Vielmehr wurde mit der Observierung massiv in die Privatsphäre eingegriffen deren Schutz ausdrücklich in Art

7. Tätigkeitsbericht 2006-200744

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz

Die Observierung war darüber hinaus weder geeignet noch verhältnismäßig, um die Rechtmäßigkeit der Krankschreibung zu überprüfen.

Vielmehr wurde mit der Observierung massiv in die Privatsphäre eingegriffen, deren Schutz ausdrücklich in Art. 6 gewährleistet ist. Es wurde bei der Gelegenheit der Observierung eine Vielzahl von Daten erfasst, die in keiner Weise mit dem zu ermittelnden Sachverhalt in Verbindung standen; auch wurden Daten völlig unbeteiligter Dritter erhoben. Als schwerwiegenden Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften wurde dies gemäß § 39 beanstandet. Die Stelle war aufgefordert, die mit der Observation verbundenen Unterlagen unter Beachtung der Vorgaben des § 16 aus dem Vorgang zu entfernen und ggf. zu vernichten sowie die Betroffene hierüber zu informieren. Dem kam das Landratsamt Nordhausen nach.

Bevor eine öffentliche Stelle im absoluten Ausnahmefall eine Observierung eines Mitarbeiters in Erwägung ziehen kann, sind sämtliche zulässigen rechtlichen Maßnahmen auszuschöpfen. Im Falle von Krankschreibungen ist eine Begutachtung durch den Amtsarzt bzw. den Medizinischen Dienst vor einem intensiveren Eingriff in die Privatsphäre eines Betroffenen angezeigt.

Bekanntlich sieht § 22 Abs. 1 Thüringer Urlaubsverordnung vor, dass man sich als Beamter bis zu 3 Tage auch ohne ärztliches Attest auskurieren darf. Erst wenn eine Krankheit länger dauert, ist die Vorlage eines ärztlichen Attests erforderlich, es sei denn, für die Dienststelle bestand Anlass, die Vorlage eines ärztlichen Attestes bereits vorher zu fordern. Bei Arbeitsunfähigkeit ohne ärztliches Attest besteht unter Umständen Nachfrage- oder gar Nachprüfungsbedarf, wenn solche Abwesenheiten beispielsweise immer auf bestimmte Wochentage fallen oder der versagte freie Tag rein zufällig durch Krankheit gewährt werden muss. Andererseits hat der Dienstherr auch seinen Fürsorgeverpflichtungen nachzukommen, wenn sich Fehltage häufen und diese beispielsweise auf die Arbeitsbedingungen oder das Arbeitsklima in der Dienststelle zurückzuführen wären.

Das Thüringer Innenministerium sah sich veranlasst, Krankmeldungen ohne Vorlage eines ärztlichen Attests nachzugehen, um erforderlichenfalls entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei sollten mit Mitarbeitern, bei denen aus der Jahresbetrachtung mehr als fünf Fälle der Krankmeldung ohne Krankenschein zu entnehmen waren, Gesprä7. Tätigkeitsbericht 2006-2007 45

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz che mit dem Ziel geführt werden, eine Erklärung für das Fernbleiben vom Dienst zu erhalten. Bei einer datenschutzrechtlichen Kontrolle in der betroffenen Personalverwaltung war festzustellen, dass in der Tat Gespräche mit zwei Mitarbeitern geführt worden waren. Dabei wurde nicht nach konkreten Erkrankungen gefragt, was zweifellos unzulässig gewesen wäre. Ob von betroffenen Mitarbeitern diesbezüglich Angaben gemacht wurden, konnte nicht festgestellt werden, weil darüber keine Aufzeichnungen vorlagen und auch keine konkreten Hinweise oder Beschwerden von betroffenen Mitarbeitern vorgebracht wurden.

Was sich allerdings in diesem Zusammenhang als formal nicht ganz korrekt erwies, war die Praxis der Weitergabe von Korrekturbelegen im Krankheitsfall vom für die Zeiterfassung zuständigen Mitarbeiter an die allgemeine Personalverwaltung. Dies diente der Erfassung auch von Krankheitstagen ohne Attest im Personalverwaltungssystem.

