Jugendamt

7. Tätigkeitsbericht 2006-200738

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz

Der wird angesichts dieser Mängel seine Beratungs- und Kontrolltätigkeit im kommunalen Bereich intensivieren. Die unter 5.1 dargstellte Gründung des kommunalen datenschutzrechtlichen Arbeitskreises stellt auf diesem Wege einen wichtigen Meilenstein dar.

Umgang mit Postsendungen

Aufgrund einer Anfrage befasste sich der im Berichtszeitraum auch mit den allgemeinen Regelungen zum Umgang mit Postsendungen im Landratsamt des Saale-Orla-Kreises. Ausgangspunkt war dabei zunächst das Schreiben eines Gerichts, welches an den Landkreis allgemein adressiert war und aus dessen Inhalt der konkrete Adressat nicht erkennbar wurde. Statt bei dem Gericht nachzufragen, wurden alle Mitarbeiter des Hauses per E-Mail über den Eingang des Schreibens unter Angabe des Aktenzeichens des Gerichtes sowie des Namens des Betroffenen informiert, mit der Bitte, sich zu äußern, ob man ein solches Schreiben erwarten würde. Diese Verfahrensweise wurde sowohl vom behördlichen Datenschutzbeauftragten wie auch vom kritisiert, weil dadurch unzulässigerweise personenbezogene Daten offenbart wurden. Gleichzeitig wurden bei dieser Gelegenheit vom auch Hinweise zur Dienstanweisung zum Umgang mit Postsendungen gegeben, die gerade neu gefasst werden sollte.

Kritisiert wurde und wird hierbei insbesondere die Regelung, nach der grundsätzlich jede auf dem üblichen Postweg eingehende Postsendung, auch wenn sie an ein konkretes Amt adressiert ist, in einer zentralen Poststelle des Landratsamtes geöffnet wird. Eine ungeöffnete Weiterleitung erfolgte lediglich bei Postsendungen, die an den Landrat oder den ersten Beigeordneten persönlich adressiert sind, Sendungen an die Fachdienste Kreiskasse und Gesundheit sowie solche, die mit dem ausdrücklichen Vermerk vertrauliche Personalsache oder Vergabesache beschriftet sind und Briefe an den Personalrat und den Geheimschutzbeauftragten. Dies ist aber zum Schutz von Daten, die besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, nicht ausreichend, so dass weitere Ausnahmeregelungen zur ungeöffneten Weiterleitung von Postsendungen gefordert wurden.

Allerdings blieben die Argumente des unbeachtet. Das Landratsamt berief sich auf seine Organisationshoheit und die Verpflichtung aller Mitarbeiter auf das Datengeheimnis. Außerdem informierte es den nicht über das weitere Verfahren, sodass dieses Verhal7. Tätigkeitsbericht 2006-2007 39

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz ten formell beanstandet und die Aufsichtsbehörde um Unterstützung gebeten wurde. Dabei wurde nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Postregelung nicht akzeptiert werden kann, weil die datenschutzrechtlichen Grundsätze und Vorschriften für die gesamte Tätigkeit einer Behörde und somit auch bei der Organisation des verwaltungsinternen Handelns gelten (§ 21 Abs. 5 Daher sind die Leiter von Behörden in ihren Entscheidungen im Rahmen ihrer Organisationshoheit nicht völlig frei. Das Erforderlichkeitsprinzip verlangt auch hierbei von der verantwortlichen Stelle eine aktive Gestaltung ihrer technisch-organisatorischen Verfahrensabläufe, sodass nicht nur im geringst möglichen Umfang personenbezogene Daten verarbeitet werden, sondern auch so wenig wie möglich Mitarbeiter Kenntnis davon erhalten. Eine Verpflichtung der Mitarbeiter zur Geheimhaltung rechtfertigt allein keinesfalls Regelungen, die eine Kenntnisnahme von personenbezogenen Daten ermöglichen, ohne dass diese zur Aufgabenerfüllung benötigt werden. Letztlich zeigen auch die Erfahrungen des dass Schweigepflichten allein nicht in jedem Fall die unzulässige Offenbarung von personenbezogenen Daten gegenüber Dritten ausschließen. Vorrangiges Ziel des Datenschutzes ist es aber nicht, Verstöße zu ahnden, sondern durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu verhindern. Dies ist auch bei der Organisation des Postlaufs zu beachten, zumal dort bei Postöffnungen im besonderen Maße auch die spezialgesetzlichen Vorschriften zur Geheimhaltung zu berücksichtigen sind, z. B. zum Arzt-, Sozial-, Adoptions- oder Steuergeheimnis. Es gilt eben die Schweigepflicht nach § 203 auch unter Schweigeverpflichteten.

