Niedersachsen mit demselben Ziel abgeschafft jedoch teilweise durch so genannte Regierungsvertretungen ersetzt

Sachsen-Anhalt jeweils drei klassische Regierungsbezirke. In Thüringen ging man einen vermittelnden Weg und entschied sich für ein zentrales Landesverwaltungsamt.

Aufgrund der in den letzten Jahren durchgeführten Organisationsreformen in einigen Flächenländern, stellt sich auch für Thüringen die Frage nach der Tragfähigkeit und der Rechtfertigung einer allgemeinen Mittelinstanz im Allgemeinen und dem Aufgabenzuschnitt des Landesverwaltungsamts im Besonderen. So wurden in die Regierungspräsidien mit dem Ziel der Verschlankung der Verwaltung und des Personalabbaus durch die Auflösung von Sonderbehörden und die Überführung des Aufgabenbestandes wesentlich gestärkt, während sie in Niedersachsen mit demselben Ziel abgeschafft, jedoch teilweise durch so genannte Regierungsvertretungen ersetzt wurden. Auch in Rheinland-Pfalz20 wurden sie in zwei funktional ausgerichtete Behördentypen umgewandelt und in Sachsen-Anhalt in einem Landesverwaltungsamt zusammengeführt.

Dabei ist die Diskussion um die Reform der Verwaltungsstrukturen in den Bundesländern Legion und nimmt im Grunde eine alte verwaltungspolitische Fragestellung auf: Sollen Fachaufgaben in Sonderbehörden oder der allgemeinen Verwaltung vollzogen werden und wie weit kann dabei die Kommunalisierung von Aufgaben gehen?

Neu sind allerdings die Intensität und das Ausmaß der aktuellen und auch tatsächlich realisierten Reformmaßnahmen. Alle Länder bemühen sich, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Instrumenten, um eine Konzentration und Straffung der unmittelbaren staatlichen Verwaltung durch den Abbau von Doppelstrukturen aus Sonderbehörden und Mittelinstanz, Kommunalisierungen und Privatisierungen. Im Kern lassen sich nach Jörg Bogumil allgemein zwei Reformpfade unterscheiden: Eidie ähnlichen Landesstrukturen im so genannten Patenschaftsland Schleswig Holstein nennt.

Vgl. dazu: Host Müller, Zur Entwicklung der Verwaltungsorganisation in den neuen Bundesländern ­ Beispiel Thüringen, Bd. 83 (1992), S.592 (603).

Gesetz zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums ­ Verwaltungs-Struktur-Reformgesetz ­ vom 1.7.2004, GBl. S. 469.

Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen vom 5.11.2004, GVBl. S. 394.

Landesgesetz zur Reform und Neuorganisation der Landesverwaltung vom 12.10.1999, GVBl. S. 325. nerseits der fachlichen Konzentration in einer zweistufigen Verwaltung ohne Mittelinstanz und andererseits einer sachlichen Konzentration in Form einer gebündelten Aufgabenwahrnehmung auf Mittelebene in einer dreistufigen Verwaltung.

Staatliche und kommunale Konzentration im Rahmen der Zweistufigkeit Kennzeichen der zweistufigen Konzentration ist der Verzicht auf eine allgemeine Mittelinstanz. Diese Verwaltungsgliederung existiert in Schleswig-Holstein, Brandenburg, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und seit 2005 in Niedersachsen. Hier wird versucht, die in größerer Anzahl vorhandenen Sonderbehörden durch Zusammenführung (Konzentration) oder Umwandlung in Landesbetriebe zu reduzieren. Zudem wird eine Reduzierung des Umfangs der unteren Landesverwaltung angestrebt, indem Aufgaben in obere Landesbehörden integriert oder als Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben auf Kreise und Gemeinden verlagert werden. Die kommunale Konzentration ist im Saarland am weitesten fortgeschritten, in ist eine weitgehende Kommunalisierung nach der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts gescheitert.

Das einzige Land, das den Systemwechsel von der drei- zur zweistufigen Gliederung vollzogen hat, ist Niedersachsen. Hier wurde durch die Auflösung der fünf Bezirksregierungen und die Verteilung der Aufgaben auf Ministerien, Sonderbehörden, Kommunen und Dritte auf eine fachübergreifende Bündelungsinstanz auf mittlerer Ebene verzichtet. Neue Ansprechpartner auf der unteren Stufe wurden die Landkreise, während auf oberer Ebene durch eine Zusammenarbeit von Sonderbehören eine Bündelung angestrebt wurde. Darüber hinaus ist man der Meinung, dass sich die Bedeutung und Wirksamkeit der durch die Bezirksregierungen wahrgenommenen Bündelungs- und Koordinierungsfunktion reduziert habe, u.a. durch die Einstufigkeit

Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz vom 27.2.2003, GVBl. S. 40 i.V.m.

Gesetz zur Neuordnung der Landesverwaltung vom 17.12.2003, GVBl. S. 353.

Jörg Bogumil, Vor- und Nachteile des zwei- und dreistufigen Verwaltungsaufbaus vor dem Hintergrund der Struktur der Thüringer Landesverwaltung, Gutachterliche Stellungnahme im Rahmen der Anhörung der Arbeitsgruppe 3 der Enquetekommission in der 6. Sitzung am 28. Januar 2008, Zuschrift EK 4/1-42, S. 4 f.; ders., Verwaltungspolitik im Bundesländervergleich ­ Große Entwürfe statt inkrementalistische Reformen?, in: Bandelow / Bleek (Hrsg.), Einzelinteressen und kollektives Handeln in modernen des Widerspruchsverfahrens, den Wegfall bzw. die Verlagerung von Genehmigungsund Anzeigeverfahren und die Veränderung der Fach- und Kommunalaufsicht.

Allerdings kommt Niedersachsen nicht ohne eine räumliche Dekonzentration auf Ebene der unmittelbaren Landesverwaltung aus und hat als Kompensation für den Wegfall der Bezirksregierungen vier Regierungsvertretungen eingerichtet. Organisatorisch sind die vier Regierungsvertretungen als Referate im Innenministerium angesiedelt, während sie funktionell Aufgaben der einzelnen Ressorts in eigner fachlicher Verantwortung erfüllen. Eine Sonderrolle zwischen der Form der Behörde und der privatwirtschaftlichen Wahrnehmung einer Aufgabe bilden die Landesbetriebe, die zwar betriebswirtschaftlich organisiert aber Bestandteil der unmittelbaren Landesverwaltung sind und in Niedersachsen mehr als in anderen Bundesländern eingerichtet wurden.

Staatliche Bündelung im Rahmen der Dreistufigkeit

Als grundsätzliches Modell ist die staatliche Bündelung im Rahmen einer dreistufigen Verwaltungsgliederung in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz anzutreffen.

In diesen 8 der 13 Flächenländer gibt es insgesamt 26 Mittelinstanzen, die allerdings verschiedene Modelle repräsentieren. Weder ihre Aufgaben noch ihre Einbindung in die Verwaltungsstruktur sind bundesweit einheitlich. Dabei lassen sich in Anlehnung an Jörg Bogumil drei Typen unterscheiden: der klassische dreistufige Aufbau mit regional ausgerichteten Bündelungsbehörden in Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Nordrhein-Westfalen, der dreistufige Aufbau mit räumlich konzentrierten Landesverwaltungsämtern in Thüringen und Sachsen-Anhalt und der dreistufige Aufbau in Rheinland Pfalz mit funktional ausgerichteten Mittelbehörden in Form von zwei Struktur- und Genehmigungsdirektionen und einer Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion.

Ausgehend von diesem dreistufigen Aufbau fokussierten Demokratien, 2007, S. 111 ff.; Jörg Bogumil / Werner Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, 2. Aufl. 2009, S. 253 f.

Vgl. Jörg Bogumil / Steffen Kottmann, Verwaltungsstrukturreform in Niedersachsen ­

Die Abschaffung der Bezirksregierungen, 2006.

Jörg Bogumil, Vor- und Nachteile des zwei- und dreistufigen Verwaltungsaufbaus vor dem Hintergrund der Struktur der Thüringer Landesverwaltung.