Ausbau des Fachbereichs 11 der Universität Gesamthochschule Kassel

Ausbau des Fachbereichs 11 der Universität Gesamthochschule Kassel, Landwirtschaft, Internationale Agrarentwicklung und Ökologische Umweltsicherung, am Standort Witzenhausen und Antwort der Ministerin für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Fragestellers:

Der Fachbereich Landwirtschaft, Internationale Agrarentwicklung und Ökologische Umweltsicherung der Universität Gesamthochschule Kassel in Witzenhausen begleitet seit über 20 Jahren kritisch die Entwicklung der Landwirtschaft und hat in dieser Zeit auch immer wieder auf Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft hingewiesen. Bemängelt wurden unter anderem der Einsatz von Fütterungsantibiotika in der Tiermast, tierquälerische Zucht- und Haltungsmethoden sowie die vom Intensivpflanzenanbau ausgehenden Gefährdungen von Boden, Wasser und Atmosphäre.

Mittlerweile ist der gesamte Fachbereich in Witzenhausen zu einem Zentrum für Lehre und Forschung in ökologischer Landwirtschaft ausgebaut worden und bietet den europaweit einzigen Vollstudiengang für ökologische Landwirtschaft an.

Die von der Bundesregierung grundsätzlich neu konzipierte Agrarpolitik führt zu einer verstärkten Inanspruchnahme des Fachbereichs 11 der Universität in Witzenhausen.

Außerdem werden die wissenschaftlichen Positionen des Fachbereichs sowie seine besonderen praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Auswertungen im Bereich von Tierzucht, Tierhaltung, Pflanzenanbau und in der Vermarktung von (ökologischen) Agrarprodukten verstärkt genutzt. So wird es in den nächsten Jahren entscheidend darauf ankommen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen des Fachbereichs in die traditionelle Landwirtschaft möglichst flächendeckend einfließen und zu entsprechenden Veränderungen in der landwirtschaftlichen Produktionsweise und Tierhaltung führen.

Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen und Ziele in der Landwirtschaft wie Förderung von Regionalität oder Flächenbindung der Tierhaltung sind im Kern Positionen, die in Witzenhausen entwickelt wurden. Darüber hinaus kann der Fachbereich entscheidende Brückenfunktionen übernehmen zwischen der ökologischen Landwirtschaft einerseits und der traditionellen andererseits.

Die Landwirtschaft insgesamt braucht neue Rahmenbedingungen für eine ökologisch verträgliche Entwicklung, die den bäuerlichen Betrieben eine Zukunft und gleichzeitig den Verbrauchern umfassenden Schutz durch die Herstellung gesunder Nahrungsmittel bietet.

Vorbemerkung der Ministerin für Wissenschaft und Kunst:

Der Fachbereich 11, Landwirtschaft, Internationale Agrarentwicklung und Ökologische Umweltsicherung, der Universität Gesamthochschule Kassel in Witzenhausen hat sein Profil ausgehend von den Bereichen Internationale Agrarentwicklung, Ökologische Umweltsicherung und auch von der Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der tropischen und subtropischen Agrarwirtschaft im Rahmen der Schwerpunktsetzung Nachhaltige Landnutzung und Regionalentwicklung zur Ökologischen Landwirtschaft in Lehre und Forschung weiterentwickelt.

Die von der früheren Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Prof. Dr. E. Mayer, eingesetzte Hochschulstrukturkommission hatte 1995 in ihrem Bericht Autonomie und Verantwortung - Hochschulreform unter schwierigen Bedingungen darauf hingewiesen, dass es in Hessen maximal um die Aufrechterhaltung eines universitären Studiengangs in den Agrarwissenschaften gehen kann (S. 298), und empfohlen, die landwirtschaftliche Ausbildung an der Gesamthochschule Kassel/Witzenhausen sollte nicht fortgeführt werden (S. 299). Dieser Empfehlung ist die damalige Hessische Eingegangen am 8. August 2001 · Ausgegeben am 21. August 2001

Landesregierung nicht gefolgt. Auch die heutige Landesregierung hält die gefundene Profilierung für akzeptabel.

Seit dem Wintersemester 1996/97 bietet der Fachbereich Landwirtschaft, Internationale Agrarentwicklung und Ökologische Umweltsicherung in Witzenhausen den gestuften Diplomstudiengang Ökologische Landwirtschaft an.