Ebenso wird z. B. in § 35 Abs. 1 SGB I ausdrücklich bestimmt, dass das Sozialgeheimnis auch innerhalb eines Leistungsträgers durch geeignete Abschottungsmaßnahmen zu gewährleisten ist. Darüber hinaus ergeben sich nicht nur aus den Adressaten sondern teilweise auch aus den Absendern Hinweise auf einen besonders schützenswerten Inhalt. So fordert z. B. § 44 BZRG, dass Auskünfte an Behörden nur an den der Entgegennahme oder Bearbeitung betrauten Bediensteten zur Kenntnis gebracht werden dürfen. Dass darüber hinaus jede mit dem Zusatz persönlich beschriftete Postsendung verschlossen dem Adressaten zu übergeben ist, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Zwischenzeitlich wurde unter Einbeziehung des Landesverwaltungsamtes als Aufsichtsbehörde erreicht, dass Postsendungen mit dem ausdrücklichen Vermerk persönlich, vertraulich, verschlossen

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Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz oder eigenhändig sowie Sendungen an den Datenschutz- bzw. Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten verschlossen weitergeleitet werden. Warum aus Sicht des Landratsamtes die Öffnung eines Teils der an die einzelnen Ämter direkt adressierten Postsendungen durch die zentrale Poststelle erforderlich sein soll, wurde bislang nicht ausreichend begründet. Da es weiterhin weder nachvollziehbar noch für Betroffene vermittelbar ist, weshalb private Schreiben an die Personalstelle, die Beihilfestelle, das Jugendamt oder das Sozialamt im Landratsamt nur dann vertraulich behandelt werden, wenn dies auf dem Umschlag ausdrücklich vermerkt wird, steht eine abschließende Klärung hierzu noch aus.

Neben der Einhaltung des materiellen Datenschutzrechts haben die öffentlichen Stellen die Grundsätze und Vorschriften zum Datenschutz gemäß § 21 Nr. 5 auch bei der Organisation des verwaltungsinternen Handelns zu beachten.

Reform des Personenstandsrechts Ende 2006 hat der Bundestag das Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts beschlossen. Neben einigen datenschutzrelevanten Änderungen zur Registerführung wurden auch solche zur Kommunikation mit Behörden, anderen Stellen und dem Bürger aufgenommen.

Schließlich wurde auch der Zugang zu älteren Personenstandseintragungen erleichtert. Dies betrifft insbesondere die Benutzungsvorschrift für Privatpersonen, die nicht zu den unmittelbaren Verwandten eines Verstorbenen gehören. So ist es derzeit noch nicht möglich, Auskünfte aus einem Sterberegister über einen entfernten Verwandten zu erhalten, wenn dies nicht zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen zwingend erforderlich ist. Dies war bei den betroffenen Personen stets auf Unverständnis gestoßen. Mit § 7 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 5 wurde nunmehr eine Bestimmung aufgenommen, wonach nach Ablauf von 80 Jahren eines Eintrags im Ehe- und Lebenspartnerschaftsregister, nach Ablauf von 110 Jahren eines Eintrags im Geburtenregister oder nach Ablauf von 30 Jahren eines Eintrags im Sterberegister die archivrechtlichen Bestimmungen für die Benutzung von Archivgut gelten. Damit kann jedermann, der ein berechtigtes Interesse begründen kann (z. B. Genealogen), Auskunft aus dem jeweiligen Register erhalten. Als Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Änderungen im Personenstandsgesetz wurde vom Gesetzgeber der 1. Januar 2009 bestimmt.