Versicherungspflicht

Es ist bedauerlich, dass sich der Bund für den Bereich der Bundesliegenschaft nicht der unverzüglichen Sanierung der Landesliegenschaft durch das Land Hessen angeschlossen hat. Trotz mehrfachen Anfragens konnte sich die Bundesregierung nicht zu einer gleichzeitigen Sanierung entschließen. Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass die Landesregierung mit der zügigen Sanierung dieser Altlast einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Umweltpolitik erbracht hat, während der Bund insofern noch in der Pflicht steht.

Legt man die Gesamtkosten der Bodensanierung auf die verkaufbare Gesamtfläche des sanierten Grundstückes um, so ergeben sich hier Kosten in Höhe von ca. 825 /m².

Die sanierten Grundstücke werden von der Stadt als Baugrundstücke zu einem Preis von 300 /m² verkauft zuzüglich Erschließungskosten, die im Mittel 25/m² betragen. Nach Aussage des Gutachterausschusses wurden die letzten Grundstücke des - in vergleichbarer Wohnlage befindlichen - Franzosenviertels mit 500 /m² verkauft.

Die Möglichkeit einer integrierten Planung wird somit immer zu prüfen, aber wohl kaum systematisch einsetzbar sein.

Zu d) In der kommunalen Altlastensanierung werden auch die kleineren Kommunen durch die Regelungen der Hessischen Altlasten-Finanzierungsrichtlinien (Höhe der Förderung entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kommune zwischen i.d.R. 70 und 90 v.H.) in die Lage versetzt, eine Altlastensanierung nach den gesetzlichen Regelungen durchzuführen. Da hierbei die planungsrechtlich zulässige Nutzung bedeutsam ist, können die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen und ihre Finanzierung auf die jeweilige Nutzung ausgerichtet werden. Durch Beratung der Gemeinden durch die für Altlasten und Bodenschutz zuständigen Behörden können weitere wesentliche Unterstützungen erfolgen.

Ein Zwischenerwerb von Grundstücken ist grundsätzlich möglich. In der Praxis wird er aber wegen der neben den Sanierungskosten zusätzlich anfallenden Kosten für Grundstückserwerb, Grunderwerbssteuer u.a.m. kaum zu realisieren sein. Eine solche Maßnahme wird darüber hinaus durch die oftmals nicht einschätzbare Möglichkeit einer späteren Vermarktung des Projektes noch zusätzlich erschwert. Eine Übernahme durch die jeweilige Gemeinde hingegen ist vor dem Hintergrund sinnvoll, dass die Kommune zumeist ohnehin Flächen benötigt, um ihre Planungshoheit auch tatsächlich ausüben zu können. In Verbindung mit dem Eigentumstitel macht auch ein Projektmanagement Sinn.

Frage 11. Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz sind auch Grundstückseigentümer, die nicht Verursacher einer Altlast sind, zu den notwendigen Sanierungskosten, in der Regel begrenzt auf den Grundstückswert, heranzuziehen. Sieht die Landesregierung den Bedarf und gegebenenfalls die Möglichkeit, solche Betroffenen zu unterstützen?

§ 12 bestimmt, dass Eigentümer dann nicht zur Sanierung verpflichtet sind, wenn sie eine bestehende Verunreinigung beim Erwerb weder kannten noch kennen mussten, von einer abgeschlossenen Sanierung ausgehen durften oder von einer Aufhebung der Altlastenfeststellung Kenntnis hatten.

Diese Bestimmung enthält das nicht.

Da das Bundesrecht insofern vorrangig ist, sind auch gutgläubige Eigentümerinnen und Eigentümer sanierungspflichtig. Insbesondere im Bereich baulicher Altlasten hätte dies zu kaum zumutbaren Folgen für die Betroffenen geführt. Die Landesregierung hat diese Problemstellung erkannt und eine für alle Betroffenen zufrieden stellende Lösung erarbeitet. Zur Entlastung der betroffenen Bewohner der Altlasten in Lampertheim/Neuschloß, Bad Homburg/Vossen und Stadtallendorf unterbreitete sie dem Haushaltsgesetzgeber einen Vorschlag, den dieser in den Haushaltsplan 2002 aufgenommen hat: Abweichend von § 35 LHO werden im Wege der Verrechnung gegen Wertausgleichsforderungen nach § 25 oder Zahlungsansprüche infolge der Ausführung der Sanierungen durch das Land an private gutgläubige Eigentümer sanierter Grundstücke und deren Erben in den in den Altlastengebieten Lampertheim-Neuschloß, Bad Homburg/Vossen und Stadtallendorf/WASAGGelände Zuwendungen gewährt. Der verbleibende Finanzierungsanteil der Eigentümer in den jeweiligen Sanierungsgebieten beträgt 10 v.H., maximal

7.670, und wird bei Titel 119 71 vereinnahmt. Die Regelung wird in die Sanierungsvereinbarungen aufgenommen, die zwischen Land und Sanierungsverantwortlichen abzuschließen sind. Begünstigt werden auch die Erben der Sanierungsverantwortlichen sowie sonstige Rechtsnachfolger, die nach Abschlussder Vereinbarungen das Eigentum erwerben oder ein Grundstück vor dem des Bundes-Boden-schutzgesetzes in schützenswertem Vertrauen erworben haben.

Frage 12. Die Revitalisierung von Altlasten/Brachflächen kann einen merklichen Beitrag zur Schonung der Ressource Boden bei der Bereitstellung von Bauland leisten. Sieht das Land Möglichkeiten für eine systematische Berücksichtigung dieses Aspektesbei den bau- bzw. landesplanerischen Überlegungen?

Der Aspekt der Revitalisierung von Brachflächen (Industrie- und Gewerbebrachen, ehemalige militärische Liegenschaften, entbehrliche Bahnflächen usw.) und einer Schonung der Ressource Boden wird im Landesentwicklungsplan Hessen 2000 (LEP) ausdrücklich berücksichtigt. So heißt es im LEP: Grundsätzlich soll vor der planerischen Ausweisung oder Inanspruchnahme zusätzlicher Freiflächen für Wohnen das Wohnungsangebot durch Maßnahmen der städtebaulichen Sanierung und Stadterneuerung, Modernisierung, Dorferneuerung, Aktivierung und Ergänzung vorhandener Baugebiete und ähnliche Maßnahmen, wie z. B. Konversionen ehemals militärischer oder industrieller Liegenschaften, im Zusammenhang mit der bebauten Ortslage verbessert werden.

Vor der Ausweisung zusätzlicher Flächen sollte geprüft werden, ob vorhandene ungenutzte Gewerbeflächen, Gewerbebrachen, ehemals militärisch genutzte Flächen und andere unter Berücksichtigung eines vertretbaren Kosten- und Zeitaufwands reaktiviert werden können.

Der Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen ist vorrangig in den vorhandenen Siedlungsgebieten durch Verdichtung der Bebauung und durch Umnutzung von Flächen zu decken. Durch den Stadtumbau sollen Belastungssituationen verbessert und nachteilige Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne einer ökologischen Stadterneuerung gemindert werden.

Die erneute Nutzung und städtebauliche Integration von großflächigen Umstrukturierungsbereichen (ehemals militärisch genutzten Flächen, Industrieund Gewerbebrachen) wird durch Maßnahmen zur Umnutzung und durch entsprechende Schwerpunktsetzungen im Rahmen der Wohnungsbauprogramme unterstützt.

Diese im LEP genannten Grundsätze finden ihre Entsprechungen in den siedlungsstrukturellen Kapiteln der Regionalpläne.

Der Prozess der Revitalisierung und Mobilisierung wird im Rahmen zahlreicher Förderprogramme des Landes unterstützt und gefördert, und zwar durch Fördermaßnahmen sowohl zugunsten der gewerblichen Wirtschaft als auch zugunsten der Kommunen und nicht gewinnorientierter Organisationen/Gesellschaften.

Darüber hinaus hat das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung im Jahr 2001 durch die Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Hessen (FEH) eine Studie Mobilisierung von gewerblichen und industriellen Brachflächen erstellen lassen.

Diese Studie enthält unter anderem detaillierte Handlungsempfehlungen insbesondere für die Kommunen zur Mobilisierung von Brachflächen.

Im Übrigen ist die Revitalisierung von Altlasten und Brachflächen den Gemeinden unmittelbar durch die Bodenschutzklausel des Baugesetzbuchs aufgegeben. Nach § 1 a Abs. 1 soll mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden.

Nach § 1 Abs. 5 Nr. 7 sind die Belange des Bodens bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich unmittelbar die Verpflichtung für die Gemeinden, bei der Bereitstellung von Bauland die Mobilisierung von Brachflächen und von Flächen mit Altlasten systematisch zu berücksichtigen.

Auch die derzeit von Hessen selbst oder mit Bund und EU aufgelegten Förderprogramme für die gewerbliche Wirtschaft können bei der Reaktivierung und grundsätzlich auch bei der Sanierung von Gewerbebrachen zum Tragen kommen. Die Förderprogramme im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Ve r besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und das Hessische Strukturförderungsprogramm sind seit Januar 2002 in den neu gefassten Richtlinien des Landes Hessen zur Förderung der regionalen Entwicklung, Teil II Nr. 1 Betriebliche Investitionen - und Teil II Nr. 4 - Infrastrukturen für die Ansiedlung und Entwicklung von Unternehmen - aufgeführt.

Frage 13. Für die Zukunft sollte Vorsorge gegen das Auftreten neuer herrenloser Altlasten getroffen werden, da diese letztlich der Allgemeinheit zur Last fallen. Denkbar ist in diesem Zusammenhang eine entsprechende Versicherungspflicht beim Umgangmit gefährdenden Stoffen oder ein Solidarfonds entsprechender Betriebe (etwa nach dem Modell der Banken zum Schutz der Kunden bei Illiquidität in diesem Bereich Überlegungen der Landesregierung?

Kontaminierte Grundstücke (Altlasten) sind zweifellos Schäden an der Umwelt. Soweit sie auf industrieller/gewerblicher Tätigkeit beruhen, sind sie sachlich gleichwertig zu den bekannteren Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb, bei denen Schäden an Menschen, Sachen und Umwelt eintreten können und für die der verursachende Betrieb Haftungsansprüche gegen sich gelten lassen muss. Im Unterschied zu diesen werden Altlasten nicht während des laufenden Betriebes, sondern erst nach dessen Einstellung evident, wenn die Leistungsfähigkeit eines eventuellen Sanierungspflichtigen zusätzlich infrage gestellt ist. Die während der Betriebszeit übliche, von der Wirtschaftskraft des Handelnden unabhängige Sicherstellung der Bedienung solcher Haftungsansprüche durch Versicherungen oder Sicherheitsleistungen ist für die Nachbetriebszeit derzeit nur in vereinzelten Bereichen eingeführt (z.B. Sicherheitsleistungen nach bei Abfallanlagen oder die finanziellen Vorkehrungen für die Nachbetriebsphase von kerntechnischen Anlagen). Demzufolge wird bezüglich solcher Altlasten die Allgemeinheit mit dem Bedarf für dringende, in der Regel auch kostenträchtige Ersatzvornahmen zum Schutze der Umwelt konfrontiert und daraus resultierend auch mit aufwendigen Bemühungen, um die gemäß Bodenschutzrecht möglicherweise Sanierungspflichtigen doch noch heranzuziehen, wobei die Erfolgsquote bei diesen Bemühungen nicht sehr hoch ist.

Diese Situation ist exakt mit der Formulierung umschrieben, dass hier das Ordnungsrecht in einem (abgegrenzten) Bereich des Umweltschutzes an seine Grenzen gelangt ist, zumal behördliche Bemühungen oftmals nicht mehr dem eigentlichen Umweltschutz dienen, sondern der juristischen Auseinandersetzung. Gerade für diesen Bereich ist das Institut der Umweltallianz eingerichtet worden (Broschüre Umweltallianz Hessen des HMULF); hier soll durch stärkere Abstützung auf die Eigenverantwortung der Industrie ein geringerer Eingriffsbedarf der Verwaltung erreicht werden und damit i.S. des Umweltschutzes nicht zielführende Konflikte vermieden werden.

Es böte sich deshalb an, dass die Lösung zu dem Problem der herrenlosen Altlasten als ein Teil der Nachsorge aus industrieller Tätigkeit, bei dem die fachlichen und rechtlichen Standpunkte durchaus noch als kontrovers zu bezeichnen sind (wie die Diskussion zum Umwelthaftungsgesetz zeigt), im Rahmen der Umweltallianz in Form eines Solidarfonds unter wesentlicher Beteiligung der Wirtschaft gestaltet wird, wobei - wie auch in der Fragestellung formuliert - das Modell des Anlagensicherungsfonds der Banken zur Abwehr von Schäden von deren Kunden durchaus als Anregung bzw. als Modell dienen kann.

Entsprechende Überlegungen und Gespräche hierzu werden von der Landesregierung seit einiger Zeit angestellt, bedürfen jedoch noch weiterer Diskussion.