Die Stadt Greiz will eine neue Stadthalle errichten

Der Bürgermeister von Greiz hatte zunächst in einer Stadtratssitzung mitgeteilt, dass das Land für diesen Neubau Fördermittel zugesagt hätte. Inzwischen korrigierte der Bürgermeister seine Aussage dadurch, dass er sagte, er sei in der Öffentlichkeit falsch zitiert worden. Der Bürgermeister habe nach eigenen Angaben zum Ausdruck bringen wollen, dass beim Landesverwaltungsamt eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die zu errichtende Stadthalle eingereicht worden sei. Der Minister für Bau und Verkehr hatte dem Bürgermeister bei einem Besuch in der Stadt Greiz empfohlen, schnellstmöglich einen Antrag auf fördermittelunschädlichen Vorhabensbeginn zu stellen und Fördermittel des Landes in Aussicht gestellt.

Der Stadtrat von Greiz hat beschlossen, dass das Bauvorhaben durch die Greizer Freizeit- und & Co. KG realisiert werden soll. Mangels eines Aufsichtsrates oder ähnlichem Organ verfügt der Stadtrat von Greiz gegenüber diesem Unternehmen über keine Kontroll- und Informationsmöglichkeiten.

Der Kreistag des Landkreises Greiz hat beschlossen, sich an dem Bauvorhaben finanziell zu beteiligen.

Nach bisher vorliegenden Informationen wird im Zusammenhang mit dem Neubau der Stadthalle Greiz für die kommenden 25 Jahre mit einem finanziellen Fehlbedarf von rund 74 Millionen Euro zu rechnen sein. Die jährliche Belastung für den Haushalt der Stadt Greiz soll nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1,4 Millionen Euro und vier Millionen Euro betragen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Untersuchungen mit welchen wesentlichen inhaltlichen Feststellungen über die Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit des Bauvorhabens liegen den zuständigen Aufsichtsbehörden in den Fällen der Stadt Greiz und des Landkreises Greiz vor?

2. Zu welchen Ergebnissen sind die zuständigen Aufsichtsbehörden für die Stadt Greiz und den Landkreis Greiz im Zusammenhang mit den Untersuchungen und der Leistungsfähigkeit von Stadt und Landkreis gekommen? Weshalb erfolgte ggf. keine Untersuchung, welche Auswirkungen eine Beteiligung am Bauvorhaben durch die Stadt Greiz und den Landkreis Greiz auf die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit hat und wie wird die Nichtprüfung begründet?

3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Beteiligung der Stadt Greiz an der GFD & Co. KG unter Berücksichtigung der gesetzlichen Forderung, dass eine Beteiligung an einem Unternehmen des privaten Rechts nur möglich ist, wenn der Stadtrat einen angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Gremium erhält (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Thüringer Kommunalordnung)?

Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung unter der Berücksichtigung, dass gegenwärtig im Fall der Beteiligung der Stadt Greiz an der GFD & Co. KG kein Aufsichtsrat oder ähnliches Gremium gebildet wurde?

4. Welche Voraussetzungen müssen durch die Stadt Greiz erfüllt sein, damit auf fördermittelunschädlichen Vorhabensbeginn positiv beschieden werden kann (bitte Einzelaufstellung)? Welche Maßnahmen wären in diesem Zusammenhang fördermittelschädlich (bitte Einzelaufstellung)? Welche Konsequenzen hätte ein Baubeginn durch die Stadt Greiz vor der Genehmigung auf einen fördermittelunschädlichen Vorhabensbeginn?

5. Zu welchem Zeitpunkt hat die Stadt Greiz einen Antrag auf fördermittelunschädlichen Vorhabensbeginn bei welcher zuständigen Genehmigungsbehörde eingereicht?

6. Unter welchen Voraussetzungen können die Stadt Greiz oder beteiligte Dritte mit der Bewilligung von Fördermitteln des Landes zum Neubau der Stadthalle Greiz rechnen und liegen diese Voraussetzungen nach Kenntnisstand der Landesregierung gegenwärtig vor (bitte Einzelaufstellung nach Ressorts der Landesregierung)?

Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Medien hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 15. Mai 2008 wie folgt beantwortet:

Zu 1. und 2.: Die Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit solcher Bauvorhaben ist von der jeweiligen Kommune grundsätzlich im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zu prüfen. Derartige Untersuchungen müssen der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde regelmäßig nur dann vorgelegt werden, soweit genehmigungspflichtige Tatbestände verwirklicht werden.

Der für die Stadt Greiz zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, dem Landratsamt Greiz, wurden im Dezember 2007 Unterlagen der Greizer Freizeit- und Dienstleistungs- (GFD) & Co. KG ­ Neubau der Stadthalle Greiz, Planung ­ zur Verfügung gestellt. Darin enthalten war u. a. eine Darstellung der für die Stadt Greiz als Generalmieterin der Halle zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben. Ausweislich des der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegten Zahlenmaterials geht diese davon aus, dass eine Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Stadt Greiz auf Grund des Zuschussbedarfs für die Stadthalle Greiz derzeit nicht zu erkennen ist.

Zu 3.: Entsprechend den der Landesregierung vorliegenden Informationen ist die Stadt Greiz an der GFD & Co. KG als Kommanditistin beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag der GFD & Co. KG sieht die Bildung eines Beirats vor. Dieser Beirat besteht gem. § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags aus fünf Mitgliedern, wobei der Bürgermeister Mitglied kraft Amtes ist. Die übrigen Mitglieder werden vom Stadtrat gewählt. Zwei von den gewählten Mitgliedern sollen Stadtratsmitglieder oder Bedienstete der Verwaltung der Stadt Greiz sein. Die Aufgabe des Beirats besteht in der Förderung, Beratung und auch Überwachung der Geschäftsführung (§ 11 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags). Der Beirat hat also nicht nur beratende Funktion, sondern ist, da er inhaltlich Aufgaben eines Aufsichtsrats erfüllt, ein dem Aufsichtsrat entsprechendes Gremium i. S. d. § 73 Abs. 1 Nr. 3 Zu 4.:

Die Zustimmung zum förderunschädlichen Vorhabensbeginn kann von der Bewilligungsbehörde auf Antrag der Gemeinde erteilt werden, wenn alle Unterlagen zum Vorhaben entsprechend Ziffer 31.1 Thüringer Städtebauförderrichtlinien vorliegen, um eine Prüfung des Vorhabens durchführen zu können.

Diese Zustimmung ist erforderlich, wenn mit dem Vorhaben vor einer Bewilligung begonnen werden soll.

Die Erbringung der Planungsleistungen zu dem Vorhaben sind bis zur Leistungsphase 7 förderunschädlich, d. h. sie können vor der Zustimmung zum förderunschädlichen Vorhabensbeginn bzw. der Bewilligung erfolgen.

Die Gemeinde als Zuwendungsempfänger hat das Refinanzierungsverbot (Ziffer 5.4 der Thüringer Städtebauförderrichtlinien) zu beachten. Das heißt: Der Beginn des Vorhabens vor der Zustimmung zum förderunschädlichen Vorhabensbeginn bzw. der Bewilligung schließt eine Förderung aus.

Zu 5.: Die Stadt Greiz hat mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 einen Bewilligungsantrag und einen Antrag auf Zustimmung zum förderunschädlichen Vorhabensbeginn im Thüringer Landesverwaltungsamt eingereicht.

Zu 6.: Nach Abstimmung mit der Stadt Greiz wurde der eingereichte Bewilligungsantrag vom 10. Dezember 2007 durch einen überarbeiteten Bewilligungsantrag vom 27. Februar 2008 ersetzt. Die Stadt hat am 07. April 2008 den 1. Zuwendungsbescheid für Städtebauförderungsmittel erhalten.