Wohnungen

Andrea Herz THÜRINGEN IM FRÜHLING 1968 CSSR-Okkupation, Jugendproteste, Ordnungsstaat Vierzig Jahre nach Niederschlagung des Prager Frühlings war noch immer weitgehend unbekannt, welche Reaktionen und Einflüsse dieses Ereignis in und für Thüringen hatte. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen nicht nur die politischen Debatten in der Bevölkerung, sondern besonders auch die intensive Reaktion unter Thüringer Jugendlichen. Die Mehrheit der inhaftierten und verurteilten CSSR-Sympathisanten waren unter zwanzig, sogar 15-jährige erhielten Haftstrafen. Die Untersuchung enthält eine vollständige Liste der inhaftierten politischen Akteure aus Thüringen und auch zahlreiche authentische Quellen mit den Argumenten und politischen Vorstellungen der Jugendlichen. Weitere Kapitel widmen sich dem politischen Vorfeld ab Jahresbeginn 1968, den Reaktionen der Systemträger und Sicherheitskräfte sowie der Einordnung bzw. den Auswirkungen der 1968er Jugendproteste auf die staatliche Jugendpolitik und das System der Jugenddisziplinierung. Viele Dokumente und Textpassagen sind im Sinne auch einer Verwendung im Schulunterricht und für Jugendprojektarbeit übernommen.

Henning Pietzsch SCHULALLTAG IN DER DDR Schulalltag und Ideologie: Strukturen ­ Erfahrungen ­ Dokumente der 70er und 80er Jahre

Diese Publikation ist das Ergebnis eines Projekts der Geschichtswerkstatt, für das auch ausführliche Zeitzeugenrecherchen in Jena und Eisenberg durchgeführt wurden. Dr. Henning Pietzsch stellt der Studie eine Analyse und Beschreibung der Volksbildung, Bildungsziele, Lehrinhalte und Schulstrukturen voran, die auch Lesern ohne DDR-Wissen einen effektiven Einblick in die Grundlagen des Schulalltags geben. In den mittleren Kapiteln werden Erinnerungseindrücke von Schülern und von Lehrern zu verschiedenen Grundfragen und politischen Facetten des Schulalltags systematisch wiedergegeben und analysiert, so dass der Leser Einblicke in Fragen wie staatlicher Antifaschismus, Jugendweihe, alternative Jugendkulturen aus Schülerperspektive, zu Lehrer-Berufseinstiegen, die Situation von und in Lehrer-Kollektiven oder die vormilitärische Ausbildung, Schülerdisziplinierung und Auflösung des DDR-Schulwesens 1989/90 aus Lehrerperspektive erhält. Über den regionalgeschichtlichen Ansatz hinausgehend enthält die Studie allgemein Wissenswertes und als Ziel benennt der Autor auch die Bereicherung des Lesers durch die Beschäftigung mit den Wertungen der befragten Zeitzeugen.

Regina Karell INOFFIZIELLE MITARBEITERINNEN DER DDR-STAATSSICHERHEIT IM BEZIRK GERA 1989

Regina Karell recherchierte umfangreich im IM-Aktenbestand der Gera und widmete sich vor allem der Frage, wie und warum Frauen sich zur Unterstützung der Staatssicherheit bereit erklärten und wie die Zusammenarbeit dann aussah. Angesichts der am Ende noch über 6000 laufenden IM-Vorgänge, von denen 1 000 Frauen betrafen, musste sie die Untersuchung auf diese 1000 Vorgänge beschränken. Dafür findet der Leser vielfältige statistische

Aussagen über Alter, Beruf, Zuordnung zu Stasi-Dienstfeldern und zu Formen der Zusammenarbeit. Der zweite Teil der Untersuchung beschreibt ein Spektrum der Fälle, wobei Regina Karell hier den Schwerpunkt einerseits auf die zahlenmäßig umfangreichste Gruppe der Inhaberinnen konspirativer Wohnungen und andererseits auf die IM-Vorgänge der Abteilung II mit Blick auf Spionage und Tätigkeit in der Bundesrepublik legt.

Die Studie ergänzt eine von Renate Ellmenreich, die sich den hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiterinnen im Bezirk Gera widmet und sie beschreibt auch andere Aspekte und Inhalte als die kurz zuvor durch Helmut Müller-Enbergs veröffentlichten IM-Statistiken.

Teilfinanziert vom Jahreshaushalt 2008 wurde außerdem die Layoutgestaltung einer Landkarte mit den Hauptereignisformen der Friedlichen Revolution 1989/90, die im Frühjahr 2009 mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung in den Druck gegangen ist.

Weitere Veröffentlichungen GERBERGASSE 18 ­ FORUM FÜR GESCHICHTE UND KULTUR Vierteljahreszeitschrift, Redaktion: Dr. Henning Pietzsch

Die Vierteljahreszeitschrift wurde auch in diesem Berichtsjahr wieder gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt Jena e. V. herausgegeben. Als Mitherausgeberin übernahm die Behörde neben unterstützenden Redaktionsarbeiten auch die Druckfinanzierung, die Durchführung und Finanzierung des Versandes, die Abonnentenbetreuung inklusive Mahnwesen etc. Die Gera führte außerdem die ständige Abonnenten-Kartei mit konstant etwa 500 Einträgen. Die Einnahmen aus dem Zeitschriftenverkauf fließen nicht in den sondern dienen der redaktionellen Bearbeitung der Zeitschrift, die auch 2007 in den Händen der Jenaer Geschichtswerkstatt lag.

