Steuer

3.5 Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt

Kleingärtnerische Gemeinnützigkeit

Ein Bürger, der Mitglied eines Kleingartenvereins war und in dem von diesem Verein genutzten Areal einen Kleingarten hatte, wandte sich besorgt an die Bürgerbeauftragte mit dem Begehren um Auskunft, was es mit der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit auf sich habe. Denn mit zwei Mitarbeitern des Ordnungsamtes und Mitgliedern des Vereinsvorstandes habe auf dem Kleingartengelände eine Begehung stattgefunden, deren Hintergrund das Gerücht sei, der Verein solle bzw. könne seine Gemeinnützigkeit verlieren. Dem Bürger war deshalb daran gelegen zu erfahren, wer darüber zu befinden habe, unter welchen Voraussetzungen dies geschehen könne und welche rechtlichen Konsequenzen dies hätte.

Unter Beifügung einschlägiger Veröffentlichungen und der vorliegend maßgeblichen Thüringer Richtlinie für die Anerkennung und die Prüfung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit nach dem Bundeskleingartengesetz konnte die Bürgerbeauftragte den Hobbygärtner dahingehend informieren, dass das für das Kleingartenwesen zuständige Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) im Benehmen mit dem Thüringer Innenministerium (TIM) in der vorgenannten Richtlinie die Zuständigkeit für die Anerkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit sowie für die regelmäßige Prüfung der Geschäftsführung einer als gemeinnützig anerkannten Kleingärtnerorganisation nach den §§ 2 und 4 Abs. 2 des Bundeskleingartengesetzes auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen hat.

Nach Ziffer 1 der Richtlinie wird eine Kleingärtnerorganisation auf schriftlichen Antrag als gemeinnützig anerkannt, wenn sie im Vereinsregister eingetragen ist, die Satzung bestimmt, dass die Organisation ausschließlich oder überwiegend die Förderung des Kleingartenwesens nach dem Prinzip der Selbstlosigkeit sowie die fachliche Betreuung ihrer Mitglieder bezweckt, die erzielten Einnahmen kleingärtnerischen Zwecken zugeführt werden, die Vergabe neu zu verpachtender Kleingärten nach darin festgelegten objektiven Gesichtspunkten bzw. nach den von der Mitgliederversammlung zu beschließenden Richtlinien erfolgt, bei Auflösung der Organisation ihr Vermögen in Absprache mit der Anerkennungsbehörde, soweit nicht bereits eine Entscheidung der Finanzbehörde vorliegt, für kleingärtnerische Zwecke verwendet wird und sie sich der regelmäßigen Prüfung der Geschäftsführung durch die Anerkennungsbehörde unterwirft.

Die Anerkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit kann unter den Voraussetzungen der §§ 48 und 49 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz zurückgenommen oder widerrufen werden. Dies gilt insbesondere, wenn festgelegt wird, dass die Anerkennungsvoraussetzungen von Anfang an nicht vorgelegen haben oder später entfallen sind, insbesondere, wenn die Organisation ihre Rechtsfähigkeit verliert, die kleingärtnerische Organisation in erheblichem Umfang nicht kleingärtnerische Tätigkeiten ausübt oder über einen längeren Zeitraum nicht oder nicht mehr ihren satzungsmäßigen Zwecken gemäß tätig ist oder erhebliche Verstöße gegen Pflichten aus dem Prinzip kleingärtnerischer Gemeinnützigkeit festgestellt werden, die nicht behoben werden, insbesondere, wenn die finanzielle Verwaltungsführung nicht mit dem Prinzip der Selbstlosigkeit zu vereinbaren ist.

Der Begriff der Gemeinnützigkeit wird sowohl im Kleingartenrecht als auch im Steuerrecht (Abgabenordnung) verwendet, wobei beide Arten der Gemeinnützigkeit aber voneinander zu unterscheiden sind: Die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit steht im Zusammenhang mit dem so genannten Zwischenpachtprivileg (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Bundeskleingartengesetz), welches vom Bundeskleingartengesetz aus dem alten Recht der früheren Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung ­ KGO ­ übernommen wurde. Das Bestehen bzw. Nichtbestehen der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit hat insofern vornehmlich Auswirkungen auf die Befugnis des Vereins zur Zwischenverpachtung des kleingärtnerisch genutzten Grund und Bodens und damit auf die Gestaltung der privatrechtlichen Rechtsverhältnisse zur Nutzung der Flächen.

Des Einen Freud ­ ist des Anderen...

Ein Bürger schilderte, sein Nachbar halte eine ihm recht groß erscheinende Anzahl an Tauben. Wenn die Tauben Ausflug erhielten (in der Regel in der Zeit von 11:30 Uhr bis 20:30 Uhr), flögen sie in einem großen Schwarm auf das Grundstück zu und darüber hinweg. Hierdurch sah sich der Bürger angesichts der großen Zahl der Tiere beeinträchtigt, zumal die Tiere Aufwirbelungen verursachten und im Flug Taubenkot verlören. Bemühungen, mit dem Eigentümer der Tauben zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen (z. B. durch Reduzierung der Zahl der Tiere oder Veränderung der Richtung der zwei Ausflugöffnungen des Taubenschlages), schlugen fehl. Dem Bürger stellte sich nun die Frage, ob es spezielle öffentlich-rechtlichen Regelungen gäbe, die hier einschlägig seien.

Der Bürger wurde zur Sach- und Rechtslage ausführlich beraten mit dem Ergebnis, dass spezielle, den Ausflug von Tauben betreffende öffentlichrechtliche Rechtsvorschriften im Land Thüringen nicht bekannt seien, sondern die Angelegenheit vielmehr rein zivilrechtlicher Natur sei.

Einschlägig sind insoweit die §§ 1004, 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Gemäß § 906 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstückes solche vom Nachbargrundstück ausgehende Einwirkungen verhindern, die die Benutzung seines Grundstückes nicht nur unwesentlich beeinträchtigen, wobei selbst wesentliche Beeinträchtigungen hinzunehmen sind, soweit sie ortsüblich sind und nicht durch zumutbare Maßnahmen verhindert werden können. Maßstab ist insoweit das Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Grundstücksbenutzers. Allerdings ist im Hinblick auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis zu berücksichtigen, dass für den besonderen Bereich des notwendigen Zusammenlebens von Grundstücksnachbarn eine Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme besteht.

Dies zu Grunde gelegt, bietet die ­ jeweils an Hand konkreter Einzelfälle entstandene ­ Rechtsprechung der Amts-, Land- und Oberlandesgerichte bezüglich der Taubenhaltung ein uneinheitliches, von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängiges und somit vorliegend nicht aussagekräftiges Bild. Einigkeit besteht aber doch gemeinhin darüber, dass die Haltung von Tauben in besiedelten Bereichen mit gewissen Störungen für die Nachbarschaft verbunden sei und zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen mitunter durchaus eine Beschränkung der Taubenzahl und der Flugzeiten in Betracht kommen kann, nicht dagegen ein generelles Halteund/oder Flugverbot.