Entsprechend dieser Ausrichtung hat der Fachbereich in den vergangenen Jahren Professuren gewidmet, ausgeschrieben und besetzt. Neben der Professur für Ökologischen Landbau sind dies:

- Professur für Angewandte Nutztierethologie und artgerechte Tierhaltung,

- Professur für Tierernährung/Tiergesundheit,

- Professur für Ökologischen Pflanzenschutz,

- Professur für Feldkulturen der Tropen und Subtropen,

- Professur für Bodenbiologie/Pflanzenernährung,

- Professur für Bodenkunde und

- Professur für Agrarbiodiversität.

Folgende auf das Profil bezogene Professuren befinden sich im Besetzungsverfahren:

- Professur für Ökologische Lebensmittelqualität und Ernährungskultur und

- Professur für Agrarmarktlehre und Marketing.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Ist es richtig - und wenn ja, warum -, dass die personelle Ausstattung des Fachbereichs 11 im Vergleich mit anderen landwirtschaftlichen Fakultäten, auch im Land Hessen, deutlich schlechter ist?

Ein Vergleich der personellen Ausstattung der Lehreinheit Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen mit agrarwissenschaftlichen Einrichtungen an anderen Universitäten ist nicht ohne weiteres möglich. Als Maß für die personelle Ausstattung kann die Relation Wissenschaftlicher Mitarbeiter pro Professur gelten. Allerdings muss dazu das Verhältnis von C4- zu C3 Professuren etwa übereinstimmen. Sonst gibt es wegen der unterschiedlich breiten Vertretung des Fachgebiets Ausstattungsverzerrungen. Unter diesen Vorbehalten kann man Folgendes feststellen:

Die Universität Gesamthochschule Kassel hat in Abstimmung mit meinem Haus die Zielzahl für Professuren der Lehreinheit Ökologische Landwirtschaft auf 17 festgesetzt; darunter derzeit sechs C4-Stellen. Intern hat die als Ausstattung der Ökologischen Landwirtschaft 27,5 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 28,5 Stellen für sonstiges Personal festgelegt. Die Relation wissenschaftliches Personal pro Professur beträgt 1,6 Stellen.

Zum Vergleich: In Gießen verfügen die Agrarwissenschaften über insgesamt 17 C4- und 14 C3-Professuren. An wissenschaftlichem Personal kommen 60

Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter (einschließlich 2 Dozenten) hinzu.

Für Verwaltungs- und Bibliothekspersonal sind 31,5, für Labor-, technisches und sonstiges Personal sind 91 Stellen vorhanden. In Gießen beträgt die personelle Ausstattung an Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter je Professur 1,9 Stellen. Für Göttingen ist dieser Wert 1,5 (62 wissenschaftliche Mitarbeiter auf 42 Professuren), für Hohenheim 1,6 Stellen (105 wissenschaftliche Mitarbeiter auf 66 Professuren).

Ein aussagekräftiger Vergleich des nicht wissenschaftlichen Personals ist nicht möglich, weil die Lehreinheiten nicht in jedem Fall einen selbstständigen Fachbereich darstellen, also unterschiedlich viel Verwaltungspersonal erfordern, weil sie über unterschiedliche Schwerpunkte (Pflanzenproduktion, Tierproduktion, Mikrobiologie etc.) mit differenziert zu beurteilendem Personalbedarf je nach Laboranteil, über unterschiedliche Zahl und Struktur von Versuchsstationen mit sehr unterschiedlicher Größe der Versuchsbetriebe verfügen. Zum Beispiel umfasst der Fachbereich in Gießen auch den vergleichsweise stark nachgefragten Studiengang Haushalts- und Ernährungswissenschaft; er verfügt über vier Versuchsbetriebe mit 944 ha Fläche und über 6 Forschungs- und Versuchsstationen mit 270 ha Fläche. Demgegenüber hat der Fachbereich in Witzenhausen ein Versuchsgut, die Domäne Frankenhausen, mit 320 ha Fläche sowie einen Forschungsbetrieb für Nutztierhaltung mit ca. 30 ha Fläche.

