Gesetz

Nelles. Dieser forderte den Geschäftsführer Anfang des Jahres 2001 telefonisch dazu auf, eine schriftliche Bestätigung zu senden. Als Reaktion hierauf verfasste der Geschäftsführer das von ihm unterschriebene Schreiben der FEG vom 17.01.2001: Planfeststellungsbeschluss zur Erweiterung des internationalen Verkehrsflughafens vom 22. Dezember 1995

Sehr geehrter Herr Dr. Nelles, der Ordnung halber teilen wir Ihnen mit, dass wir die im Planfeststellungsbeschluss II.

1. Bauliche Anlagen unter Punkt 6 festgelegten 500.000 Passagiere im Jahre 2000 am Flughafen Erfurt abgefertigt haben. (...)

Mit freundlichen Grüßen Flughafen Erfurt Gerd Ballentin Geschäftsführer Kurze Zeit später, nämlich am 26.02.2001, übersandte der Geschäftsführer für die FEG zwei Anträge auf Zustimmung zur Projektmaßnahme Erweiterung Vorfeld Ost, in denen er die Übereinstimmung der geplanten Ausführung mit dem Planfeststellungsbeschluss - und somit das Erreichen der Jahrespassagierzahl von 500.000 - erneut bestätigte. Wörtlich heißt es: Soweit es sich um eine Zustimmung zu einer Baumaßnahme handelt, wird bestätigt, dass die geplante Ausführung dem Planfeststellungsbeschluss vom 22.12. entspricht.

Bei der Übereinstimmung mit dem Planfeststellungsbeschluss handelt es sich um das Erreichen der vorgesehenen Passagierzahlgrenze.

Schließlich wurden auch die Vertreter der Gesellschafter der FEG in der Gesellschafterversammlung am 6. Juni 2001 über die angeblichen Passagierzahlen im Rahmen der Berichterstattung über die betriebliche Entwicklung im Geschäftsjahr 2000 unterrichtet. Bei dieser Unterrichtung wurde ebenfalls die Passagierzahl von 509.038 für das Jahr 2000 den Vertretern der Gesellschafter mitgeteilt.

3. Abweichungen der tatsächlichen von den mitgeteilten bzw. ermittelten Passagierzahlen

a. Zustandekommen der Abweichung

Der Untersuchungsausschuss kommt zu dem Ergebnis, dass es vorsätzliche Manipulationen an den Passagierzahlen in erheblichem Ausmaß gab. Er nimmt hierzu die Auffassung des Landgerichts Mühlhausen zur Kenntnis, demzufolge die Manipulation der Passagierzahlen auf einem vorsätzlichen Verhalten des Geschäftsführers beruhen, der aus persönlichen Gründen die Veränderung der Passagierzahlen anordnete. Der Untersuchungsausschuss weist dabei ergänzend darauf hin, dass eine Vernehmung des Geschäftsführers Ballentin als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss nicht möglich war. Der Untersuchungsausschuss stellt ferner fest, dass die Manipulationen im Laufe des Jahres 2000 begannen und bis zu ihrer Aufdeckung im Jahre 2005 fortgesetzt wurden. Eingebunden in die Manipulationen waren, außer dem Geschäftsführer selbst, den Verkehrsleiter, der Zeuge Gisbert Schäfer sowie die in der so genannten Verkehrsleitstelle tätigen Flughafenmitarbeiter, welche für das Erfassen der Passagiere zuständig waren. Eine ganze Reihe weiterer Personen am Flughafen Erfurt hatte möglicherweise von den Manipulationen Kenntnis oder zumindest das Gefühl, dass bei den Passagierzahlen etwas nicht stimme. Ob wirklich alle Mitarbeiter des Flughafens bis hin zum Praktikanten davon Kenntnis hatten, wie dies der Zeuge Gisbert Schäfer behauptete, konnte nicht belastbar festgestellt werden. Insbesondere die hauptamtlichen Mitarbeiter der am Flughafen tätigen Luftbehörde, aber auch der Leiter der Bauabteilung am Flughafen, der Zeuge Swierczyna, haben eine Kenntnis der Manipulationen vor ihrer Aufdeckung im Sommer 2005 vehement und unter detaillierter Darlegung ihrer konkreten Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten bestritten.

