Das Solarkraftwerk Haßleben wird das größte derartige Kraftwerk in Thüringen

März 2009 hat folgenden Wortlaut:

Die VENTIMOTOR beabsichtigt, in der Gemarkung Haßleben auf dem Gelände des ehemaligen WGTHubschrauberlandeplatzes auf einer Teilfläche von etwa 45 ha ein Solarkraftwerk zu errichten und zu betreiben. Das Vorhaben liegt in der Flussniederung der Gera und Unstrut bei Straußfurt im Thüringer Becken nordöstlich der Gemeinde Haßleben. Der Freistaat Thüringen, vertreten durch die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG), ist Eigentümer der Konversionsflächen. Der Vorhabensträger hat mit der LEG einen Vertrag zur Entwicklung des Solarstromkraftwerks mit Kaufoption geschlossen.

Das Solarkraftwerk Haßleben wird das größte derartige Kraftwerk in Thüringen sein.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Priorität räumt die Landesregierung dem Projekt Solarpark Haßleben in Bezug auf den weiteren Ausbau erneuerbarer Energiequellen in Thüringen ein und welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG, Artikel 6 Abs. 1, wonach der rechtliche Rahmen von Genehmigungsverfahren für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen mit dem Ziel zu bewerten ist, dass rechtliche und andere Hemmnisse, die dem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen entgegenstehen, abzubauen und die Verfahren auf der entsprechenden Verwaltungsebene zu vereinfachen und zu beschleunigen sind?

2. In welcher Größenordnung sind nach Kenntnis der Landesregierung Fördermittel der einzelnen Ebenen (Kommune, Land, Bund, Europa) für dieses Projekt zum Einsatz gekommen und welche Förderung ist künftig vorgesehen?

3. Wie ist der Stand der momentanen Rechtslage bzw. der Verfahrensablauf hinsichtlich der Behördenbeteiligung, der Bürgerbeteiligung, der Stellungnahmen und der Genehmigungsverfahren der Aufsichtsbehörde?

4. Welche Einwände wurden seitens der Unteren Naturschutzbehörde (Naturschutzamt) des Landkreises Sömmerda vorgebracht, wurden diesbezüglich Auflagen erteilt und wenn ja, welche und wird dabei das Gesamtprojekt in Frage gestellt?

5. Hat der Investor die Flächen mittlerweile von der Landesentwicklungsgesellschaft gekauft? Wenn nein, wovon hängt der käufliche Erwerb ab?

6. In welchen Größenordnungen ist der Vogelschutz vom Geltungsbereich des Bebauungsplanes betroffen?

Welche Ergebnisse haben die Vorprüfungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen des FFH-Vogelschutzgebietes erbracht? Ist möglicherweise Konfliktpotential zu konstatieren und wenn ja, worin?

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Mai 2009 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der Landesentwicklungsplan 2004 sieht bezüglich des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien folgende Grundsätze vor:

- Die Versorgung mit Energie soll unter möglichst geringer Umweltbelastung gesichert werden und auf einem ausgewogenen Energiemix mit einem verstärkten Anteil erneuerbarer Energien basieren.

- Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch soll erhöht werden. In der Begründung dazu heißt es, dass dabei die Nutzung von Biomasse und Wasserkraft auf Grund der natürlichen Gegebenheiten im Vordergrund steht. Ein wesentlicher Beitrag wird aber auch durch Nutzung der Sonnen- und Windenergie erbracht.

Dem Projekt Solarpark Haßleben wird in Bezug auf den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien in Thüringen durch die Landesregierung eine hohe Priorität eingeräumt. Der auf dem Gelände des ehemaligen Hubschrauberlandeplatzes geplante Solarpark Haßleben wäre mit einer installierten Leistung von 20 bis 30 MW der derzeit Größte in Thüringen.

Im Bericht der Bundesregierung zur Richtlinie 2001/77/EG, Artikel 6 Abs. 1 zu den Verwaltungsverfahren für die Zulassung von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird dargelegt, dass im deutschen Recht für alle Formen der Nutzung erneuerbarer Energien klare verfahrensrechtliche Vorgaben bestehen. Insbesondere die großen Zuwächse der letzten Jahre belegen, dass das System der deutschen Rechtsvorschriften gute Voraussetzungen für das Erreichen der gesetzten Ziele bei der Nutzung erneuerbarer Energien bietet.

Zu 2.: Nach Kenntnis der Landesregierung sind keine Fördermittel zum Einsatz gekommen. Es ist auch keine Förderung vorgesehen. Der eingespeiste Strom würde nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet.

