Fortbildung

Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung

5 Organisation, Verfahren und Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in der Landesverwaltung (Einzelpläne 03 bis 10)

Der im Jahre 2002 von der Landesregierung in Kraft gesetzten Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung in der öffentlichen Verwaltung des Freistaates Thüringen messen die Behörden häufig nicht die ihr gebührende Bedeutung bei. Die praktische Umsetzung der Richtlinie durch entsprechende Maßnahmen und die Installierung geeigneter Verfahren weisen teilweise noch erhebliche Mängel und Defizite auf.

Mit Wirkung vom 22. Oktober 2002 wurde für den Freistaat Thüringen zur Korruptionsvorbeugung die Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung in der öffentlichen Verwaltung des Freistaates Thüringen in Kraft gesetzt.

Der Thüringer Rechnungshof hat von Mai 2005 bis April 2006 in allen acht Ministerien und 64 ausgewählten Behörden verschiedener Geschäftsbereiche die Organisation, das Verfahren und die Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung geprüft.

Er hat bei seiner Prüfung im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Trotz der in der Richtlinie geforderten Feststellung der besonders korruptionsgefährdeten Bereiche ist diese in rund 40 v. H. der geprüften 72 Behörden noch nicht erfolgt. Eine Definition der besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereiche fehlt in der Richtlinie.

Lediglich in der Umsetzungshilfe Kriterienkatalog ­ korruptionsgefährdeter Bereiche der Leitstelle Innenrevision beim Innenministerium ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen korruptionsgefährdeten und besonders korruptionsgefährdeten Bereichen vorgenommen worden.

Von den 44 Behörden, die die besonders korruptionsgefährdeten Bereiche festgestellt haben, haben 25 Behörden noch keine Risikoanalyse durchgeführt, wie dies gemäß der Richtlinie vorgesehen ist.

Die gemäß der Richtlinie zur Verhütung und Aufdeckung von Korruptionsfällen geforderten entsprechenden Prüfungen durch die Antikorruptionsbeauftragten (AKB) wurden lediglich erst in 10 der geprüften 72 Behörden durchgeführt.

Lediglich in 19 der 72 geprüften Behörden wurden die Bediensteten zum Thema Korruptionsbekämpfung geschult, obwohl entsprechende Seminarangebote der Staatskanzlei vorhanden waren. Eine obligatorische Fortbildung für Führungskräfte zu dieser Thematik ist lediglich in 6 der 72 befragten Behörden vorgesehen.

Außerdem haben von den 34 in den Behörden bestellten AKB 21

Beauftragte zur Qualifizierung für ihre Aufgabe noch keine Fortbildungsveranstaltung zur Thematik der Korruptionsbekämpfung besucht.

Die Personalrotation als wichtiges und wirksames Instrument der Korruptionsprävention wird in 69 der 72 befragten Behörden nicht eingesetzt.

Hinsichtlich der Zusammenarbeit der AKB innerhalb der Geschäftsbereiche der Ressorts, zwischen den Ressorts sowie mit der Leitstelle Innenrevision haben die örtlichen Erhebungen u. a. Folgendes ergeben:

Ein regelmäßiger Informationsaustausch und eine Abstimmung der Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung finden lediglich im Bereich des TFM und des TMBV statt;

Die Leitstelle Innenrevision führte bisher nur anlassbezogene, aber keine regelmäßigen Dienstberatungen mit den AKB der obersten Landesbehörden durch;

Die Leitstelle Innenrevision wird bisher von den Ministerien und Behörden nur sehr unzureichend über alle auftretenden einschlägigen Vorgänge (Korruptionsfälle) informiert (z. B. nur punktuell und nicht in allen Fällen, nicht rechtzeitig, nicht umfassend).

Der Rechnungshof hat positiv gewürdigt, dass die Landesregierung mit dem Erlass der Richtlinie der Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention in der Landesverwaltung den ihr gebührenden zu Tz. 5

Die Landesregierung wird aufgrund der Anregungen des TRH auch weiterhin die notwendigen Anstrengungen unternehmen, um der Korruptionsprävention und ­bekämpfung in der Landesverwaltung entsprechend den Anforderungen gerecht zu werden.