Zudem sprechen die Art und Weise der Durchführung der Manipulationen aus der Sicht des Untersuchungsausschusses eher gegen eine verbreitete Kenntnis in der Belegschaft. So hat der Geschäftsführer die Manipulation nur gegenüber einem sehr engen Kreis ausgewählter Mitarbeiter angeordnet, heimlich und mit Verschleierungsabsicht gehandelt und so beispielsweise durch technische Vorkehrungen die Identifizierungen (Aktivierung der Rufnummernunterdrückung) erschwert.

Die konkreten Manipulationen an den Passagierzahlen erfolgten in der Weise, dass der Geschäftsführer Ballentin seinen damaligen Verkehrsleiter, den Zeugen Gisbert Schäfer, anwies, die Mitarbeiter der Verkehrsleitung zu veranlassen, falsche Passagierzahlen in die Statistik einzugeben. Die Anweisungen durch den Geschäftsführer erfolgten nur an Gisbert Schäfer, nie an die anderen Mitarbeiter selbst. Der Zeuge Schäfer setzte die Anweisungen um, indem er die Mitarbeiter der Verkehrszentrale, insbesondere den Zeugen Gerald Tietz anwies, die Passagierzahlen entsprechend zu verändern. Gleichlautende Anweisungen ergingen auch an den Zeugen Ulrich Reh und den Zeugen Thomas Ludwig.

Das Prozedere sah jeweils so aus, dass der Geschäftsführer den Zeugen Schäfer, zu einem allmorgendlichen persönlichen Gespräch in sein Büro bat. Dort teilte er ihm mit, in welchem Umfang die Passagierzahlen des jeweiligen Tages zu manipulieren sind. Zuvor hatte sich Herr Ballentin die statistischen Zahlen des Vortages angesehen.

Diese Anweisungen gab Herr Schäfer an die o.g. Mitarbeiter der Verkehrszentrale weiter, welche sie dann bei der Erfassung der Passagiere in der Software umsetzten.

In erster Linie erfolgten die Manipulationen dadurch, dass nicht vollständig besetzte Flugzeuge aufgefüllt wurden. Ein festes Schema der Manipulationen gab es nicht. Mal erfolgen prozentuale Veränderungen etwa um zwei oder um fünf bis sechs Prozent, manchmal gab es auch Anweisungen in absoluten Zahlen, um welche die Passagierstatistik geändert werden musste. Die Zeugen Tietz, Reh und Ludwig sowie die übrigen Mitarbeiter der Verkehrszentrale setzten die Anweisungen aus Angst um ihren Arbeitsplatz um.

Hierbei mussten sie in den Jahren 2000 bis 2003 die Rechnungserstellung abwarten. Denn bis zum Jahre 2003 basierten die Daten für die Statistik und für die Rechnungserstellung auf derselben Datenbank. Eine Manipulation dieser Datenvorrechnungserstellung hätte daher zu falschen Rechnungen gegenüber den Fluggesellschaften geführt, was eine vorzeitige Entdeckung der Manipulationen befürchten ließ.

Ab dem Jahre 2003 veranlasste der Geschäftsführer Ballentin eine Entkopplung der Module GHS-Tower und GHS-Billing, so dass die Veränderungen an den statistischen Daten keine Auswirkungen mehr auf die Rechnungserstellung hatten und die Mitarbeiter der Verkehrszentrale nicht mehr die vorherige Rechnungsstellung abwarten mussten. Da die für die Umsetzung zuständigen Mitarbeiter, der Zeuge Gisbert Schäfer und der EDVAbteilungsleiter, der Zeuge Hübsch, sich zunächst weigerten, die Änderungen an der Software umzusetzen, drohte ihnen Gerd Ballentin mit der Entlassung. Als Folge und Zeichen seiner Verärgerung übersandte der Zeuge Hübsch das als Urkunde verlesene Schreiben vom 3. März 2003 (C III 2 a (5)) in dem er wunschgemäß bestätigte, dass Veränderungen aus GHS-Tower nicht in GHS-Billing übernommen werden.

Da nach relativ kurzer Zeit erkennbar war, dass die Manipulationen durch Auffüllen der Flugzeuge nicht ausreichten, wurden durch die Mitarbeiter auf Veranlassung ihres Chefs weitere Maßnahmen ergriffen. So gab es Veränderungen an so genannten Überführungsflügen, die in der Regel ohne Passagiere stattfinden. Ähnliches geschah dann auch mit Frachtmaschinen, für die Passagiere erfunden wurden.