Sicherheitshalber sah ich auch noch bei der Polizei in der Fahndungsdatei nach

Als er dann nach seiner Wiedereinreise zunächst geduldet und dann als Asylbewerber anerkannt wurde, war die Fahndung zu löschen. Die Durchschrift der Löschungsverfügung befand sich auch in der Akte. Das Original war an das Landeskriminalamt abgeschickt.

Sicherheitshalber sah ich auch noch bei der Polizei in der Fahndungsdatei nach. Dies stellte sich als notwendig heraus: Nicht nur nach dem Betroffenen, auch noch nach seiner Ehefrau und seinen drei Kindern wurde nach wie vor gefahndet.

Ich habe sofort die erforderlichen Löschungen beim Landeskriminalamt veranlaßt und die Polizei um eine Stellungnahme gebeten. Das Landeskriminalamt hat den Fall überprüft, konnte aber lediglich feststellen, dass die Löschungsverfügungen des Ausländeramtes vermutlich nicht beim Landeskriminalamt ankamen. Dieses Ergebnis ist nicht zufriedenstellend. Die Löschungsverfügungen stammen aus dem Jahre 1994. Offenbar hatte seit Jahren keiner der Familienangehörigen Kontakt mit der Polizei. Sonst wäre mit Verhaftungen zu rechnen gewesen.

Eine weitere Fahndungsausschreibung - sie war förmlich nicht zu beanstanden - betraf eine 83jährige Frau. Ich bat die Ausländerbehörde um Prüfung, ob die vor kurzem um weitere zehn Jahre verlängerte Fahndungsausschreibung auf Grund des hohen Alters der Betroffenen mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist.

Die Ausländerbehörde verzichtete daraufhin auf die Fahndung nach der 83jährigen Frau.

Vergleichbare Fälle einer pflichtwidrigen Unterlassung einer Löschung der Fahndungsdaten habe ich anhand der Akteneinsicht nicht festgestellt.

11.6.2.2

Ausländerbehörde des Main-Taunus-Kreises

Da es um die Aktualität von Fahndungsnotierungen ging, bat ich vor der Überprüfung das Hessische Landeskriminalamt, mir alle im Hessischen Polizeiinformationssystem (HEPOLIS) gespeicherten Personenfahndungsdatensätze aufzulisten, für deren Speicherung die Ausländerbehörde des Main-Taunus-Kreises verantwortlich ist.

Diese Liste umfaßte ca. 1.100 Personenfahndungen - zu viele für eine umfassende Kontrolle durch meine Dienststelle.

Ich wählte daher aus dieser Liste stichprobenhaft 200 Fälle aus und bat die Ausländerbehörde um Vorlage der Ausländerakten. In ca. Fällen konnte eine Prüfung nicht stattfinden, weil die Akten auf Grund eines Zuständigkeitswechsels an andere Ausländerbehörden abgegeben waren. Es wurden also ca. 170 Akten eingesehen, das entspricht etwa 15 Prozent aller Betroffenen, nach denen gefahndet wird. Bei Durchsicht der Akten stellte ich folgendes fest:

In den meisten Fällen waren die Fahndungsnotierungen korrekt.

Bei 13 Personen mußten die Fahndungsdaten berichtigt werden.

Von den 13 Betroffenen waren zwei Personen verstorben. In drei Fällen war die Löschung der Fahndung von der Ausländerbehörde verfügt, aber die Verfügungen waren bei der Polizei nicht angekommen bzw. wurden dort nicht verarbeitet (wie bei der Familie in Groß-Gerau). Teilweise hätte die Löschung der Fahndungsdaten schon vor mehreren Jahren von der Ausländerbehörde verfügt werden müssen. Teilweise war die Fahndung aber auch nur - bis zu einer erneuten Änderung im Sachverhalt - zwischenzeitlich zu löschen gewesen.

In den Fällen, in denen die Löschungsverfügungen der Ausländerbehörde von der Polizei nicht verarbeitet worden waren, habe ich dies beim Landeskriminalamt veranlaßt. Soweit der Verantwortungsbereich des Main-Taunus-Kreises betroffen war, wurden die notwendigen Fahndungslöschungen dort verfügt.

Auch zu den nachfolgend aufgeführten während der Prüfung zufällig festgestellten Problemen wurden seitens der Ausländerbehörde die erforderlichen Korrekturen veranlaßt: Im Falle eines libanesischen Staatsangehörigen war die Mitteilung seines Bevollmächtigten, der eine neue Anschrift des Ausländers bekanntgab, ignoriert worden. Bescheide usw. wurden weiterhin öffentlich zugestellt. Im Falle eines türkischen Staatsangehörigen (nebst Familie) wurde einer Information einer außerhessischen Ausländerbehörde, derzufolge die Familie unter einem anderen Namen in einer bestimmten Stadt lebt, nicht nachgegangen. In einer Ausländerakte befand sich eine Aktenanforderung, die eine ganz andere Person betraf. Die Ausländerakte eines irakischen Staatsangehörigen war an die Ausländerbehörde Chemnitz abzugeben.

Es fiel weiterhin auf, dass in einer sehr hohen Anzahl von Fällen die Datenspeicherungen im Ausländerzentralregister nicht vollständig oder nicht präzise waren.

Die 13 von mir festgestellten Fälle nicht korrekter Fahndungsnotierungen entsprechen, wenn man die Repräsentativität der Stichprobe unterstellt, einer Fehlerquote von mehr als sieben Prozent. Das bedeutet, dass der Fall des libanesischen Staatsangehörigen kein Einzelfall war. Mit Ausnahme der Fälle der Datenspeicherungen von inzwischen Verstorbenen hätte es in allen Fällen - ähnlich wie in dem ausführlich beschriebenen Einzelfall - zu ungerechtfertigten Verhaftungen mit weitreichenden belastenden Folgen für die Betroffenen kommen können.