Fördermittel

C. Ermittelte Tatsachen

I. Allgemeine Auskünfte

1. Gründung, Struktur und Aufgaben der Stiftung TIF sowie der Beteiligungsgesellschaften TIG, TIB und BFT

a. Einleitung

Mit Antrag vom 8. September 2005 (Vorlage UA 4/2 ­ 3) wurde Auskunft begehrt zu dem Thema Unternehmensbeteiligungen durch die Thüringer & Co. KG (nachfolgend TIB) zur Erfüllung des Zwecks der Stiftung Thüringer Industriebeteiligungs-Fonds (nachfolgend TIF). In dem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses einen schriftlichen Bericht über die wirtschaftliche Entwicklung des TIF und der TIB sowie über die Verwendung sämtlicher öffentlicher Mittel (Stiftungsmittel, Fördermittel, sonstige öffentliche Mittel) im Zusammenhang mit der Arbeit des TIF und der TIB vorzulegen. Der Bericht sollte auch Aussagen zur Unternehmensgeschichte und zu den Unternehmensgegenständen entsprechend dem (ursprünglichen) Einsetzungsbeschluss für den Untersuchungsausschuss (Drs. 4/944) enthalten.

Den angeforderten Bericht erstattete die Landesregierung mit Schreiben vom 29. November 2005 (Vorlage UA 4/2 - 7). In dem Anschreiben zu dem Bericht wird hinsichtlich der Finanzausstattung sowie der finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Stiftung und ihrer Gesellschaften TIB, TIG und BFT auf verschiedene Aufstellungen verwiesen, die im Wege der Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss übermittelt wurden. Ferner hat die Landesregierung auf ihre bisherigen Berichterstattungen im Thüringer Landtag verwiesen und sich die hierzu von der Landtagsverwaltung erstellte Zusammenfassung vom 15. November 2005 (vgl. Vorlage UA 4/2 - 9) zu eigen gemacht. Auf diesen Bericht wird Bezug genommen (vgl. Anlage 1).

b. Gründungsphase

In ihrem Bericht (Vorlage UA 4/2 - 7) erläutert die Landesregierung zur Gründungsphase, dass die Thüringer Aufbaubank (nachfolgend TAB) am 21. Oktober 1993 die Thüringer (nachfolgend TIG) gegründet habe.

Am 9. Dezember 1993 sei der TIF als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts durch den Freistaat Thüringen als Stifter errichtet und durch das Thüringer Innenministerium genehmigt worden. Zu den Aufgaben des Thüringer Innenministeriums und des Landesverwaltungsamtes als Stiftungsbehörden unterrichtete die Landesregierung (Vorlage UA 4/2 - 49) den Untersuchungsausschuss darüber, dass das Innenministerium gemäß § 15 Abs. 1 der 2. Zuständigkeitsverordnung für die Anerkennung von Stiftungen im bürgerlichen Recht nach § 80 Abs. 1 BGB zuständig sei. Es sei ferner zuständig für die Vornahme oder Genehmigung statusverändernder Maßnahmen. Im Übrigen sei im Rahmen von § 15 Abs. 2 der 2. Zuständigkeitsverordnung grundsätzlich das Landesverwaltungsamt zuständig für die Ausübung der Aufsicht einschließlich der Genehmigung einfacher Satzungsänderungen (zur Aufsicht über die Stiftung siehe unten I.1.g. S.78). Weiter wurde zur personellen Zuständigkeit u.a. mitgeteilt, im Bereich des Innenressorts sei zuständiger Referatsleiter im Zeitraum von 1994 bis 2003 Herr Harry Schlip gewesen.

Zu den durch die Staatskanzlei wahrzunehmenden besonderen Befugnissen des Stifters unterrichtete die Landesregierung, dass es sich bei den nach § 10 der Stiftungssatzung durch die Staatskanzlei wahrzunehmenden besonderen Befugnissen ausweislich des weiteren Regelungstextes des § 10 um solche handele, die ... dem Stifter nach dieser Satzung... zugewiesen sind.... Derartige Rechte seien in § 5 Abs. 3 und 4 sowie in §§ 6, 7 Abs. 1 und 9 der Stiftungssatzung vorgesehen, auf die insofern verwiesen werde.

Die TAB habe am 9. Dezember 1993 ihre Geschäftsanteile an der TIG an einen Rechtsanwalt verkauft, der diese Anteile am gleichen Tag an den TIF veräußert habe. Mit der TIG als persönlich haftender Gesellschafterin habe der TIF ebenfalls am 9. Dezember 1993 die TIB gegründet.

c. Stiftungszweck des TIF, Unternehmensgegenstand des TIG und der TIB

Mit Vorlage UA 4/2 - 7 erläuterte die Landesregierung, dass nach § 2 ihrer Satzung ausschließlicher Zweck der Stiftung TIF die Erhaltung einer unter marktwirtschaftlichen Bedingungen langfristig überlebensfähigen industriellen Wirtschaftsstruktur in Thüringen mittels der Gründung und finanziellen Ausstattung einer gewesen sei.

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 5. Sitzung Beweis erhoben über den Stiftungszweck des TIF durch Verlesen von Urkunden.

§ 2 der TIF-Satzung, der den Stiftungszweck bestimmt, lautet:

1) Zweck der Stiftung ist die Erhaltung einer unter marktwirtschaftlichen Bedingungen langfristig überlebensfähigen industriellen Wirtschaftsstruktur im Freistaat Thüringen.

2) Zur Erreichung dieses Zwecks soll die Stiftung unter Einsatz des ihr zur Verfügung stehenden sonstigen Stiftungsvermögens im Sinne von § 3 Abs. 2 dieser Satzung eine Beteiligungsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, gründen, die Beteiligung an dieser Gesellschaft halten, die Beteiligungsgesellschaft mit Kapital ausstatten und sich dafür einsetzen, dass private Kapitalgeber als weitere Kommanditisten für die Beteiligungsgesellschaft gewonnen werden. Die Beteiligungsgesellschaft soll sich sodann durch die Zurverfügungstellung von Risikokapital auf Zeit in existenzgefährdeten Industrieunternehmen im Freistaat Thüringen engagieren, die eine reale Chance haben, sich bei ausreichender Eigenkapitalausstattung und Durchführung der notwendigen Umstrukturierungen am Markt behaupten zu können.

In gleicher Weise soll sie sich bei solchen Industrieunternehmen engagieren, die das für eine aussichtsreiche Weiterentwicklung erforderliche Risikokapital auf andere Weise nicht beschaffen können.

3) Ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Stiftungsmitteln über die Beteiligungsgesellschaft besteht nicht.

4) Soweit nicht in dieser Satzung Abweichendes festgelegt ist, entscheidet der Vorstand, auf welche Weise der Zweck der Stiftung zu verwirklichen ist.

Zur rechtlichen Struktur des TIF erläuterte der Zeuge Dr. Hoffmann-Becking in der 15. Sitzung des Untersuchungsausschusses, dass es dem Stifter außerhalb der in der Stiftungssatzung vorgesehenen Ermächtigungen nicht erlaubt gewesen sei, unmittelbar in das Geschehen der Stiftung einzugreifen. Damit sei als wichtige Vorbedingung die sog. staatsferne Struktur in dem Sinne gesichert gewesen, dass die unmittelbar politisch Verantwortlichen kein Durchgriffsrecht und keine Beeinflussungsmöglichkeiten auf Entscheidungen zu Beteiligungen, sei es das Eingehen, das Erweitern oder das Aufgeben von Beteiligungen, haben sollte.