Horten

Um eine effiziente Verwaltung auch künftig zu gewährleisten und eine sinkende Qualität der Dienstleistung zu vermeiden, ist es zudem erforderlich, Maßnahmen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren zu ergreifen und die Verwaltung von unnötigen Aufgaben zu entlasten. Mit der Einführung des § 68 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der jeweils geltenden Fassung durch Artikel 1 Nr. 8 Buchst. a des Gesetzes vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1626) wurde den Ländern die Möglichkeit eröffnet, das Widerspruchsverfahren bereichsspezifisch, also innerhalb eines bestimmten Rechtsgebietes für bestimmte Verfahrensmodalitäten, aber auch für ein ganzes Rechtsgebiet insgesamt auszuschließen.

Nachdem der Gesetzgeber in Thüringen bislang nur in Teilbereichen, wie zum Beispiel bei Verwaltungsakten der Polizei (§ 8 a des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - - in der Fassung vom 15. Dezember 1992 - GVBl. S. 576 - in der jeweils geltenden Fassung) und Verwaltungsakten der unteren Jagdund Fischereibehörden (§ 8 b die Durchführung eines Vorverfahrens nach den §§ 68 fortfolgende bereichsspezifisch gesetzlich für entbehrlich eingestuft hat, soll mit dem Thüringer Gesetz zur Neuordnung der Durchführung von Widerspruchsverfahren eine umfassendere sachbereichsspezifische sowie instanzielle Abschaffung des Widerspruchsverfahrens erfolgen. Im Rahmen der Prüfungen zur Verschlankung des Landesverwaltungsamts wurde unter anderem festgestellt, dass in einer Vielzahl von Tätigkeitsbereichen des Landesverwaltungsamts Widerspruchsverfahren für die Selbstkontrolle der Verwaltung nicht erforderlich sind. In der Regel weichen die Widerspruchsbescheide von den Ausgangsbescheiden weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht ab. Auch haben in diesen Fällen die Widerspruchsverfahren keinen Entlastungseffekt für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, da sie in der Regel nicht zur Befriedung beitragen, sondern lediglich die Prozessvoraussetzungen für die Klageerhebung schaffen. Der Ablauf des Verfahrens wird dadurch nur verzögert und die Verwaltung an einer effizienten Tätigkeit gehindert.

21. Februar 2008

Vorabdruck verteilt am: 17. Januar 2008

Zudem ist eine Vereinheitlichung des Widerspruchsverfahrens im Hortkostenbeteiligungsverfahren vorgesehen. Bestandteil der Hortkostengebühr sind zum einen die Personalkosten und zum anderen die Betriebskosten. Derzeit stellt sich die Rechtslage in der Form dar, dass für die Bearbeitung der Widersprüche hinsichtlich der Beteiligung an den Personalkosten aufgrund des § 124 Nr. 2 Halbsatz 2 der Thüringer Kommunalordnung und § 73 Abs. 1 Satz 2 die kommunalen Schulträger und damit die Ausgangsbehörde zuständig ist. Für die Bearbeitung der Widersprüche hinsichtlich der Beteiligung an den sonstigen Betriebskosten ist hingegen nach § 124 Nr. 1 die Rechtsaufsichtsbehörde (Landratsamt oder Landesverwaltungsamt) zuständig.

Somit entscheiden zwei Behörden über verschiedene Teile eines Bescheids.

Nach der geltenden Rechtslage ist das Landesverwaltungsamt als zuständige Fachaufsichtsbehörde nach § 2 Abs. 1 des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung vom 29. Mai 2002 (GVBl. S. 201) in der jeweils geltenden Fassung die nächst höhere Behörde und damit nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 zuständige Widerspruchsbehörde für alle gegen Bescheide der Ämter für Ausbildungsförderung bei den kreisfreien Städten und Landkreisen sowie beim Studentenwerk Thüringen eingelegten Widersprüche.

Mit der Zusammenlegung des Studentenwerks Jena-Weimar und des Studentenwerks Erfurt-Ilmenau zum 31. Dezember 2006 nach § 15Abs. 7 des Thüringer Studentenwerksgesetzes in der Fassung vom 9. März 2006 (GVBl. S. 68) in der jeweils geltenden Fassung gibt es in Thüringen nur noch das Studentenwerk Thüringen mit Sitz in Jena.

In der Folge gibt es auch nur noch ein Amt für Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Thüringen. Damit ist das Bedürfnis der Koordinierung divergierender Entscheidungen mehrerer Ämter für Ausbildungsförderung der Studentenwerke innerhalb des Landes entfallen. Ferner ist das Erfordernis einer differenzierten Regelung des Zuständigkeitsbereichs des Amtes für Ausbildungsförderung, die bislang durch Bezugnahme auf das Thüringer Studentenwerksgesetz erfolgt ist, entfallen.

