einer geänderten Zuständigkeitsregelung für die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind nach wie vor die Sanierungs- bzw. Rekultivierungsverantwortlichen, d. h. die betreffenden Gemeinden, verpflichtet, die Kosten zu tragen.