Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann beginnt bzw. endet die Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts und auf welche Aufgaben, Pflichten und Handlungen bezieht sich diese Aufsichtspflicht und nach welchen Kriterien hat das Gericht diese Pflicht auszuüben?

2. Unter welchen Voraussetzungen wird das Insolvenzgericht im Zeitraum der Aufsichtspflicht auf Antrag von Verfahrensbeteiligten und/oder von Amts wegen tätig?

3. Welche Maßnahmen kann bzw. muss ein Insolvenzgericht nach § 58 anordnen?

4. Wie viele Aufsichtsmaßnahmen nach § 58 wurden von Insolvenzgerichten in Thüringen in den Jahren 2002 bis 2007 verhängt?

(Antwort bitte nach Gerichtsbezirken, den einzelnen Kategorien der Aufsichtsmaßnahmen, z. B. Abfordern von Berichten, Anordnungen von Maßnahmen, Verhängung von Zwangsgeld, sowie Jahreszahlen aufschlüsseln und in Abhängigkeit zur Gesamtzahl der Insolvenzverfahren im Gerichtsbezirk darstellen.)

5. Gegen wie viele gerichtliche Aufsichtsmaßnahmen nach § 58 in Thüringen wurde in den Jahren 2002 bis 2007 durch Insolvenzverwalter vorgegangen und mit welchem (teilweisen) Erfolg?

(Antwort bitte nach Jahreszahlen und Gerichtsbezirken aufschlüsseln.)

6. Welche Möglichkeiten haben Gläubiger, gegen Aufsichtsmaßnahmen des Insolvenzgerichts bzw. deren mögliche Unterlassung durch das Insolvenzgericht vorzugehen und in wie vielen Fällen hatten sie damit gegebenenfalls Erfolg?

7. Inwiefern hängen der Umfang der Aufsichtspflicht bzw. die Intensität der Aufsichtsführung des Insolvenzgerichts von der Qualifikation des Insolvenzverwalters bzw. vom Vorhandensein des Gläubigerausschusses und dessen Fachkompetenz ab?

8. Inwiefern können nach § 58 auch gegen entlassene Insolvenzverwalter Zwangsmaßnahmen verhängt werden und in wie vielen Fällen ist dies in Thüringen in den Jahren 2002 bis 2007 geschehen?

(Antwort bitte nach Gerichtsbezirken und Jahreszahlen aufschlüsseln.)

9. In welcher Weise und von wem wird überprüft, inwiefern die Insolvenzgerichte in Thüringen ihre Aufsichtspflichten nach § 58 korrekt erfüllt haben?

10. Gab es in den Jahren 2002 bis 2007 durch Insolvenzgerichte in Thüringen Verletzungen der Aufsichtspflicht nach § 58 wenn ja, in wie vielen Fällen und welche Konsequenzen haben diese Aufsichtspflichtverletzungen nach sich gezogen?

(Antwort bitte nach Gerichtsbezirken und Jahreszahlen aufschlüsseln.)

11. Inwiefern stehen Beteiligten des Insolvenzverfahrens oder ggf. geschädigten Dritten im Fall solcher Aufsichtspflichtverletzungen Entschädigungsansprüche, z. B. aus Staatshaftung, zu?

12. Inwiefern gab es in Thüringen in den Jahren 2002 bis 2007 solche unter Frage 11 angesprochenen Fälle und zu welchem Ergebnis haben hier etwaige Gerichtsverfahren geführt?

13. Welchen Reformbedarf sieht die Landesregierung hinsichtlich des Umfangs und der Ausgestaltung der Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts nach § 58 sowie der Möglichkeiten Dritter, auf die Ausübung der Aufsichtspflicht des Gerichts (z.B. durch Ingangsetzung eines Gerichtsverfahrens) Einfluss nehmen zu können?

Das Thüringer Justizministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 19. März 2008 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Nach § 58 Insolvenzordnung steht der Insolvenzverwalter unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts.

Die Aufsichtspflicht beginnt gemäß § 58 Abs. 1 mit der Bestellung des Verwalters und endet mit der Beendigung oder Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 200, 207, 211, 212 In erweiterter Auslegung übt das Insolvenzgericht seine Aufsichtspflicht bereits vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aus, wenn eine vorläufige Verwaltung nach § 21 angeordnet wird. In diesem Fall steht der vorläufige Verwalter unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts.

Gegenstand der Aufsichtspflicht ist die Überwachung der Erfüllung sämtlicher insolvenzspezifischer Pflichten (Verfahrenshandlungen) des Insolvenzverwalters. Die Aufsicht des Gerichts erstreckt sich auch auf die eventuell erforderlichen Mitwirkungs- und Anordnungsrechte gemäß § 149 Abs. 1, § 150, § 151 Abs. 1, § 158 Abs. 2, §§ 161, 163, 198 und 314 Die Aufsicht des Insolvenzgerichts ist eine Rechtsaufsicht, die den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens sichern soll; es erfolgt deshalb grundsätzlich keine Zweckmäßigkeitsprüfung des Handelns des Insolvenzverwalters. Die Aufsicht wird durch die Prüfung der von dem Insolvenzverwalter eingereichten Unterlagen durchgeführt, wobei das Gericht eventuellen Unstimmigkeiten nach dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 Abs. 1 nachzugehen hat. Die Durchführung einzelner Aufsichtsmaßnahmen liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Sie unterliegt der richterlichen Unabhängigkeit.

Zu 2.: Das ist vom Einzelfall abhängig. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1.

Zu 3.: Das ist vom Einzelfall abhängig. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1.

Zu 4.: Die nach § 58 verhängten Aufsichtsmaßnahmen werden nicht statistisch erfasst.

Zu 5.: Mangels statistischer Erfassung können hierzu keine Angaben gemacht werden.

Zu 6.: Dem Gläubiger steht nur das Recht zur Teilnahme an den Gläubigerversammlungen und auf Akteneinsicht zu. Er hat keine Möglichkeit, mit Rechtsmitteln gegen verhängte bzw. abgelehnte Aufsichtsmaßnahmen vorzugehen, da ein Rechtsanspruch auf aufsichtsrechtliches Einschreiten des Insolvenzgerichts nicht besteht. Der Gläubiger kann lediglich im Rahmen der Dienstaufsicht gegen ein Nichttätigwerden des Insolvenzgerichtes vorgehen. Statistische Angaben im Sinn der Fragestellung sind nicht vorhanden.

Das ist vom Einzelfall abhängig. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1.

Zu 8.: Gegen einen entlassenen Insolvenzverwalter besteht die Möglichkeit, Zwangsmaßnahmen nach § 58 zu verhängen, etwa um die Erteilung der Schlussrechnung, die Rückgabe der Bestallungsurkunde oder sonstiger an den Nachfolger herauszugebender Verfahrensunterlagen durchzusetzen. Statistiken werden hierüber nicht geführt.

Zu 9.: Die Insolvenzgerichte erfüllen ihre Aufsichtspflicht in richterlicher Unabhängigkeit. Eine Überprüfung der Aufsichtspflicht kann deshalb nur durch Rechtsmittel erfolgen.

Zu 10.: Eine Statistik über die Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 58 wird nicht geführt.

Zu 11.: Im Falle einer Amtspflichtverletzung des Insolvenzgerichts können die Beteiligten des Insolvenzverfahrens unter den Voraussetzungen des § 839 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz Amtshaftungsansprüche geltend machen.

Zu 12.: Siehe Antwort zu Frage 10.

Zu 13.: Ein Reformbedarf wird von Seiten der Landesregierung nicht gesehen.