Zwar ist dies grundsätzlich zulässig, hätte aber in der Dienstvereinbarung zur Zeiterfassung aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Betroffenen geregelt werden müssen. Die Dienstvereinbarung ist daraufhin entsprechend geändert worden.

Für die Personalverwaltung besteht selbstverständlich die Möglichkeit, häufige oder auffällige Krankmeldungen ohne ärztliches Attest mit den Betroffenen zu erörtern, um ggf. dienstrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Konkrete Erkrankungen dürfen dabei nicht erfragt werden. Der Umgang mit Arbeitszeitdaten muss für die Betroffenen transparent gestaltet werden. Dies ist Aufgabe der Dienstvereinbarung.

Eine an den herangetragene Anfrage, ob eine Polizeidienststelle berechtigt sei, eine Liste auszulegen, in der jeder Beamte seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen eintragen sollte, war eindeutig mit nein zu beantworten. Zum einen besteht bei der Eintragung in eine Liste das Problem, dass der jeweils nachfolgende eintragende Bedienstete die vorherigen Eintragungen zur Kenntnis nehmen kann, wofür keinerlei Zulässigkeit besteht. Zum anderen handelt es sich bei der Erfassung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen von Bediensteten um besonders sensible personenbezogene Daten, die nur auf einer konkreten Rechtsgrundlage erfolgen darf.

Auf Nachfrage zur Rechtsgrundlage und zum Zweck einer solchen Liste hat die Polizeiinspektion Gotha geltend gemacht, zum zweckmäßigen Personaleinsatz und auch zur Wahrnehmung der Fürsorge. Tätigkeitsbericht 2006-200746

Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz pflicht gegenüber der Beamten sei es erforderlich, Bedenken zur Einschränkung der Dienstfähigkeit zu erkennen. Im Falle einer Diabeteserkrankung, bei der zur Therapie die Insulingabe erfolgen müsse, bestehe regelmäßig eine erhebliche Einschränkung der Dienstfähigkeit. Die eingeschränkte Dienstfähigkeit sei insbesondere im Polizeibereich mit Gefahren sowohl für die Bediensteten als auch für Außenstehende verbunden. Aus dem Umstand, dass derartige Erkrankungen für andere ersichtlich sein können, hatte die Dienststelle zunächst keine besondere Vertraulichkeit erkannt. Selbst wenn einzelne Bedienstete im kollegialen Umfeld keinen Hehl aus ihrer Erkrankung machen, bildet dies keine Rechtsgrundlage für die Abfrage durch die Dienststelle. Aufgrund der Hinweise des wurden die in Einzelfällen ausgefüllten Listen unverzüglich vernichtet. Damit war eine weitere Verarbeitung unzulässig erhobener personenbezogener Daten ausgeschlossen. Zur Lösung des Problems wurde als allenfalls gangbarer Weg angeregt, die Bediensteten in einem ausführlichen Merkblatt auf eventuell eingeschränkte Dienstfähigkeiten und die damit verbundenen Gefahren hinzuweisen und aufzufordern, sich ggf. unverzüglich mit dem Amtsarzt in Verbindung zu setzen, der eine eingeschränkte Dienstfähigkeit festzustellen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Amtsarzt der Dienststelle grundsätzlich keine Einzelheiten zu gesundheitlichen Einschränkungen mitteilen darf und sich auf die Feststellung der Dienstfähigkeit, eingeschränkten Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit beschränken muss.

Wenn einer Dienststelle möglicherweise durch Information oder Verhalten bekannt ist, dass ein Bediensteter z. B. auf Insulingaben angewiesen ist und damit nur eingeschränkt dienstfähig sein könnte, kann dies zum Anlass genommen werden, eine amtsärztliche Untersuchung anzuordnen. Es wäre jedoch unverhältnismäßig, alle Bediensteten ohne konkreten Anlass zu untersuchen.

Unzulässige Presseauskünfte zu Personaldaten

Es ist sicherlich schmerzhaft für eine Kommune, wenn der Haushalt durch nicht geplante Zahlungen zusätzlich belastet wird. Die Gründe hierfür können sehr unterschiedlich und ggf. auch Zahlungsverpflichtungen an Einzelpersonen sein. Einer Veröffentlichung der Identität der Zahlungsempfänger stehen in diesen Fällen grundsätzlich datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegen, auch wenn die Presse entsprechende Auskünfte begehrt.