Der Vergleich der Absolutzahl der Teilfächer wäre verfehlt, weil Witzenhausen ja gerade nicht den Anspruch erhebt und erheben kann, eine traditionelle Agrarfakultät abzubilden; stattdessen gibt es zum Teil andere und weitere spezifische Profil gebende Fächer. Dabei ist zu beachten, dass an anderen deutschen agrarwissenschaftlichen Fachbereichen häufig auch Professuren in der Ausstattung mit benannt und aufgezählt werden, die auch an der vorhanden, aber anderen Fachbereichen zugeordnet sind. (Zum Beispiel sind im agrarwissenschaftlichen Fachbereich der Universität Gießen die Professur für Landschaftsplanung und die Professur für Umweltsicherung integriert und werden dort auch mitgezählt. An der Universität Kassel sind diese Professuren auch vorhanden, aber anderen Bereichen zugeordnet und werden bei der Quantifizierung der Personalstellen im Bereich der Landwirtschaft nicht mitgezählt.)

Zum anderen sind die agrarwissenschaftlichen Fachbereiche anderer deutscher Universitäten im Hinblick auf die studentische Nachfrage rechnerisch nach der Kapazitätsverordnung nicht ausgelastet. Dort existieren auf dieser Grundlage Überkapazitäten, die vermutlich zu Änderungen führen dürften.

Angesichts der verabredeten Zielzahl von Professuren und der intern bereitgestellten Stellen für das sonstige wissenschaftliche und das nicht wissenschaftliche Personal trifft die Behauptung also nicht zu, dass die personelle Ausstattung des Fachbereichs 11 im Vergleich mit anderen landwirtschaftlichen Fakultäten auch in Hessen deutlich schlechter gestellt ist.

Frage 2. Der Stellenstrukturplan sieht den weiteren Abbau bis auf 17 Professorenstellen vor. Ist daran gedacht, dass angesichts der neuen Entwicklung dieser Stellenplan positiv nach oben korrigiert wird?

Der Strukturplan der Universität Gesamthochschule Kassel für den Bereich Ökologische Landwirtschaft im Fachbereich 11 sieht 17 Professuren im Rahmen von insgesamt 73 Stellen für wissenschaftliches und nicht wissenschaftliches Personal vor. Im Hinblick auf diese Ausstattung ist die damit verbundene rechnerische Kapazität des Lehrangebots im Vergleich zur Studienplatznachfrage nicht ausgeschöpft. Erfreulicherweise sind eine positive Stabilisierung und leichte Steigerung der Studienplatznachfrage festzustellen, doch könnten rechnerisch noch weitere Studierende im Rahmen der oben genannten Personalstellenzielzahlen aufgenommen werden. Insofern ist an der zurzeit nicht beabsichtigt, den Stellenplan des Fachbereichs 11 auszuweiten.

Frage 3. a) Ist es richtig - und wenn ja, warum -, dass die Ausstattung im Bereich des so genannten Mittelbaus unzureichend ist?

Es ist richtig, dass die Ausstattung im Bereich des so genannten Mittelbaus in einigen Bereichen noch unzureichend ist. Grund dafür ist, dass in diesen Bereichen des Fachbereichs 11 die ehemalige Personalstruktur einer Fachhochschule ohne wissenschaftlichen Mittelbau noch vorherrscht. Der Entwicklungsprozess zu einer universitären Personalstruktur im Fachbereich 11 ist in 2006 ruhestandsbedingt abgeschlossen. Die dann erreichte Relation wird in der Antwort auf Frage 1 dargestellt.

b) Ist an eine entsprechende Veränderung der Ausstattung gedacht?

Eine entsprechende Veränderung und damit eine Verbesserung der Ausstattung der Professuren mit Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird sukzessive durch die selbst geführt. Die Personalstellen, die künftig nach dem Strukturplan nicht wieder als Professuren besetzt werden, werden nach Freiwerden in Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgewandelt und den Professuren zur Ausstattung zugewiesen.

c) Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung des Weiteren, auch die Finanzausstattung des Fachbereiches zu verbessern?

Es ist Aufgabe der Hochschulen, die Fachbereiche im Rahmen der ihnen global vom Landtag zugewiesenen Haushaltsmittel auszustatten.

Frage 4. Welche besonderen Fördermaßnahmen und Entwicklungsperspektiven hat der Bereich der Internationalen Landwirtschaft?

Der Bereich der Tropischen und Subtropischen Landwirtschaft (traditionell als Internationale Agrarwirtschaft bezeichnet) ist selbstverständlich auch weiterhin ein Schwerpunkt im Fachbereich 11 - Landwirtschaft.