Vorsorge

Juli 2008 hat folgenden Wortlaut:

Es gibt zunehmend große Probleme mit der Herkulesstaude in Thüringen. Durch die ungehinderte Ausbreitung kommt es beispielsweise auf wertvollen Biotopwiesen zur Verdrängung heimischer Pflanzen. Zudem besteht eine massive Gesundheitsgefährdung, insbesondere für Kinder und Wanderer.

Die Bekämpfung soll sich außerordentlich schwierig gestalten.

Daher frage ich die Landesregierung:

1. Wo tritt die Pflanze innerhalb Thüringens am häufigsten auf? Konnten bevorzugte Standorte oder Naturräume festgestellt werden?

2. Existiert für Thüringen eine Kartierung über die Vorkommensorte? Wenn nicht, ist diese vorgesehen?

3. Welche Einrichtungen und Behörden Thüringens sind mit Maßnahmen der Überwachung und Bekämpfung sowie der Gesundheitsvorsorge befasst?

4. Welche Bekämpfungsmaßnahmen können genannt werden, die vergleichsweise hohe Aussichten auf Wirksamkeit haben?

5. Gibt es eine wissenschaftliche Begleitung bestimmter Maßnahmen? Wenn ja, worauf bezieht sich diese?

6. Worin sieht die Landesregierung auf Grund des Auftretens des Riesen-Bärenklaus die Gefahren für die menschliche Gesundheit sowie für die heimische Flora und Fauna?

7. Sind für Thüringen durch die Pflanze bedingte Schäden bekannt? Wenn ja, welche und wo?

8. Ist das Auftreten der Pflanze in Thüringen meldepflichtig? Falls ja, welche Behörden bündeln die Informationen? Falls nein, warum nicht und sind möglicherweise Änderungen in der Meldepflicht vorgesehen?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. August 2008 wie folgt beantwortet:

Zu 1. und 2.: Eine Gesamtübersicht zum Vorkommen des Riesenbärenklaus in Thüringen liegt nicht vor. Nach den Angaben der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie kommt die Herkulesstaude in ganz Thüringen verstreut vor. Dabei ist eine gewisse Häufung in Ostthüringen zu verzeichnen.

Eine Kartierung wird nicht durchgeführt und ist derzeit auch nicht vorgesehen.

10. September 2008

Zu 3.: Das Vorkommen des Riesenbärenklaus unterliegt in Thüringen keiner gesonderten Überwachung. Für die Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen im öffentlichen Raum sind im Rahmen des Ordnungsrechtes die Landkreise und kreisfreien Städte Ansprechpartner. Je nach örtlicher Gegebenheit und den dementsprechend vorgesehenen Bekämpfungsmaßnahmen sind unterschiedliche Institutionen zu beteiligen. So bedarf von Herbiziden außerhalb landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Flächen (Nichtkulturland) z. B. einer Genehmigung des örtlich zuständigen Landwirtschaftsamtes. Für eine fachliche Beratung zur Bekämpfung dieser Neophyten können sich Betroffene an das Referat Pflanzenschutz der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) wenden.

Spezielle Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge mit Bezug zum Riesenbärenklau gibt es in Thüringen nicht.

Das Gemeinsame Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachen-Anhalt und Thüringen in Erfurt hat Ratschläge zum Umgang mit dem Riesenbärenklau veröffentlicht, die über das Internet frei zugänglich sind.

Zu 4.: Die Bekämpfung des Riesenbärenklaus ist nach den bisherigen Erfahrungen nur dann erfolgreich, wenn über mehrere Jahre konsequent und gezielt Maßnahmen mit sorgfältiger Nachkontrolle durchgeführt werden. Vorrangig sind hierbei mechanische Maßnahmen gegebenenfalls in Kombination mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln anzuwenden. Die konkrete Bekämpfungsstrategie muss entsprechend den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ausgewählt werden.

Geeignete mechanische Maßnahmen gegen Einzelpflanzen sind das Herausziehen der Keimlinge im Frühjahr, das Ausgraben der Pflanzen mitsamt der Wurzel in einer Tiefe von 10 bis 15 cm (möglichst noch im Rosettenstadium) sowie das Köpfen und Verbrennen unreifer Fruchtstände. Große, dichte Bestände können im Frühjahr mit einer Traktoren-Fräse bearbeitet werden. Durch Fräsen (10 bis 15 cm tief) werden die Wurzeln so stark geschädigt, dass sie sich nicht mehr regenerieren können. Diese Maßnahme muss bereits am nächsten Tag und danach im Abstand von einer Woche drei- bis viermal wiederholt werden.

