§ 79 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Thüringen

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches sind die wesentlichsten Erfahrungen bei der Umsetzung des Rahmenvertrages nach § 93 ff. BSHG bezogen auf den Vorrang ambulanter Hilfen zur Teilhabe?

2. Welche Regelungen und Bestimmungen im Rahmenvertrag hemmten bzw. förderten den Vorrang ambulant vor stationär?

3. Mit welchen Ergebnissen wurden wie viele Erhebungen zum Hilfebedarf seit 2000 durchgeführt (bitte Hilfebedarfsgruppenzuordnung, nach Geschlecht, Bereich - stationär/ambulant und Altersstruktur auflisten [bitte auflisten nach Landkreisen und kreisfreien Städten])?

4. Wie verteilen sich die Hilfeempfänger aktuell auf die jeweiligen Hilfebedarfsgruppen, wie ist deren Altersstruktur und welche Hilfen nehmen sie jeweils in Anspruch (bitte auflisten nach Landkreisen und kreisfreien Städten)?

5. Mit welchen Maßnahmen und Festlegungen soll der gegenwärtig in Verhandlung befindliche Rahmenvertrag den Vorrang ambulanter Hilfen in allen Hilfebedarfsgruppen sichern?

6. Mit welchen Entgelten werden gegenwärtig stationäre sowie ambulante Hilfen untersetzt (bitte Hilfeform/Maßnahme benennen und in einer Tabelle vergleichen)?

7. Welches Konzept verfolgt die Landesregierung hinsichtlich der Entgeltgestaltung, um den Vorrang ambulanter Wohnformen für alle Hilfebedarfsgruppen zu ermöglichen? Inwieweit ist ein Übergang von der Objekt- zur Subjektförderung angedacht?

8. Welche durchschnittlichen Kosten pro Platz fallen in den jeweiligen Leistungstypen an? Wie groß ist jeweils die Streubreite zwischen Höchstsatz und geringstem Entgeltsatz?

9. Welche Maßnahmen zieht die Landesregierung zur Umsetzung der mit der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen verbundenen Ansprüche insbesondere bzgl. der Wahlfreiheit des Wohnumfeldes bei der Gestaltung der Rahmenvereinbarung in Betracht?

Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. April 2009 wie folgt beantwortet:

Zu 1. und 2.: Die Zuständigkeit für die ambulanten Hilfen liegt bei den örtlichen Sozialhilfeträgern. Der in Thüringen abgeschlossene Landesrahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - Sozialhilfe 27. April 2009 enthält nur Regelungen für die teilstationären und vollstationären Angebote der Eingliederungshilfe. Da das Land für die ambulanten Hilfen nicht zuständig ist, wurde ein entsprechender Landesrahmenvertrag für die ambulanten Hilfen nicht abgeschlossen.

Der Vorrang der ambulanten Hilfen besteht unabhängig von den Regelungen im Landesrahmenvertrag.

Zu 3.: Da die örtlichen Sozialhilfeträger für die Hilfen nach dem SGB XII zuständig sind, liegt hier auch die Verantwortung für die Ermittlung des individuellen Hilfebedarfs. Nach Feststellung des Hilfebedarfs erfolgt auf örtlicher Ebene in der Hilfeplankonferenz die Abstimmung, wie der Hilfebedarf durch entsprechende ambulante oder stationäre Angebote abgedeckt werden kann. Von Seiten des Landes wurden keine entsprechenden Erhebungen durchgeführt.

Zu 4.: Unter Bezugnahme auf die Antwort zu Frage 3 liegen der Landesregierung keine Angaben vor.

Zu 5.: Der Landesrahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII ist seit 10. Dezember 2001 in Kraft und befindet sich gegenwärtig nicht in Verhandlung. Er regelt nur teil- und vollstationäre Angebote; insofern sind keine Festlegungen zum Vorrang ambulanter Hilfen zu treffen. Der Vorrang ambulanter Hilfen gilt unabhängig vom Regelungsbereich des Landesrahmenvertrages. Anreize für die Schaffung ambulanter Angebote durch die örtlichen Sozialhilfeträger wurden über die Regelungen zur Gewährung eines Ausgleichs des Landes zu deren Nettosozialhilfeaufwendungen im Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch XII) eingeführt.

Zu 6.: Durchschnittliche Vergütungen für teil- und vollstationäre Angebote sind der beigefügten Übersicht (Anlage) zu entnehmen. Zahlen für den ambulanten Bereich können nicht vorgelegt werden, da hier die Zuständigkeit bei den örtlichen Sozialhilfeträgern liegt.

Zu 7.: Die Landesregierung plant derzeit zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden und der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen e.V. die Erarbeitung eines Vorschlags für ein einheitliches Hilfebedarfsfeststellungsverfahren mit personenzentriertem, das heißt subjektbezogenem Ansatz für Thüringen.

Dazu wird am 28. Mai 2009 eine gemeinsame Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufnehmen. Zukünftige Angebotsstrukturen sollen dem individuellen Bedarf Rechnung tragen, durchlässig sein und ambulante, teil- und vollstationäre Leistungen im Verbund anbieten.

Für das Verfahren der Entgeltgestaltung wird der zu erarbeitende Vorschlag für ein einheitliches Hilfebedarfsfeststellungsverfahren auch im Hinblick auf den Vorrang ambulanter Wohnformen handlungsleitend sein.

Zu 8.: Ich verweise auf die in der Antwort zu Frage 6 angeführte Tabelle (Anlage).

Zu 9.: Der Landesrahmenvertrag steht der Umsetzung der UN-Konvention nicht entgegen.