Grundstück

3.1.2 Abfallgebührensatzung mit höherrangigem Recht vereinbar?

Ein Bürger schilderte, er lebe in einem Zwei-Personen-Haushalt und halte eine 60-Liter-Mülltonne vorrätig. Diese werde 14 Mal im Jahr geleert und für diese Zwangsleerung berechne der Abfallwirtschaftsverband des Landkreises auch die entsprechenden Gebühren. Rein tatsächlich sei aber nur 5 bis 6 Mal im Jahr eine Abfuhr des Tonneninhaltes nötig, sodass man durch die Verfahrensweise des Abfallwirtschaftsverbandes gleichsam zur Müllproduktion angehalten werde. Dies, so die Meinung des Bürgers, könne ja eigentlich nicht sein.

In Anbetracht dieser ­ nachvollziehbaren ­ Bedenken hinterfragte die Bürgerbeauftragte die Vereinbarkeit der Abfallgebührensatzung mit den Vorgaben des Thüringer Gesetzes über die Vermeidung, Verminderung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Thüringer Abfallwirtschaftsgesetz -). Dieses legt in § 1 Abs. 1 fest, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satzung festlegen können, wie ihnen im Rahmen der Überlassungspflichten nach § 13 Abs. 1 bis 3 die Abfälle zu überlassen sind. Zudem sind Organisation und Durchführung der Abfallentsorgung so zu gestalten, dass Anreize zur Erfüllung der abfallwirtschaftlichen Grundpflichten der Abfallvermeidung und -verwertung gegeben werden. § 1 Abs. 4 ergänzt, dass auch bei der Bemessung der Gebühren Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schaffen sind.

Die Verpflichtung der Landkreise als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, die erforderlichen Maßnahmen auf dem Gebiet der Abfallentsorgung zu treffen, ist gemäß § 87 Abs. 1 Gemeinde- und Landkreisordnung (Thüringer Kommunalordnung - eine Pflichtaufgabe, die im eigenen Wirkungskreis zu erfüllen ist. Gemäß § 98 Abs. 1 i. V. m. § 99 Abs. 2 können die Landkreise im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises durch Satzung regeln. Folge dessen ist es, dass dem Aufgabenträger bei der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten ein weiter Ermessens- und Gestaltungsspielraum zusteht und in diesem Rahmen getroffene Entscheidungen keiner Fach-, sondern lediglich der Rechtsaufsicht unterliegen, die sich auf die Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des Aufgabenträgers beschränkt.

Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können nach § 4 Abs. 2 Satz 1 als Gegenleistung für die Inanspruchnahme ihrer Abfallentsorgungseinrichtungen Benutzungsgebühren nach dem erheben, wobei das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten decken soll (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Im vorliegenden Fall erhebt der Landkreis gemäß seiner Satzung für die Abfallverwertung und Abfallbeseitigung eine personenbezogene Grundgebühr, die sich nach der Zahl der auf einem Grundstück mit Hauptwohnsitz melderechtlich erfassten Personen und nach der Zahl der Personen, die nicht melderechtlich erfasst sind, sich aber mindestens 1/4 Jahr auf einem Grundstück im Landkreis aufhalten, richtet. Weiterhin wurde in der Satzung je Einwohner ein Mindestvolumen von jährlich 400 Litern Restmüll sowie ein 14-tägiger Entsorgungsrhythmus festgesetzt. Bei der Restmüllentsorgung richten sich die Behälter- und Leistungsgebühr nach dem Volumen des Abfallbehälters. Das genutzte Behältervolumen ist, unter Berücksichtigung des Mindestvorhaltevolumens, Voraussetzung für die Berechnung der (Mindest-)Entleerungen. Dabei wird für einen Einwohner je Grundstück pro Behälter eine Leerungszahl von 7, für 2 bis 15 Einwohner eine Leerungszahl von 10 festgesetzt.

Zur Erfüllung der Vorgaben des § 4 Abs. 4 ist es ausreichend, wenn Abfallgebührenmaßstäbe zur Anwendung gebracht werden, die generell geeignet sind, wirksame Anreize zur Abfallvermeidung zu schaffen.

Bei der Ausgestaltung des Gebührensystems hat die abfallentsorgungspflichtige Körperschaft ­ wie angedeutet ­ einen weiten Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen sie auf unterschiedliche Maßstäbe zurückgreifen und auf verschiedene Gesichtspunkte abstellen kann. Im Hinblick auf das Äquivalenzprinzip des § 12 Abs. 4 darf der Satzungsgeber aber keinen Maßstab wählen, der in einem offensichtlichen Missverhältnis zum tatsächlichen Maß der Inanspruchnahme stehen würde.

Das in der Angelegenheit um Mitteilung seiner Rechtsauffassung gebetene TIM legte dar, dass der vom Landkreis vorliegend gewählte Behältervolumenmaßstab allgemein als gebräuchlicher und rechtlich anerkannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab gelte. Soweit die Satzung Verpflichtungen zum Vorhalten eines Mindestbehältervolumens und/oder zur Durchführung einer bestimmten Anzahl von Mindestleerungen vorschreibe, sei dies rechtlich mit § 4 Abs. 4 vereinbar und nicht zu beanstanden.

Dabei müsse nicht auf den individuellen Bedarf des jeweiligen Benutzers eingegangen werden, ein Abstellen auf die durchschnittliche Inanspruchnahme sei ausreichend. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg gehe von der Annahme aus, dass bei umweltbewussten Bürgern ca. 10 Liter Restabfall pro Person und Woche anfielen (Az.: 9 L 4417/94) und das Thüringer Oberverwaltungsgericht bezeichne 20 Liter zwar deutlich über dem erreichbaren Minimum, ... aber auch nicht derart weit entfernt, dass es außer Verhältnis (zum tatsächlichen durchschnittlichen Müllaufkommen) stünde.

Gemäß vorliegender Satzung komme man, unter Einbeziehung des Mindestvorhaltevolumens von 400 Litern, auf eine Mindestmüllmenge von 7,7 Litern je Person und Woche. Obwohl die von dem Bürger angegebene tatsächliche Abfallmenge seines Haushaltes erheblich darunter läge, könne der Satzungsgeber jedoch nicht jede Anstrengung zur Abfallvermeidung honorieren. Dies, so das TIM in seinen Ausführungen weiter, sei nur bei Anwendung eines Wirklichkeitsmaßstabes möglich. Da aber der Wahrscheinlichkeitsmaßstab ­ wie der Behältervolumenmaßstab ­ nur eine generalisierende und pauschalierende Bemessungsweise bilde, seien bei der Veranlagung im Einzelfall Ungenauigkeiten oder Ungleichheiten hinzunehmen.

Wasseransammlungen auf einem Privatgrundstück

Ein Bürger trug der Bürgerbeauftragten vor, infolge mangelhafter Oberflächenentwässerung eines Erschließungsgebietes gelange bei Starkregen und Schneeschmelze Oberflächenwasser auf sein Grundstück und verursache dort diverse Bauschäden, dieses dringe vor allem aber auch in den (Öl-)Keller des Hauses ein. Zahllose Schreiben an die Stadtverwaltung seien ergebnislos ins Leere gelaufen, weshalb sich nun die Bürgerbeauftragte mit der Angelegenheit befassen möge.

Diese nahm umgehend Kontakt mit der Stadtverwaltung auf und ließ sich über den Sachverhalt aus deren Sicht unterrichten, wobei deutlich wurde,