Thüringen hatte frühzeitig die Rehabilitierungsbehörde des Landes als bearbeitende Stelle für die Opferrente benannt

Situation politisch Verfolgter der SBZ/DDR

Die Frage zur Rehabilitierung nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen und dem Erhalt einer Opferrente bestimmten vornehmlich die Beratungen der Landesbeauftragten im Berichtszeitraum. Die Ungeduld der Ratsuchenden, die bereits mehrere Verwaltungen zur Opferrente angefragt und unbefriedigende oder gar keine Antworten erhalten hatten, wurde im Laufe des unter 1.4 dargestellten Werdeganges des Gesetzes immer spürbarer. Die Medien stifteten mit ihrer Berichterstattung zum Stand der Gesetzgebung noch größere Verwirrung bei den Antragsberechtigten. So wurde nach der Verabschiedung im Bundestag dies schon als Inkraftsetzung des Gesetzes dargestellt. Da das Gesetz vorsieht, dass die Opferrente erst ab dem Monat nach der Antragstellung gezahlt wird, sandten viele Berechtigte einen formlosen Antrag an die Behörde, von der sie die Kapitalentschädigung erhalten hatten. Als angeschriebene Behörden aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen antworteten, dass ein Antrag auf eine Leistung gestellt wurde, für die es keine gesetzliche Grundlage gäbe, verstanden die Berechtigten die Welt nicht mehr. Außerdem war zu diesem Zeitpunkt noch in vielen Ländern (nicht nur alten Bundesländern) nicht geregelt, welche Behörden die Anträge zur Opferrente bearbeiten werden. Seit Juli 2007 wurde in den anderen Bundesländern die nachfolgend beschriebene Verfahrensweise von Thüringen nicht nur übernommen, sondern die Berechtigten (ebenso wie vom Thüringer Sozialminister) auch aufgefordert, bereits zu diesem Zeitpunkt zur Wahrung ihrer Rechte Schreiben mit entsprechendem Antragsbegehren zu übermitteln.

Thüringen hatte frühzeitig die Rehabilitierungsbehörde des Landes als bearbeitende Stelle für die Opferrente benannt. Bereits Anfang des Jahres 2007 hatte das Thüringer Sozialministerium die Rehabilitierungsbehörde angewiesen, eingehende Schreiben zu einem Begehren auf die Opferrente zu sammeln. Die Schreiben sollten mit Inkrafttreten des Gesetzes als Antrag betrachtet werden, so dass Berechtigten keine Leistungen verloren gehen. Viele in Thüringen lebende Berechtigte, die entsprechend gesetzlicher Regelung die Leistung der Opferrente nicht von Thüringen beziehen können, sandten daher vor Inkrafttreten des Gesetzes ihr Schreiben zur Opferrente an die Thüringer Rehabilitierungsbehörde, um die Antragsfrist ohne Einbuße von Leistungen zu wahren. Die Thüringer Rehabilitierungsbehörde leitet diese Anträge seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 29. August 2007 an die zuständige Behörde weiter. Wenn die Antragsschreiben erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes hätten gesandt werden können, hätten die Berechtigten zwischen dem 29. und 31. August 2007 ihren Antrag bei der zuständigen Behörde eingereicht haben müssen, um keine Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Wichtig für die Berechtigten ist, dass die Opferrente als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt bleibt. Auch ist sie vom Gesetzgeber steuerfrei gestellt.

Auf die in Beratungsgesprächen deutlich gewordenen Unklarheiten bei den politisch Verfolgten reagierte die Landesbeauftragte in vielerlei Form. Mit mehreren Pressemitteilungen, jeweils den aktuellen Stand der Gesetzgebung zur Opferrente im Blick, wurde die Öffentlichkeit informiert. Auf der Internetseite der Landesbeauftragten konnten sich Betroffene stets aktuell zum Gesetzesstand informieren. Zur Wahrung aller Rechte bezüglich der Opferrente wurde in Veranstaltungen der Opferverbände zum Antragsverfahren und allen im Zusammenhang mit der Opferrente entstehenden Fragen durch die Landesbeauftragte Rede und Antwort gestanden. Dabei zeigte sich, dass über die bereits bestehenden Ausgleichsleistungen viel Unkenntnis herrschte. Im Rahmen eines Projektes der Gedenkstätte Amthordurchgang e.V. anlässlich der Bundesgartenschau informierte der zuständige Referent, Thomas Heinemann, in einer Live-Sendung des Offenen Kanals Gera zu den Rehabilitierungsgesetzen. Dass die so veröffentlichten Informationen viele ehemalige politische Häftlinge in Thüringen und Deutschland, aber auch über Europa hinaus erreichten, belegen die Anfragen, die die Landesbeauftragte (auch per E-Mail) erreichten.

Wenn auch durch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz ehemalige politische Häftlinge, die in ihrer wirtschaftlichen Lage beeinträchtigt waren, bereits jährlich einmal Unterstützungsleistungen bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge erhalten konnten, so hat sich mit der in das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz aufgenommenen monatlich geleisteten Zahlung der besonderen Zuwendung für Haftopfer, die soziale Situation vieler ehemaliger politischer Häftlinge spürbar verbessert.