Chemische Maßnahmen sind die nachhaltigste und erfolgversprechendste Möglichkeit der Bekämpfung, aufgrund rechtlicher Regelungen jedoch nur eingeschränkt möglich. Da die Pflanzen zumeist auf nicht landwirtschaftlich, gärtnerisch oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen vorkommen, ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nur mit einer Genehmigung nach § 6 (3) Pflanzenschutzgesetz möglich. Diese Genehmigungen erteilt auf begründeten Antrag das örtlich zuständige Landwirtschaftsamt.

Neben den bisher genannten Bekämpfungsvarianten gibt es weitere Alternativen.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine Beweidung durch Hausschafe erfolgversprechend ist. Die Beweidung muss im Frühjahr, wenn die Pflanzen noch sehr klein sind, beginnen. Zufriedenstellende Ergebnisse werden aber erst nach mehreren Jahren erreicht.

Aus den letzten Jahren gibt es auch Erfahrungen zur thermischen Bekämpfung mit dem Heißschaum- Verfahren. Dieses Verfahren ist relativ zeit- und kostenaufwändig, so dass es nur bedingt anwendbar ist (z. B. bei steinigen Böschungen als Alternative zum Ausgraben).

Aus den Erfahrungen der Bekämpfungsmaßnahmen kann u. a. auch abgeleitet werden, dass die Herstellung intakter naturnaher Flussufer mit geschlossenem Gehölzbestand einen sehr guten Schutz vor einer übermäßigen Ausbreitung des Riesenbärenklau bietet.

Zu 5.: In den Jahren 2002 bis 2005 wurde durch die europäische Kommission, innerhalb des fünften Forschungsprogramms Energie, Umwelt und nachhaltige Entwicklung, das Projekt Gigant Alien finanziert. Ein übergeordnetes Ziel des Projektes war es, den Behörden aller nationalen und europäischen Verwaltungsebenen (Straßenbauämter und Naturschutzbehörden auf kommunaler, Kreis-, Bezirks- und Landesebene) sowie privaten Landeigentümern und Interessengruppen wissenschaftlich begründete aber dennoch praktikable Managementmethoden an die Hand zu geben, um das weitere Vordringen des Riesenbärenklaus einzudämmen. Die Ergebnisse und eine Broschüre sind in mehreren Sprachen auf der Projekt-Homepage www.giant-alien.dk verfügbar.

In Thüringen erfolgt keine wissenschaftliche Begleitung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Riesenbärenklaus. Wissenschaftlich begleitete Versuche anderer Bundesländer zu dieser Thematik sind nicht bekannt.

Durch das Julius-Kühn-Institutes (vormals Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Braunschweig) wurden in den Jahren 2002/2003 wissenschaftlich begleitete Versuche auf dem Gebiet der Thermischen Bekämpfung durchgeführt. Weitere Vorhaben sind vorerst nicht vorgesehen.

Zu 6. und 7.: Gefahren für die menschliche Gesundheit können sich nach Hautkontakt mit der Pflanze ergeben, insbesondere phototoxische Reaktionen. Diese äußern sich in Entzündungsreaktionen der Haut, die mit Blasenbildung einhergehen können. Als weitere Reaktionen können nässende Wunden, Pigmentveränderungen der Haut, Fieber, Schweißausbrüche, Bronchitiden, Atemnot sowie Kreislaufbeschwerden auftreten. Kinder können besonders gefährdet sein, wenn sie mit oder in den attraktiv aussehenden Pflanzen spielen.

Bisher sind der Landesregierung jedoch keine durch die Pflanze ausgelösten gesundheitlichen Schäden in Thüringen bekannt.

Durch größere Vorkommen des Riesenbärenklaus können durch Wurzel- und Lichtkonkurrenz andere standortheimische Pflanzenarten punktuell verdrängt werden. Naturschutzfachlich besteht derzeit jedoch kein Anlass zu der Befürchtung, dass es zu einem massiven Rückgang einheimischer Pflanzenarten kommt.

Auch im Forstbereich sind keine quantifizierbaren Schäden durch das Auftreten des Riesenbärenklaus bekannt.

Zu 8.: Eine Meldepflicht für das Auftreten der Pflanze gibt es in Thüringen nicht. Die Begründung ergibt sich aus der Beantwortung der Fragen Sechs und Sieben. Dementsprechend ist auch keine Änderung in der Meldepflicht geplant.