Insbesondere sollen dazu

- die korruptionsgefährdeten Bereiche möglichst flächendeckend festgelegt,

- das Führungspersonal in regelmäßigen Abständen über die Möglichkeit zur Korruptionsprävention und ­bekämpfung hingewiesen und

- die Abstimmung zwischen den Antikorruptionsbeauftragten intensiviert und zur Teilnahme an den einschlägigen Fortbildungsmaßnahmen aufgefordert werden.

Thüringer Staatsanzeiger, 2002, Nr. 42 vom 21. Oktober 2002, S. 2540-2544.

Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung

Stellenwert eingeräumt hat. Wie jedoch die Feststellungen zeigten, sind bezüglich der praktischen Umsetzung der Richtlinie noch eine Reihe von ­ teilweise erheblichen ­ Mängeln und demzufolge ein entsprechender Handlungsbedarf vorhanden. Wesentliche Voraussetzung zur wirksamen Umsetzung der Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ist, dass die Leitungsebene jeder Behörde, insbesondere die der obersten Landesbehörden, diese Thematik als wichtige Führungsaufgabe versteht und die zügige und nachhaltige Umsetzung der Korruptionsrichtlinie mit Nachdruck befördert. Außerdem ist es nach Auffassung des Rechnungshofs dringend notwendig, dass die Leitstelle Innenrevision als zentrale Melde- und Informationsstelle für die Korruptionsbekämpfung im Freistaat ihre koordinierende Tätigkeit weiter verstärkt.

Abschließend hat der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass zur Erreichung des in der Richtlinie formulierten Ziels die von ihm festgestellten Umsetzungsmängel und Defizite alsbald behoben werden müssen und hierzu folgende Empfehlungen und Anregungen gegeben:

In die Richtlinie sollte eine differenzierende und praktikable Definition der korruptionsgefährdeten und der besonders korruptionsgefährdeten (Arbeits-)Bereiche aufgenommen werden. Hierbei könnte die Richtlinie des Bundes zur Korruptionsbekämpfung entsprechend genutzt werden.

Als unabdingbare Voraussetzung für eine wirksame und nachhaltige Umsetzung der Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sind in allen Behörden die korruptionsgefährdeten und besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereiche festzustellen und für jedes Ressort ein Konzept zur Korruptionsbekämpfung zu entwickeln.

Hierzu wird in Anlehnung an die Umsetzungshilfe zur Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention13 ein zweistufiges Verfahren empfohlen:

1. Stufe: Auswertung von Organigrammen und Geschäftsverteilungsplänen;

2. Stufe: Erfassen besonders korruptionsgefährdeter Arbeitsvorgänge und bereits vorhandener Sicherungen.

Als weitere Möglichkeit zur Feststellung der besonders korruptionsgefährdeten Bereiche und für die Durchführung von Risikoanalysen wird auf die Erstellung eines Gefährdungsatlasses verwiesen.

Die Tätigkeit als AKB sollte bei den entsprechenden Bediensteten in deren Arbeitsplatz- bzw. Dienstpostenbeschreibung aufgenommen und mit einem angemessenen zeitlichen Anteil an ihrer gesamten Tätigkeit berücksichtigt werden. Dies könne dazu beitragen, die Anzahl der gemäß der Richtlinie geforderten entsprechenden Prüfungen durch die AKB zur Verhütung und Aufdeckung von Korruptionsfällen wesentlich zu erhöhen.

Die Fortbildung der Bediensteten ­ insbesondere in besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen tätige Bedienstete, Führungskräfte, die AKB und deren Stellvertreter ­ sollte intensiviert werden. Hierbei sollte die Leitstelle Innenrevision in Zusammenarbeit mit der Thüringer Staatskanzlei prüfen, ob sich die Thematik der Korruptionsbekämpfung auch in andere Fortbildungsangebote integrieren lässt.

In den besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen der Behörden sollte die Personalrotation verstärkt werden. In Arbeitsbereichen, in denen dies nicht möglich ist, sind andere geeignete Sicherungsmechanismen zu installieren.