Berechtigte auf die Opferrente haben seit Inkrafttreten des Gesetzes keinen Anspruch mehr auf die jährlichen Unterstützungsleistungen von der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge. Das ist für manchen ehemaligen politischen Häftling von Nachteil. Ursache dafür ist, worauf bereits in der Diskussion um das Gesetz von der Thüringer Landesbeauftragten hingewiesen wurde, die unterschiedlich definierten Einkommenshöhen bei der besonders beeinträchtigten wirtschaftlichen Lage für den Erhalt der Unterstützungsleistung und zum Erhalt der besonderen Zuwendung für Haftopfer. Um Unterstützungsleistungen bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge zu erhalten, gelten andere (im Einzelfall höhere) Einkommensgrenzen: Es werden Nettoeinkommen des Partners, Anzahl der im Haushalt lebenden Personen und die Aufwendungen für das Wohnen berücksichtigt. Bei der besonderen Zuwendung für Haftopfer wird ausschließlich das Nettoeinkommen des Berechtigten betrachtet, für Verheiratete sogar ein höherer Grenzwert eingeführt. Unberücksichtigt bleibt aber z. B. die Anzahl unterhaltsberechtigter Kinder. So kommt es, dass bisher Berechtigte auf die Unterstützungsleistung bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in Bonn nun keine Leistung mehr bekommen. Zum Erhalt der besonderen Zuwendung für Haftopfer ist ihr Nettoeinkommen zu hoch, Berechtigte auf die Unterstützungsleistungen sind sie nicht mehr, da sie mehr als sechs Monate in Haft waren.

Dies betrifft insbesondere Alleinerziehende.

Für Opfer der politischen Verfolgung, die keine Freiheitsentziehung erlitten haben, insbesondere für verfolgte Schüler, deren berufliche Entwicklungsmöglichkeiten zu einem sehr frühen Lebenszeitpunkt eingeschränkt wurden, ist auch weiterhin keine soziale Ausgleichsleistung vorgesehen.

Das Thüringer Sozialministerium hat einen Bericht zur sozialen Lage der Opfer in Thüringen in Auftrag gegeben, der in 2008 erwartet wird.

Stiftung für ehemalige politische Häftlinge

Wie bereits erwähnt, gewährt die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in Bonn Personen, die nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) als ehemalige politische Häftlinge anerkannt sind und Rehabilitierten nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz mit weniger als sechs Monaten politischer Freiheitsentziehung, sowie den Hinterbliebenen ehemaliger politischer Häftlinge (Ehepartner, Eltern und Kindern) in besonders beeinträchtigter wirtschaftlicher Lage Unterstützungsleistungen. Auf die Unterstützung nach § 18 haben Betroffene einen Rechtsanspruch. Der Rechtsanspruch auf Unterstützungsleistungen nach § 18 HHG - zur Linderung einer Notlage - besteht nach § 17 Satz 1 HHG nicht. Unterstützungsleistungen nach und HHG bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt (§ 16 Abs. 4 bzw. § 18 Satz 2 HHG).

Im Jahr 2007 wurden bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge der Eingang von 7.096 Anträgen auf Unterstützungsleistungen nach dem - davon 1.

Erstanträge, das sind über 22 % aller eingegangenen Anträge nach - und der Eingang von 1.161 Anträgen auf Unterstützungsleistungen nach dem HHG - davon 472 Erstanträge - registriert. Bewilligt wurden 5.883 mit einem Gesamtfinanzvolumen von 11.612.700,00 Euro. Eingeschlossen sind hierin 975 (ca. 16,6 % aller Anträge) aus Thüringen mit einer ausgereichten Gesamtsumme von 1.892.300,00 Euro (ca. 16,3 % des Gesamtfinanzvolumens).

Insgesamt wurden 158 Antragstellungen auf Unterstützungsleistungen nach dem abgelehnt, da diese Antragsteller unter Berücksichtigung ihres Einkommens und der für die Ausreichung der Unterstützungsleistungen geltenden Einkommensgrenzen als in ihrer wirtschaftlichen Lage nicht beeinträchtigt gelten.

Insgesamt wurden 1.264 Anträge auf Unterstützungsleistungen nach dem HHG mit einem Gesamtfinanzvolumen von 1.249.700,00 Euro bewilligt. Gegenüber 2006 sind das 224 weniger bewilligte Anträge mit Leistungen von etwa 250.000 Euro weniger.

Die Anträge auf Unterstützungsleistungen nach dem HHG werden nicht getrennt nach Bundesländern erfasst. Abgelehnt wurden insgesamt 676 Anträge auf Unterstützungsleistungen nach dem HHG. Bei diesen Antragstellungen handelte es sich mehrheitlich um Anträge nicht antragsberechtigter Russlanddeutscher.

Zum 31.12.2007 waren 4.118 Anträge auf Unterstützungsleistungen noch nicht beschieden. Davon entfielen 3.409 Anträge nach dem und 709 Anträge nach dem HHG.

Statistik der Beratungsgespräche im Berichtsjahr

Im Berichtszeitraum wurden Bürgersprechstunden an nachfolgend aufgeführten Orten und Wochentagen, jeweils in der Zeit von 09.00 bis 16.00 Uhr, durchgeführt: Weimar 06.03. + 08.03.