Anlassbezogene und routinemäßige Hygienebegehung gehört zu den Pflichtaufgaben des Gesundheitsamtes

März 2009 hat folgenden Wortlaut:

Nach dem Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 liegt für die Bundesrepublik eine nosokomiale Infektion dann vor, wenn eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht.

Anlassbezogene und routinemäßige Hygienebegehung gehört zu den Pflichtaufgaben des Gesundheitsamtes. Der § 23 des Infektionsschutzgesetzes verpflichtet das Krankenhaus und ambulant operierende Praxen zur Dokumentation und Bewertung ihrer Infektionsstatistik, das Gesundheitsamt wiederum soll Einsicht in die Dokumentation der Krankenhausinfektionen nehmen und die Bewertung und deren Konsequenzen erfragen.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Häufigkeit werden routinemäßige Hygienebegehungen in allen Thüringer Krankenhäusern vorgenommen und wie personalintensiv ist diese Pflichtaufgabe (Angaben bitte seit 2001 bis 2008)?

2. Wie oft mussten im o. g. Zeitraum anlassbezogene Hygienebegehungen in Thüringer Krankenhäusern erfolgen und welche Anlässe überwogen?

3. Wie beurteilten die Mitarbeiter der Gesundheitsämter die Dokumentation der Krankenhausinfektionen und deren Bewertung? Welche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Einschätzung der Dokumentationen der einzelnen Krankenhäuser?

4. Gibt es eine Analyse der Versorgungskette des infizierten oder mit multiresistenten Erregern besiedelten Patienten vom stationären zum ambulanten Bereich und der dabei vorhandenen Schnittstellen?

5. Gibt es Überleitbögen aus dem stationären Bereich (Verlegung/Entlassung, Aufnahme in Gemeinschaftseinrichtungen), Übergabebögen für den Krankentransport und Patienteninformationsblätter in Thüringer Krankenhäuser zur Unterstützung des Hygieneregimes und zur Aufdeckung von MRSA-Infektketten (mehrfach-resistente Staphylococcus aureus-Stämme)?

6. Wie und unter welchem personellen Einsatz bewältigen die Gesundheitsämter die diesjährige Grippeepidemie? In welchen Landkreisen und kreisfreien Städten existieren praxisnahe Pandemiepläne?

6. Mai 2009

Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 24. April 2009 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Gemäß § 36 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz und § 6 der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten vom 8. August 1990 -VO-ÖGD- i.d.F.d. als Landesrecht fortgeltenden Vorschriften der ehemaligen DDR vom 2. Oktober 1998 (GVBl. S. 329, 337) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 VO-ÖGD unterliegen die Krankenhäuser der infektionshygienischen Überwachung der Gesundheitsämter. Eine Regelung über die Häufigkeit der Kontrollen sehen die genannten gesetzlichen Grundlagen nicht vor. Verwaltungsintern gilt die Regel, einmal im Jahr in jedem Krankenhaus eine infektionshygienische Überwachung durchzuführen. Aufgrund der Fülle der zu erbringenden Aufgaben einschließlich der infektionshygienischen Überwachungsmaßnahmen der Gesundheitsämter verschiedener Einrichtungen ist es schwierig, das Ziel der jährlichen kompletten Begehungen aller Krankenhäuser zu realisieren. Abhängig von der Größe einer Einrichtung bedarf es in der Regel mehrerer Arbeitstage, um eine Klinik komplett zu begehen und infektionshygienisch zu überwachen.

Die Klinikbegehungen werden von den Amtsärzten selbst und/oder einer Hygienefachkraft des Gesundheitsamtes durchgeführt.: Angaben zu anlassbezogenen Hygienebegehungen liegen der Landesregierung nicht vor.

Zu 3.: Nach § 23 Abs.1 des Infektionsschutzgesetzes besteht für Krankenhäuser und Einrichtungen für ambulantes Operieren die Verpflichtung, die vom Robert Koch-Institut nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b festgelegten nosokomialen Infektionen und das Auftreten von Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen fortlaufend in einer gesonderten Niederschrift aufzuzeichnen und zu bewerten, um daraus die notwendigen Maßnahmen zur Infektionsprävention ableiten zu können. Die erhobenen Daten verbleiben im Krankenhaus. Den zuständigen Gesundheitsämtern ist auf Verlangen Einsicht in die Unterlagen zu gewähren. Probleme bei der Umsetzung dieser Regelung sind der Landesregierung nicht bekannt.

Zu 4.: Dazu liegen der Landesregierung keine Informationen vor.

Zu 5.: Die Mehrzahl der Thüringer stationären medizinischen Einrichtungen haben seit Jahren sogenannte Pflegeüberleitungssysteme entwickelt, die für die reibungslose Übernahme oder Verlegung von vor allem multimorbiden pflegebedürftigen Patienten in andere Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. in weitere Krankenhäuser, Reha- und Pflegeeinrichtungen) dienen sollen. Mit diesen Überleitungsbögen werden Rettungsdienste bzw. Krankentransporte und Zielgemeinschaftseinrichtungen über aktuelle Diagnosen, Laborbefunde, notwendige Behandlungs- und pflegerische Maßnahmen, medikamentöse Verordnungen, einschließlich laufender Antibiotikatherapie sowie bei Bedarf über eine vorhandene nosokomiale Infektion bzw. Kolonisation mit meldepflichtigen und/oder multiresistenten Erregern (z. B. Noroviren, Methicillin resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)) bei der Entlassung oder Verlegung oder Einweisung informiert.

Auch die Gemeinschaftseinrichtungen haben die medizinischen Einrichtungen u. a. über den Infektionsstatus der zu verlegenden Patienten bzw. Bewohner zu informieren. Die bei den Patienten bzw. Bewohnern vorhandenen Infektionen oder Kolonisationen mit multiresistenten Erregern werden auf den Pflegeüberleitungsbögen kenntlich (elektronisch oder farblich) gemacht. Bei der Entlassung der Patienten in den ambulanten Bereich werden die Hausärzte über das Vorhandensein einer nosokomialen Infektion oder die Keimträgerschaft im Entlassungs- bzw. Arztbrief informiert.

Zu 6.: Im Zusammenhang mit der diesjährigen Grippeerkrankungswelle sind keine saisonbedingten Einschränkungen bei der Erfüllung der Arbeitsaufgaben der Thüringer Gesundheitsämter bekannt. Jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt hat die notwendigen Maßnahmen in Vorbereitung auf eine Influenza-Pandemie geplant.