Bildung

Februar 2009. Der Autor des Artikels berichtet von rassistischen Äußerungen und geäußerten revanchistischen Forderungen gegenüber Polen. Zudem sei bei dem Stiftungsfest das so genannte Treuelied der SS gesungen worden. Darüber hinaus sei bei der Veranstaltung um Unterstützung für den NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke geworben worden (Unterzeichnung eines Solidaritätsbriefes an unseren letzten politischen Gefangenen). Auch seien dessen Taten verherrlicht worden (ein Mann mit Tatkraft, an dem wir uns ein Beispiel nehmen müssen). Ein Alter Herr der Verbindung soll sich bei der Veranstaltung gar als Nationalsozialist bezeichnet haben.

Auf ihrer Internetseite veröffentlicht die Normannia Jena gegenwärtig einen Artikel ihres Bundesbruders Metzig aus der neonazistischen und vom Bundesverfassungsschutz beobachteten Zeitschrift Nation & Europa - Deutsche Monatshefte (http://www.normannia-jena.de/burschenschaft/index.php?url=archiv), einem wichtigen meinungsbildenden Medium für die rechtsextremistische Szene (Bundesverfassungsschutz).

In einer aktuellen Ausgabe der Nation & Europa wirbt die Normannia Jena mit einer Anzeige um neue Mitglieder: Suchen patriotische Studenten und Akademiker; bieten eine feste Gemeinschaft, preiswerte Zimmer und Unterstützung im Studium. B! Normannia zu Jena (Nation & Europa, Nr. 4/2009, S. 69).

Die Normannia Jena nutzte für ihre Veranstaltungen mehrfach Räumlichkeiten der NPD in der Jenaischen Straße. Seit 2002 gehört sie eigenen Angaben zufolge der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) an, einem Zusammenschluss völkisch orientierter Burschenschaften aus Deutschland und Österreich. Es sind vor allem Burschenschaften der BG, die immer wieder durch enge Kontakte zur extremen Rechten und mit Vortragsveranstaltungen von bekennenden Rechtsextremisten auffallen (vgl. Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Abteilung Verfassungsschutz, Die Kultur als Machtfrage, Düsseldorf 2002, S. 123 ff.).

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wird die Burschenschaft Normannia Jena vom Thüringer Landesamt für den Verfassungsschutz beobachtet?

2. Warum findet die Burschenschaft Normannia Jena keine Erwähnung im aktuellen Verfassungsschutzbericht?

3. Wie bewertet die Landesregierung die Vorkommnisse beim Stiftungsfest der Normannia Jena am 28. Februar 2009?

4. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung über Kontakte der Normannia Jena zu anderen Rechtsextremen in Thüringen und bundesweit vor?

22. Juli 2009

5. Handelt es sich bei der Normannia Jena um eine rechtsextreme Organisation? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

6. Liegen der Landesregierung Kenntnisse über eine Kooperation zwischen Bünden und Strukturen der Deutschen Burschenschaft und der Normannia Jena vor?

7. Teilt die Landesregierung die Auffassung, bei der Burschenschaftlichen Gemeinschaft handele es sich um den radikal-völkischen Flügel der Deutschen Burschenschaft, wie die Organisation in einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung beschrieben wird und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

8. Beobachtet der Thüringer Verfassungsschutz die Arbeit der Burschenschaftlichen Gemeinschaft?

9. Kann die Landesregierung ausschließen, dass Finanzmittel der Thüringer Landesregierung an die Burschenschaft Normannia Jena oder eine andere Burschenschaft aus der Burschenschaftlichen Gemeinschaft oder ihnen organisatorisch verbundene Strukturen geflossen sind? Wenn nein: An welche Organisation sind wann Mittel zu welchem Zweck geflossen?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Juli 2009 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Die Landesregierung sieht unter Verweis auf Artikel 67 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen davon ab, Anfragen insoweit öffentlich zu beantworten, als sie auf die Ausforschung des Kenntnisstands der Sicherheitsbehörden und insbesondere des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz gerichtet sind.

Die nachfolgenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf solche Erkenntnisse, die offen verwertbar sind. Für weiter gehende Auskünfte steht die Landesregierung gegebenenfalls der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Verfügung.

Zu 1.: Die Burschenschaft Normannia zu Jena ist Beobachtungsobjekt des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz.

Zu 2.: Erkenntnisse über Beobachtungsobjekte werden im Allgemeinen nur dann in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen, wenn sie offen verwertbar sind und für die Öffentlichkeit bedeutsam erscheinen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 3.: Die geschilderten Vorkommnisse beim Stiftungsfest stützen die Einstufung der Burschenschaft Normannia zu Jena als Beobachtungsobjekt.

Zu 4.: Die Burschenschaft Normannia zu Jena hat enge Kontakte zum rechtsextremistischen Spektrum. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 5 und auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 5.: Nach Auffassung der Landesregierung liegen bei der Burschenschaft Normannia zu Jena tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vor.

Diese ergeben sich u. a. aus der personellen Verzahnung mit dem rechtsextremistischen Spektrum. Darüber hinaus nutzt die Burschenschaft Normannia zu Jena das so genannte Braune Haus in Jena für ihre Veranstaltungen. Das Braune Haus ist Anlaufstelle für die rechtsextremistische Szene in Thüringen und zugleich Ausgangspunkt für rechtsextremistische Aktivitäten.

Zu 6.: Die Burschenschaft Normannia zu Jena bekennt sich zu dem Wahlspruch Ehre, Freiheit, Vaterland der Deutschen Burschenschaft. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 7.: Die Aktivitäten der Burschenschaftlichen Gemeinschaft werden nicht vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Eine öffentliche Bewertung der politischen Ausrichtung der Burschenschaftlichen Gemeinschaft durch die Landesregierung ist daher nicht angezeigt.

Zu 8.: Auf die Antwort zur Frage 7 wird verwiesen.

Zu 9.: Finanzmittel der Thüringer Landesregierung haben weder die Burschenschaft Normannia zu Jena noch eine andere Burschenschaft, die der Burschenschaftlichen Gemeinschaft angehört, erhalten.