NICHT ­ IM NAMEN DES VOLKES. Politisches Strafrecht in der DDR 1949-1961. Quellen zur Geschichte Thüringens, Band 29, herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung, bearbeitet von Andrea Herz

Der Quellenband enthält über 100 kommentierte Dokumente aus Archivbeständen der Bundesbeauftragten und aus Beständen der Staatsanwaltschaft, des Bezirksgerichtes und der Bezirkspolizei Erfurt, aus SED-Akten aus den Thüringer Staatsarchiven. Das Spektrum enthält eine systematische Sammlung selbsterklärender Dokumente über zahlreiche politische Haftgründe ­ aus Sicht der Systemträger selbst ­ und erhellt damit das Ausmaß und den Charakter des strafrechtlichen DDR-Alltages einerseits und der Instrumentalisierung des Rechts zu Machtgewinnung und Machtsicherung der SED-Alleinherrschaft andererseits.

Druckkosten fielen ebenfalls für sechzehn großformatige Ausstellungstafeln im Rahmen der innerhalb der Behörde neu gestalteten Wanderausstellung (s. unten) an, wobei das Layout selbst bis zur Druckreife gestaltet wurde.

Anfertigung und Druck von Informations-Materialien, Faltblättern, Plakaten

Ein achtseitiges neu gestaltetes und aktualisiertes Zwischen Frühling und Herbst 1968. Proteste gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings wurde kostengünstig in der Behörde selbst entworfen, gestaltet und in den Druck (10.000 Exemplare) gegeben.

Für Büchertische, Tage der offenen Tür und Bildungsveranstaltungen wurden ­ meist in Stückzahlen unter 100, durch Eigendruck oder Vervielfältigung ­ textorientierte Informationsmaterialien angefertigt und verbreitet. Darunter zum 17. Juni 1953, zum Ende der Staatssicherheit, zu Kreisverwaltungen des und über das DDR-Rechtssystem.

Für mehrere wurden außerdem Plakate und Einladungen in Kleinauflagen bis zu 300 Stück selbst erstellt, gedruckt und verbreitet.

Ausstellungen

Im Rahmen der politischen Bildungsarbeit der Behörde wurden 2008 zwei Ausstellungen in Thüringen neu gestaltet und präsentiert.

Ausstellung Einschluss IV

Eine vierte umfangreiche Sommerausstellung, zu der neben den Ausstellungsinhalten auch zahlreiche organisatorische Arbeiten notwendig wurden, war für das Jahr 2008 ursprünglich nicht geplant, wurde angesichts einer öffentlichen Erwartungshaltung dann aber kurzfristig in Angriff genommen. Mehr als drei Viertel aller anfallenden Arbeiten im Vorfeld und während der Ausstellung wurden in der Behörde der geleistet. Dazu gehörten die Nutzbarmachung des Objektes, die Suche und Betreuung von Aufsichtspersonal, die technischen und rechtlichen Fragen.

Im Erdgeschoss wurde an der künstlerischen Ausstellungsidee festgehalten, wobei das Zeitfenster dem künstlerischen Leiter der letzten Jahre kein Formkonzept und keine gezielten Rauminstallationen ermöglichten. Darum wurden vier inhalts- und qualitätsgerechte Ausstellungskomponenten in Absprache mit den jeweiligen Akteuren vorbereitet und präsentiert:

1. Verlassene Orte politischer Haft

Die ausgewählten Bilder des Weimarer Fotografen Claus Bach von 2008 zeigen Räume und Bereiche des ehemaligen Gefängnisbaues, die bislang noch nie öffentlich zugänglich waren - so zum Beispiel den einstigen Verhörtrakt. Sie tragen die Spuren ihrer Vergangenheit mit einer Aura der Verlassenheit, wie sie kaum dauerhaft konservierbar ist.

2. Visionen einer Gedenkstätte Studentinnen und Studenten der Fachrichtung Architektur der Bauhaus-Universität Weimar wählten für ihre Diplomarbeiten das Thema Dokumentationszentrum ehemalige - Begegnungs- und Gedenkstätte Andreasstraße. Gemeinsam stellen sie ihre Modelle vor. Die Gestaltungsmodelle von Grit Hauschild, Daniel Hoffmann, Lars Jugel, Sven Korthe, Jan P. Lieser, Katharina Reinhold, Julia Staubach und Laura Ullrich enthalten innovative Ideen und Nutzungspläne für das gesamte Gelände. Jeder von ihnen gab diesem Ort eine Vision. Die Sammlung ihrer Arbeiten zeigt ein Spektrum möglicher Horizonte für den noch immer als Ruine stehenden historischen Ort.