Rente
Mit der Verlagerung der vollzugspolizeilichen Aufgaben und polizeilichen Serviceaufgaben in andere Behörden und Einrichtungen der Polizei seien messbare Synergieeffekte zu erzielen sowie Personal- und Kosteneinsparungen verbunden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche anderen Behörden nehmen die Aufgaben des früheren Polizeiverwaltungsamtes wahr und wie sind diese Aufgaben organisatorisch in diese Behörden eingeordnet worden?
2. Welche vollzugspolizeilichen Aufgaben hatte das Polizeiverwaltungsamt wahrgenommen?
3. Welche Vorteile sind dadurch entstanden, dass das Beschaffungswesen und die Rentenstelle von der Bereitschaftspolizei übernommen wurden?
4. Welche messbaren Synergieeffekte sowie Personal- und Kosteneinsparungen sind durch die Auflösung des Polizeiverwaltungsamtes entstanden?
5. Welche Kosten entstehen jährlich durch die Versetzung des früheren Leiters des Polizeiverwaltungsamtes in den einstweiligen Ruhestand?
6. Weshalb konnte der frühere Leiter des Polizeiverwaltungsamtes nicht auf einem anderen Dienstposten verwendet werden? Weshalb wurde kein Versuch unternommen, ihn über die Personalentwicklungsstelle zu vermitteln?
7. Ist es rechtlich zulässig und mit dem Haushaltsrecht vereinbar, einen Beamten nach einer Behördenauflösung in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, wenn er auf einem anderen Dienstposten des gleichen Dienstherrn einsetzbar wäre? Wenn ja, woraus ergibt sich dies?
8. Sollte die Versetzung rechtlich unzulässig bzw. mit dem Haushaltsrecht nicht vereinbar sein: Wie bewertet die Landesregierung die Ruhestandsversetzung? Liegt eine Pflichtverletzung vor und könnte von den Verantwortlichen Schadensersatz gefordert werden?
25. März 2009
Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. März 2009 wie folgt beantwortet:
Zu 1.: Das Thüringer Polizeiverwaltungsamt (nachfolgend TPVA abgekürzt) wurde per Rechtsverordnung am 1. Mai 2008 aufgelöst und seine Aufgaben sowie das Personal auf andere Behörden und Einrichtungen der Thüringer Polizei übertragen.
Das Personal der Abteilung 1 und des Bereiches Behördenleitung/Stabsstelle, dessen Aufgaben mit der Auflösung des TPVA wegfielen, wurde zur Verstärkung der Verwaltungsbereiche auf verschiedene Behörden und Einrichtungen bedarfsgerecht verteilt.
Der Bereich Zentrale Beschaffung und Dienstleistungen (ehemalige Abteilung 2 des TPVA) wurde in die Bereitschaftspolizei integriert. Die Bereitschaftspolizei ist damit für die polizeiliche Beschaffung zuständig, soweit keine andere Zuständigkeit besteht. Sie kann auch für andere Landesbehörden Beschaffungen vornehmen.
Mit der Anbindung der Rentenstelle (ehemals Teil der Abteilung 4 des TPVA) an die Bereitschaftspolizei ist diese nun auch als Sonderversorgungsträger für Angehörige und Zivilbeschäftigte des ehemaligen Ministeriums des Innern der DDR zuständig und nimmt auch die entsprechende Archivgutverwaltung wahr.
Die Zentrale Bußgeldstelle (ehemalige Abteilung 3 des TPVA) wurde an die Polizeidirektion Nordhausen als unmittelbar nachgeordnete Dienststelle angegliedert. Die Polizeidirektion Nordhausen ist somit sachlich zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, soweit es sich um Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 24, 24a oder 24c des Straßenverkehrsgesetzes handelt; sie nimmt diese Aufgabe als Zentrale Bußgeldstelle der Polizei wahr.
Die ehemalige Abteilung 4 Rechtsangelegenheiten (ohne die bereits erwähnte Rentenstelle) wurde in die Abteilung 4 des Thüringer Innenministeriums sowie die ehemalige Abteilung 5 Interne Ermittlungen in das Landeskriminalamt Thüringen integriert.
