Fernwasserversorgung

Nach der Errichtung und Neustrukturierung der Thüringer Fernwasserversorgung ist die Geschäftsführung im Frühjahr 2003 zu der Erkenntnis gelangt, dass die im benannten Investitionssummen als zu niedrig angesetzt wurden. Die Einbeinversorgung aus der Talsperre Leibis/Lichte wurde unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit als kritisch hinterfragt. Der Verwaltungsrat hat daher die Geschäftsführung in seiner 4. Sitzung am 21. August 2003 mit der Vorlage eines versorgungstechnischen Gesamtkonzeptes für die Fernwasserversorgung in Ostthüringen beauftragt. Das hierzu erstellte Gutachten wurde von der FCI Fichtner Consulting & IT AG verfasst und im September 2004 vorgelegt. Inhaltlich wird in dieser Studie die so genannte Vorzugslösung, welche neben der Versorgung aus der Talsperre Leibis/Lichte eine Überleitung von Fernwasser aus dem Ohra-System in das Ostthüringer Versorgungsnetz beinhaltet, präferiert. Die Nutzung von Weida/Zeulenroda für die Versorgung sollte hierbei mittelfristig aufgegeben werden. Als Investitionskosten sind ca. 64 Millionen Euro benannt.

2. Entscheidung für eine Versorgungsstrategie am 17. September 2004

Der Verwaltungsrat der Thüringer Fernwasserversorgung hat in seiner 7. Sitzung am 17. September 2004 die im Fichtner-I-Gutachten zugrunde liegende Vorzugslösung (Variante Szenario 3 (lang)) beschlossen. Dieser Beschluss hatte hierbei folgenden Wortlaut: Der Verwaltungsrat nimmt das vorgelegte versorgungstechnische Gesamtkonzept für Ostthüringen zur Kenntnis. Die darin empfohlene Vorzugslösung ist in den Wirtschaftsplan 2005 und in die mittelfristige Finanzplanung bis 2009 einzuarbeiten. Dabei ist die Förderung des Freistaates Thüringen zu berücksichtigen.

a. Gründe für die Variante der Überleitung aus dem Ohra-System Ausweislich des Beschlussvortextes zum Tagesordnungspunkt 6 dieser Sitzung sowie den in diese Richtung weisenden Aussagen der Zeugen Brückner und Peters ist erkennbar, dass durch die gewählte Variante auch gesichert werden sollte, dass der Planfeststellungsbeschluss für den Betrieb der Talsperre Leibis/Lichte wegen des dort festgeschriebenen Verzichts auf eine Überleitung aus der Katze nicht geändert werden muss und das Trinkwassertalsperrensystem Weida/Zeulenroda/Lössau aufgegeben werden kann.

In der Folge wäre insofern eine Nutzung für die Naherholung in Betracht gekommen.

Bestandteil der Versorgungsstrategie war nach Angaben des Zeugen Brückner auch der Anschluss von Altenburg.

Vor dem Hintergrund der damals verfügbaren Annahme der Bedarfe bildete die Versorgungssicherheit den Schwerpunkt bei der Wahl des Konzeptes. An die Versorgungssicherheit wurden dabei in Verhältnis zu anderen, ebenfalls zu erreichenden

Zielen (angemessene Preisgestaltung; Trinkwasserqualität) besondere Anforderungen gestellt. Diese im Ergebnis spezifisch wasserbaulich geprägte Entscheidung war hinsichtlich der finanziellen Randbedingungen ihrer Umsetzung von vornherein von bestimmten Annahmen bezüglich einer Förderung durch das Land (Förderhöhe 75 Prozent) begleitet.

Die Auswahl wurde von der Thüringer Fernwasserversorgung unter technischen sowie versorgungs- und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten als unternehmerische Frage gesehen und behandelt; das Land hat diesbezüglich keinen direkten Einfluss gehabt.

Die Variante der Überleitung wurde seitens des Mitgliedes des Verwaltungsrates, Herrn Brückner, der zugleich zuständiger Abteilungsleiter im Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt war, zur Diskussion gestellt. Dieses wurde im Untersuchungsausschussverfahren durch die Zeugen Ungvári und Peters bestätigt. Der Zeuge Ungvári sagte aus, dass die Form des Zusammenschlusses durch Herrn Brückner ins Gespräch gebracht und die Möglichkeit einer finanziellen Förderung angedeutet wurde.

Seitens des Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt wurde auf eine höhere Versorgungssicherheit Wert gelegt und auch vonseiten der Thüringer Fernwasserversorgung wurde diese unter versorgungstechnischen Aspekt komfortable Variante bei entsprechender Förderung und der gutachterlichen Feststellung der technischen Machbarkeit bevorzugt. Letztendlich geschah dieses auch vor dem Hintergrund, dass die Einbeinversorgung zum damaligen Zeitpunkt als kritisch betrachtet wurde. Auch der Zeuge Peters schilderte, dass die Alleinversorgung aus der Talsperre Leibis/Lichte in Bezug auf die Versorgungssicherheit als problematisch angesehen und aufgrund von Vorabstimmungen mit dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt erkennbar Wert auf eine hohe Versorgungssicherheit und flächendeckende Flexibilität in Thüringen gelegt wurde. Die Variante der Überleitung wurde von der Thüringer Fernwasserversorgung nicht ins Gespräch gebracht, weil man diese allein nicht hätte bewerkstelligen können.

Eine Auslegung des Regelungsgehalts des Verwaltungsrats-Beschlusses vom 17. September 2004 unter Berücksichtigung des Wortlauts sowie des Sinn und Zwecks der Regelung war Gegenstand der Beratungen im Untersuchungsausschuss.

Dabei wurde erörtert inwieweit der Beschluss des Verwaltungsrats eine abschließende Entscheidung für eine Versorgungsstrategie enthielt und die Geschäftsführung zur Umsetzung in Form der Einarbeitung in den zu erstellenden Wirtschaftsplan 2005 und die mittelfristige Finanzplanung verpflichtete. Für eine solche Auffassung sprach im Untersuchungsausschuss, dass der Beschlusstext ­ ungeachtet des Wortlauts als bloßer zur Kenntnisnahme ­ den Abschluss der Beratungen zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt markiert. Dabei lagen dem Verwaltungsrat konkrete und nach Priorität und zeitlicher bzw. finanzieller Umsetzung geordnete Einzelmaßnahmen vor. Insofern war der Auftrag zur Einarbeitung in die Pläne, auch wenn diese selbst noch der Bestätigung durch den Verwaltungsrat gemäß § 12 Absatz 3 Satz 2 lit. d der Satzung der Thüringer Fernwasserversorgung bedurften, als Schritt in Richtung der Realisierung der beschlossenen Konzeption zu sehen. Diesen Beschluss hätte die Geschäftsführung insoweit nicht umgesetzt und der Verwaltungsrat in Widerspruch zu seinem Beschluss die Umsetzung auch nicht durchgesetzt.

Im Hinblick auf die rechtliche Bindungswirkung des Beschlusses sind die Zuständigkeiten des Verwaltungsrates und sein Verhältnis zur Geschäftsführung bedeutsam. Die Bewerkstelligung einer Versorgungskonzeption ist kein Fall, der dem Verwaltungsrat gemäß § 12 Absatz 3 der Satzung der Thüringer Fernwasserversorgung ausschließlich und allein