Die Leitstelle Innenrevision als zentrale Melde- und Informationsstelle der Behörden für die Korruptionsbekämpfung im Freistaat sollte ihre koordinierende Tätigkeit weiter verstärken. Als grundlegende Voraussetzung zur Gewährleistung dieser Tätigkeit ist durch geeignete Regelungen und Maßnahmen sicherzustellen, dass die Behörden des Freistaates die Leitstelle über alle einschlägigen Vorgänge zeitnah und umfassend unterrichten.

Die Leitstelle Innenrevision und die Ressorts haben in ihren Stellungnahmen generell zum Ausdruck gebracht, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs eine gute Grundlage für die weiteren Aktivitäten zur Korruptionsbekämpfung darstellten. Insbesondere die Empfehlungen zur Verbesserung der Fortbildung und der Zusammenarbeit der AKB hätten Zustimmung gefunden. Einige Ressorts

Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung vom 30. Juli 2004, Bundesanzeiger, 56. Jg., 2004, Nr. 148, S. 17745.

Umsetzungshilfe zur Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung (RL), www.bmi.bund.de Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung hätten bereits zusätzliche Maßnahmen zur Vorbeugung von Korruption, z. B. die Feststellung der besonders korruptionsgefährdeten Bereiche, eingeleitet.

Das Thüringer Innenministerium/Leitstelle Innenrevision hat in seiner Stellungnahme darüber hinaus mitgeteilt, dass es keine Notwendigkeit sehe, eine Definition der korruptionsgefährdeten und der besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsbereiche in die Richtlinie aufzunehmen, da die bestehende Regelung in der Umsetzungshilfe Kriterienkatalog ­ korruptionsgefährdeter Bereiche ausreichend sei.

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat zu der Feststellung des Rechnungshofs bezüglich der unzureichenden Information der Leitstelle Innenrevision durch die AKB mitgeteilt, dass dies für ihr Haus nicht zutreffe. In den letzten Jahren habe es einen Korruptionsverdachtsfall gegeben und über diesen sei die Leitstelle Innenrevision informiert worden. Die vom Rechnungshof angeregte Erarbeitung eines ressortbezogenen Konzeptes zur Korruptionsbekämpfung werde angesichts der geringen Personalausstattung für nicht realisierbar gehalten. Nach Auffassung des Ministeriums sei dies Aufgabe der Leitstelle Innenrevision.

Der Rechnungshof begrüßt die Bereitschaft der Ressorts, künftig der Korruptionsprävention und -bekämpfung einen größeren Stellenwert beizumessen. Besonders positiv bewertet er, dass einige Ressorts umgehend bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben und/oder einleiten wollen.

Bezüglich der Empfehlung nach der Aufnahme einer eindeutigen Definition und gegenseitigen Abgrenzung der korruptionsgefährdeten und der besonders korruptionsgefährdeten Bereiche in der Richtlinie bleibt der Rechnungshof bei seiner Auffassung. Die Veröffentlichung in den Umsetzungshilfen des Thüringer Innenministeriums hält der Rechnungshof nicht für ausreichend, da sie keine Verbindlichkeit hat. Die Aufnahme in die Richtlinie verdeutlicht zudem die Verpflichtung zur Feststellung dieser Bereiche, die in 40 v. H. der geprüften Stellen immer noch nicht erfolgt ist. Ebenso sollte für die korruptionsgefährdeten Bereiche ein Konzept zur Personalrotation erstellt werden.

Außerdem sind in den Ressorts, in denen keine Innenrevision besteht, die personellen Voraussetzungen für eine intensivere Tätigkeit der AKB zu schaffen und die Sensibilisierung sowie die Fortbildung aller Mitarbeiter zu verstärken.

Der Rechnungshof erwartet daher, dass von allen Ressorts und insbesondere von der Leitstelle Innenrevision die notwendigen Anstrengungen intensiv und konsequent fortgesetzt werden, um die Korruptionsprävention und -bekämpfung in der Landesverwaltung weiter zu verbessern.