Zu 3.: Im Regionalen Raumordnungsplan Mittelthüringen, dem der Standort Haßleben zuzuordnen ist, ist als Ziel verankert, dass die aktive und passive Solarenergienutzung angewendet und forciert werden soll. Jedoch ist auch zu beachten, dass für die ehemals militärisch als Hubschrauberlandeplatz genutzte Fläche in Haßleben vorrangig eine naturnahe Folgenutzung vorgesehen ist; wobei eine bauliche Nutzung nach raumordnerischer Prüfung in Teilbereichen möglich ist.

Das Vorhaben Solarpark Haßleben befindet sich im Vogelschutzgebiet Nr. 15 Gera-Unstrut-Niederung um Straußfurt. Um die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach FFH-Richtlinie, Bundesnaturschutzgesetz und Thüringer Naturschutzgesetz zu erfüllen, darf der Solarpark das Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen nicht erheblich beeinträchtigen.

Insbesondere sind artenschutzrechtliche Verbote zu beachten.

Im Rahmen der förmlichen Behördenbeteiligung zum vorhabensbezogenen Bebauungsplan Solarpark Haßleben legte die obere Landesplanungsbehörde fest, dass auf Grund der Größenordnung des geplanten Solarparks ein vereinfachtes Raumordnungsverfahren durchzuführen ist, welches am 19. November 2008 eröffnet wurde und voraussichtlich bis Ende Mai 2009 abgeschlossen wird.

Zu 4.: Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Sömmerda hat das Bebauungsplanverfahren begleitet und sich zunächst um die Abarbeitung der Eingriffsregelung gekümmert und Vorschläge für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gemacht. Nach Sichtung der vollständigen Unterlagen stellte die Untere Naturschutzbehörde fest, dass die Erhaltungsziele des Vogelschutzschutzgebietes durch das Vorhaben voraussichtlich beeinträchtigt werden.

Zudem stellte die Untere Naturschutzbehörde im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung entgegen den Schlussfolgerungen des Vorhabensträgers fest, dass das Vorhabensgebiet unter anderem eine bedeutende Funktion als Nahrungsgebiet für eine Vielzahl von Gastvogelarten besitzt. Durch die Überbauung mit Solarmodulen würde das Vorhabensgebiet unter anderem als Nahrungsgebiet eingeschränkt und für Greifvögel nahezu unbrauchbar.

Zu 5.: Die Flächen wurden noch nicht an den Investor verkauft. Der Erwerb hängt u. a. von der Genehmigungsfähigkeit und der Umsetzbarkeit des Vorhabens ab.

Zu 6.: Die ca. 66 ha große Vorhabensfläche liegt vollständig im Europäischen Vogelschutzgebiet (SPA) um Straußfurt. Nach derzeitiger Kenntnislage der Oberen Naturschutzbehörde kann die Realisierung des Vorhabens zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des genannten Europäischen Vogelschutzgebietes Gera-Unstrut-Niederung um Straußfurt führen.

Zudem würden die Errichtung und der Betrieb des Solarparks gegen Europäisches Artenschutzrecht verstoßen. Nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, die Fortpflanzungs- und Ruhestätten besonders geschützter Tierarten zu zerstören und zu beschädigen. Für zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft gilt jedoch ein großzügiger Bewertungsmaßstab. Ein Verstoß läge gemäß § 42 Abs. 5 Satz 2 hinsichtlich der europäischen Vogelarten nur dann vor, wenn und soweit die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht mehr im räumlichen Zusammenhang erfüllt wird. Nach Auskunft der Oberen Naturschutzbehörde würden durch das Vorhaben diese Lebensstätten jedoch so zerschnitten und nachhaltig negativ beeinflusst, dass ihre ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht mehr erfüllt wird.

Im Zusammenhang mit der Nachmeldung von EU-Vogelschutzgebieten an die Europäische Kommission im Frühjahr 2007 hatte die Landesregierung darauf hingewiesen, dass im benannten Vogelschutzgebiet Nr. 15 ein ca. 30 bis 40 ha großer Teil der ehemaligen WGT-Liegenschaft Haßleben zukünftig für den Standort eines Solarparks genutzt werden soll. Die Anordnung der Module (insbesondere der Abstand zwischen den einzelnen Reihen) würde so erfolgen, dass hierdurch die Erhaltungsziele des EU-Vogelschutzgebietes insgesamt nicht beeinträchtigt werden.

Das Konfliktpotential besteht in der Einhaltung europarechtlicher Vorgaben. Auf die Antwort zu Frage 4 wird hierbei Bezug genommen.

In der 21. Kalenderwoche wird das Vorhaben gemeinsam mit dem Investor und Vertretern der Oberen Naturschutzbehörde bei der Oberen Landesplanungsbehörde hinsichtlich der Belange des Naturschutzes erörtert.