Zu 2.: Bei der Beantwortung dieser Frage wird der Begriff vollzugspolizeilich im Sinne der Erfüllung von originär der Polizei übertragenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung durch Beamte der Schutzund Kriminalpolizei verstanden. Solche Aufgaben oblagen im Polizeiverwaltungsamt ausschließlich den Polizeivollzugsbeamten der Abteilung 5 Interne Ermittlungen.
Zu 3.: Dem Polizeiverwaltungsamt oblag unter anderem nicht nur die Wahrnehmung zentraler Aufgaben verwaltungs- und versorgungstechnischer Art für die gesamte Thüringer Polizei, sondern auch die Zuständigkeit als Sonderversorgungsträger für Angehörige und Zivilbeschäftigte des ehemaligen Ministeriums des Innern der DDR im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes.
Im Rahmen der durch das Projekt OPTOPOL vorgenommenen Aufgabenerhebung und Aufgabenkritik wurde festgestellt, dass es sich bei diesen beiden Angelegenheiten nicht um polizeiliche Kernaufgaben handelte.
Da eine zentralisierte Bearbeitung bzw. Anbindung geboten war, erfolgte mit Auflösung des TPVA die Zuweisung an die Bereitschaftspolizei. Die Bereitschaftspolizei ist - neben dem als zentrale Dienststelle für kriminalpolizeiliche Aufgaben mit anderen speziellen Aufgaben bereits beauftragten Landeskriminalamt - eine von zwei, dem Ministerium unmittelbar nachgeordneten und mit landesweiter Zuständigkeit versehenen oberen Landesbehörden im Bereich der Polizei.
Mit der Entscheidung für eine zentrale Anbindung des Beschaffungswesens bzw. der Rentenstelle konnte die in der Bereitschaftspolizei bestehende, bewährte Ablauforganisation genutzt, zwangsläufig (neu) entstehende Schnittstellen weitestgehend minimiert und existierende Informationsbeziehungen durch geeignete organisatorische Regelungen genutzt werden. Beispiele hierfür sind die gemeinsame Nutzung des in der Bereitschaftspolizei existierenden administrativen Unterbaus, die regelmäßige technisch/logistischen Unterstützung oder die temporäre personelle Entlastung/Vertretung.
Zu 4.: Mit der Verlagerung der bisherigen Aufgabenfelder des Polizeiverwaltungsamtes in andere Behörden und Einrichtungen der Polizei wurde das Ziel verfolgt, die bestehende Aufbau- und Ablauforganisation zu optimieren, Organisationsstrukturen zu straffen, Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen im Sinne eines modernen Führungsmanagements zusammenzuführen, Schnittstellen zu minimieren, Informationsbeziehungen zu beschleunigen und langfristig Einsparungen von Investitions- und Liegenschaftskosten zu erzielen.
Zudem sollte durch den Wegfall der Verwaltung einer oberen Landesbehörde qualifiziertes Verwaltungspersonal gewonnen werden, das zur Freisetzung von Polizeivollzugsbeamten benötigt wurde, die seinerzeit in den Polizeidirektionen und im Innenministerium Verwaltungstätigkeiten ausführten. Das mit Wirkung vom 1. Mai 2008 in die aufnehmenden Behörden überführte Personal des TPVA umfasste insgesamt 199 Bedienstete, davon 39 Polizeivollzugsbeamte, 57 Verwaltungsbeamte und 103 Tarifbeschäftigte, einschließlich neun Tarifbeschäftigter in der Freistellungsphase der Altersteilzeit bzw. mit bevorstehendem Renteneintritt.
Hinsichtlich der nachgefragten Personal- und Kosteneinsparungen ist zunächst festzustellen, dass die ehemals dem TPVA obliegenden Serviceaufgaben für die gesamte Thüringer Polizei grundsätzlich weiter zu erfüllen sind.
Deshalb war einerseits das mit diesen Aufgaben bereits im Polizeiverwaltungsamt betraute Personal unter grundsätzlicher Beibehaltung der bestehenden Aufgabenzuweisung komplett mit den jeweiligen Organisationseinheiten in die diese Aufgaben übernehmenden Behörden zu überführen. Das betraf beispielsweise die ehemalige Abteilung 3 (Zentrale Bußgeldstelle) oder Abteilung 5 (Interne Ermittlungen). Ausnahmen von dem Grundsatz. Das Personal folgt der Aufgabe. wurden nur in begründeten Einzelfällen und in Vereinbarung mit den dienstlichen Erfordernissen zugelassen.