B. Lösung:

Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Durchführung von Widerspruchsverfahren soll zum einen das Ziel erreicht werden, das Widerspruchsverfahren in all denjenigen Bereichen abzuschaffen, in denen die Nachteile, wie insbesondere die lange Verfahrensdauer, die Vorteile deutlich überwiegen, zum Beispiel weil eine nur geringe Erfolgsquote und eine ebenfalls kaum ins Gewicht fallende Befriedungswirkung zu verzeichnen sind. Um diese Bereiche im Einzelnen herauszufiltern, wurde im Landesverwaltungsamt eine Fallanalyse durchgeführt, aus der die Zahlen für die erlassenen Ausgangsbescheide, die eingelegten Widersprüche, die aufgehobenen Ausgangsbescheide (durch Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid), die erhobenen Klagen sowie die erfolgreichen Klagen für die vom Landesverwaltungsamt geführten Verfahren hervorgehen. Das Zahlenmaterial bezieht sich auf den Zeitraum der Jahre 2000 bis 2004. In der Begründung wird auf die Ergebnisse dezidiert Bezug genommen.

Des Weiteren wurde eine Länderumfrage durch das Innenministerium sowie eine inhaltsgleiche Länderumfrage durch das Justizministerium durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Länderumfragen sind ebenfalls in die Begründung eingeflossen.

Zur Feststellung einer Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in bestimmten Bereichen und damit zur Ermittlung, in welchen Rechtsbereichen ein dauerhafter Ausschluss des Widerspruchsverfahrens zweckmäßig ist, bietet sich eine befristete Erprobung an. Gerade im Hinblick auf die Zuständigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften kann hier verwertbares Datenmaterial erhoben werden. Mit den hierdurch gewonnenen Erkenntnissen kann über eine Fortgeltung des Gesetzes über den Erprobungszeitraum hinaus entschieden werden.

Neben dem Landesverwaltungsamt sind auch die kommunalen Gebietskörperschaften von der sachbereichsspezifischen Abschaffung des Widerspruchsverfahrens betroffen. Es wird davon ausgegangen, dass im kommunalen Bereich ebenfalls mit deutlichen Entlastungseffekten zu rechnen ist.

Insbesondere soll die Erprobungsphase aufzeigen, inwieweit sich die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens auf die Anzahl der Verwaltungsstreitverfahren auswirkt. Die durchgeführte Länderumfrage ergab, dass in anderen Ländern, in denen das Vorverfahren in bestimmten Bereichen abgeschafft wurde, eine Erhöhung der Personalkapazitäten an den betroffenen Verwaltungsgerichten bisher nicht erforderlich gewesen ist.

Es ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz im Interesse der Bescheidadressaten erforderlich, die Zuständigkeiten im Widerspruchsverfahren im Hortkostenbeteiligungsverfahren zusammenzuführen. Für die Bearbeitung der Widersprüche gegen die Beteiligung an den Hortkosten in Bezug auf Personal- und Betriebskosten soll einheitlich das Landesverwaltungsamt zuständig sein.

Die Zusammenlegung der Studentenwerke Erfurt-Ilmenau und zum Studentenwerk Thüringen ist unter anderem mit dem Ziel der Deregulierung erfolgt. Als eine Konsequenz dieser Maßnahme wird die Zuständigkeit für die Entscheidungen über Widersprüche gegen Verwaltungsakte des Amtes für Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Thüringen vom Landesverwaltungsamt auf beim Studentenwerk Thüringen als Ausgangsbehörde verlagert. Durch die Beibehaltung des Landesverwaltungsamtes als Fachaufsichtsbehörde sowohl über die Ämter für Ausbildungsförderung bei den kreisfreien Städten und Landkreisen als auch über das Amt für Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Thüringen wird dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Entscheidungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645, 1680) in der jeweils geltenden Fassung zu gewährleisten, ausreichend Rechnung getragen.

In Thüringen wird unter Beibehaltung des Widerspruchsverfahrens die Zuständigkeit für die Entscheidungen über Widersprüche - analog der Regelung in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein - dahin gehend geändert, dass das Amt für Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Thüringen als Ausgangsbehörde auch Widerspruchsbehörde wird. Nach den Erfahrungen der genannten Länder hat sich die Regelung in der Praxis seit Jahren bewährt. Da das aus den Studentenwerken Erfurt-Ilmenau und Jena-Weimar gebildete Studentenwerk Thüringen aufgrund langjähriger Erfahrung über die erforderliche Fachkompetenz verfügt, ist eine Befristung nicht geboten.