Andererseits wurden Beschäftigte des ehemaligen TPVA in andere Behörden und Einrichtungen versetzt und dort in bereits bestehende Bereiche integriert, insoweit so nicht fortbestanden. Insgesamt wurden demgemäß 32 Bedienstete aus den Bereichen der Abteilung 1 sowie der Behördenleitung/Stabsstelle des TPVA für andere Aufgaben freigesetzt. Damit konnten personelle Defizite in den Verwaltungsbereichen anderer Behörden und Einrichtungen teilweise ausgeglichen sowie die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch Verwaltungspersonal in den Stäben verbessert werden.
Unmittelbar mit der Auflösung des Polizeiverwaltungsamtes wurden drei Polizeivollzugsbeamte freigesetzt bzw. von Aufgaben entlastet.
Als Beispiel für die erzielten Synergieeffekte kann hier die ehemalige Abteilung 5 des TPVA genannt werden, die mit der organisatorischen Anbindung an das Landeskriminalamt als eine durch Polizeivollzugsaufgaben geprägte Landesoberbehörde eine bessere fachliche Unterstützung erfahren kann als durch die (rein organisatorische) Zuordnung zu einer Verwaltungsbehörde, wie sie das TPVA darstellte.
Zu 5.: Durch die auf eigenen Antrag erfolgte Versetzung des früheren Leiters des TPVA in den einstweiligen Ruhestand entstehen keine Kosten. Der Beamte hatte Anspruch auf monatliche Bezüge entsprechend seinem statusrechtlichen Amt der Besoldungsgruppe A 16. Nach Auflösung und Abwicklung des TPVA konnte der Beamte im Bereich der Landesverwaltung nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden, so dass die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Ruhestandsbezügen die kostengünstigere Lösung gegenüber einer nicht amtsangemessenen Weiterbeschäftigung ohne konkrete Aufgaben mit vollen Bezügen darstellte.
Zu 6.: Der Beamte konnte keine amtsangemessene Beschäftigung im Thüringer Innenministerium (TIM) und dessen Geschäftsbereich angeboten werden. In seiner Besoldungsgruppe (A 16) käme nur eine Aufgabe als Referatsleiter in einer obersten Landesbehörde oder eine vergleichbare Position in Betracht.
Für offene und mit A 16 bewertete Dienstposten im Geschäftsbereich des TIM wies der Beamte nicht die notwendigen fachlichen und persönlichen Vorraussetzungen auf.
Alle Thüringer Ministerien sowie die Staatskanzlei, der Landtag und der Rechnungshof wurden gebeten, eine Verwendungsmöglichkeit für den Beamten zu prüfen. Sämtliche beteiligten Behörden teilten daraufhin mit, dass keine Verwendungsmöglichkeit bestehe. Von einer zusätzlichen Beteiligung der Personalentwicklungsstelle wurde aus diesem Grunde abgesehen.
Im Übrigen wird der gesetzlichen Verpflichtung des § 41a Satz 3 Thüringer Beamtengesetz bei künftig frei werdenden Planstellen der Besoldungsgruppe A 16 eine Verwendungsmöglichkeit für den Beamten zu prüfen, nachgekommen.
Zu 7.: Bei der Auflösung einer Behörde kann ein Beamter auf Lebenszeit, der das 50. Lebensjahr vollendet hat und dessen Aufgabengebiet von der Auflösung berührt wird, gem. § 41a mit seiner Zustimmung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wenn eine Versetzung nach § 31 Abs. 1 bis 4 nicht möglich ist. Nach Auflösung des TPVA konnte der Beamte nicht mehr amtsangemessen im Bereich der Landesverwaltung beschäftigt werden (siehe Antwort zu Frage 6). Da er das 50. Lebensjahr vollendet sowie seine Zustimmung zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand erteilt hatte, war eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gem. § 41a möglich. Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gemäß § 41a war mithin rechtmäßig. Das Haushaltsrecht steht dem nicht entgegen.
Zu 8.: Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen.