Bindungswirkung des Letter of Intent

Der Vermerk des Thüringer Wirtschaftsministeriums vom 3. Februar 2003 gibt zunächst eine Übersicht über den zeitlichen Ablauf des Fördervorhabens Domhotel in Bezug auf die Antragstellung und Antragsbearbeitung in einem Zeitraum vom Juli 2000 bis Januar 2003 anhand des geführten Schriftverkehrs zwischen dem Ministerium, dem Zuwendungsempfänger und der Thüringer Aufbaubank sowie internen Besprechungen. Im Anschluss an diese Übersicht stellt der Unterzeichner Herr Müller fest, dass das Land das Investitionsvorhaben von Anfang an konstruktiv begleitet und dem Investor damit ein Höchstmaß an Planungssicherheit gegeben habe. Dies komme insbesondere in dem so genannten Letter of Intent vom 29. August 2000 zum Ausdruck, welcher besage, dass es für die Förderung des Investitionsvorhabens nur der Erfüllung aller maßgeblichen zuwendungsrechtlichen Bestimmungen bedürfe. Damit habe dieser die Qualität einer rechtsverbindlichen Förderzusage im Sinne des § 38 Thüringer Mit der Schriftform dieses Letter of Intent sei auch das Formerfordernis des § 38 Abs. 1 Thüringer erfüllt. Der Unterzeichner schildert sodann, dass die Bindungswirkung einer solchen Zusicherung nur dann entfalle, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich noch derart ändere, dass das Land bei Kenntnis der neu entstehenden Sach- und Rechtslage diese Zusicherung nicht gegeben hätte oder hätte geben dürfen. Die Förderzusage des Letter of Intent basiere auf dem Konzept der Errichtung eines 5-Sterne-Hotels. Nur wenn der Investor tatsächlich vom Konzept der Errichtung eines 5-Sterne-Hotels abweichen würde, wäre das Land nicht mehr an die Zusage des Letter of Intent gebunden.

Abschließend empfiehlt der Unterzeichner für den Fall der Förderung des 5-Sterne-Hotels am Brühl die Einbindung der Accor-Gruppe in die Haftung.

Der Zeuge Müller äußerte im Untersuchungsverfahren hinsichtlich der Bindungswirkung der im Vorfeld des GA-Zuwendungsbescheids getroffenen Entscheidungen, dass auch rechtsunverbindliche Zusagen im Vorfeld des eigentlichen Zuwendungsbescheides eine Vertrauenswirkung entfalten können. Herr Müller erklärte, dass das in Rede stehende Schreiben des Ministers für ihn die Inaussichtstellung von Fördermitteln für das Projekt gewesen sei. Dies könne man als Förderangebot bezeichnen, es habe jedenfalls eine Bindungswirkung entfaltet und man habe es im Wirtschaftsministerium als Letter of Intent bezeichnet. Ein Letter of Intent sei zwar eine rechtsunverbindliche, jedoch vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Investor, der auch eine Bindungswirkung für die Verwaltung entfalten könne. Der Investor treffe auf dieser Basis Dispositionen und ihm entstünden Kosten aus Verhandlungen, Genehmigungsverfahren etc. Insofern habe der Investor auch ein gewisses Vertrauen im Hinblick auf die Zusagen, die ihm gegenüber im Rahmen eines Letter of Intent gemacht worden seien. In diesem Zusammenhang sei die Rechtsauffassung der beauftragten Kanzlei zu sehen, die zu der Auffassung gekommen sei, dass bei einem möglichen Ablehnungsbescheid nach den über 2 1/2 -jährigen Verhandlungen zwischen Land und Investor unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten.

Der Zeuge Müller habe aus der Dauer und Intensität der Verhandlungen geschlussfolgert, dass Minister Schuster der politischen Auffassung war, dass ein 5-Sterne-Hotel für Erfurt notwendig sei und er dementsprechend auch geneigt war, dem Projekt Domhotel, welchem er dieses Förderangebot unterbreitet hatte, auch die Förderung zukommen zu lassen. Auch hinsichtlich des weiteren Verfahrens nach der Unterbreitung des Förderangebots, insbesondere den diversen Ausnahmegenehmigungen, sei für Herrn Müller der Wille des Ministers zum Ausdruck gekommen, das Förderangebot in Form eines Zuwendungsbescheides umzusetzen. Der Zeuge Müller bemerkte, dass sich in dem vorliegenden speziellen Förderfall das Antragsbearbeitungsverfahren aus vielerlei Gründen extrem in die Länge gezogen habe.

Der Zeuge Bartels erinnerte sich an eine Förderzusage bzw. an einen Letter of Intent gegenüber Herrn Dr. Baumhögger, worin diesem zugesagt worden sei, dass die Fördermittel bereit stehen und er diese grundsätzlich bekommen könnte. Ab diesem Zeitpunkt habe sich jedoch noch ein Problem mit der Finanzierung ergeben und das Projekt konnte noch nicht umgesetzt werden.

Der Zeuge Reinholz erklärte, dass er zum Zeitpunkt seiner Amtsübernahme im Juni 2003 ein weit fortgeschrittenes Stadium für die Realisierung des Investitionsvorhabens Domhotel vorgefunden habe. Der Letter of Intent vom 29. August 2000 habe eine Inaussichtstellung einer möglichen Höchstförderung, die Entscheidung zur Ausnahmeregelung von der GA hinsichtlich der Förderung des Beherbergungsgewerbes sowie hinsichtlich einer möglichen Förderung des Grundstückerwerbs bei Gewährung längerer Bearbeitungsfristen dargestellt.

Seiner Auffassung nach sei die Entscheidung für das Projekt Domhotel bereits in der Amtszeit von Minister Schuster weitgehend vorgezeichnet gewesen. Hieran ändere auch die Frage nach der Rechtsverbindlichkeit der getroffenen Entscheidungen nichts, denn mit dem ausschließlichen Abstellen auf die rechtliche Verbindlichkeit des Bewilligungsbescheides würden die sonstigen Bindungswirkungen aller vorangegangenen Entscheidungen sowie der geführten Verhandlungen zum Domhotel ausgeblendet. Herr Reinholz erklärte, dass sich auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung nicht nur durch Verwaltungsakte eine rechtsverbindliche Wirkung erlasse, sondern dass auch Letter of Intent bzw. mündliche Zusagen eines Ministers durchaus zu erheblichen Bindungen gegenüber dem Investor führen können, weil dieser im Vertrauen auf den Bestand dieser Zusagen sein Investitionsprojekt vorfinanziert und plant. Die Bindungswirkung der Verhandlungen im Vorfeld der Bewilligung hätten wesentliche Auswirkungen auf das weitere Verwaltungs153 handeln und die endgültige Entscheidung des Vorgangs. Herr Reinholz erörterte, dass diese Verhandlungsführung das Entscheidungsermessen de facto recht stark einschränken könne, da eine Rücknahme ohne weit reichenden investitionsschädlichen Vertrauensverlust nur noch unter besonders triftigen Gründen möglich sei. Von einem solch eingeschränkten Entscheidungsspielraum gehe auch das Gutachten einer Rechtsanwaltskanzlei vom 26. März 2003 aus. Herr Reinholz erörterte, dass dieses Gutachten im Zusammenhang mit der von der Thüringer Aufbaubank in Auftrag gegebenen Vorbereitung eines möglichen Ablehnungsbescheids gegenüber dem Investor Transactio noch zur Amtszeit von Herrn Schuster erstellt worden sei und dass hierin erhebliche Bedenken gegen einen solchen Ablehnungsbescheid geltend gemacht worden seien. Unter Hinweis auf die bisherigen Verhandlungen der letzten 2 1/2 Jahre wird auf die Gefahr von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Freistaat sowie auf eine mögliche Rechtswidrigkeit eines solchen Ablehnungsbescheids hingewiesen. Nach Auffassung von Herrn Reinholz mache dieses Rechtsgutachten deutlich, welche hohen Anforderungen an eine Ablehnung eines Förderantrags der Transactio zu stellen gewesen wären und unterstützt die bereits geschilderten Bindungswirkungen. Der Zeuge Reinholz erklärte, dass er nach wie vor von der grundsätzlichen Richtigkeit der politischen Entscheidung für die Förderung des Investitionsvorhabens 5-Sterne-Hotel im Brühl überzeugt sei.

Herr Schuster erörterte, dass man mit Auftreten des Konzepts für den Erfurter Hof zunächst die Verhandlungen mit beiden Investoren weiter geführt habe, da noch nicht klar gewesen sei, welches exakte Konzept hier durch den Investor Interhotel vorgelegt werde. Erst als dieses Konzept aufgestellt gewesen sei, habe man vor der Entscheidung zwischen Domhotel und Erfurter Hof gestanden. Herr Schuster erklärte, dass man sofort entschieden hätte, wenn es nicht einen Bestandteil in der Finanzierung des Erfurter-Hof-Projektes gegeben hätte, bei dem ein Betrag von 4 Mio. EUR für Städtebaumittel gefehlt hätten. Er sei sich sicher, dass diese hätten beschafft werden können, jedoch habe die Zeit nicht mehr ausgereicht. Deshalb habe er hinsichtlich des Endes seiner Amtszeit die Konsequenz gezogen und beiden Investoren mitgeteilt, dass das Projekt derzeit nicht entscheidungsfähig sei. Herr Schuster erklärte, dass der so genannte Letter of Intent vom 29. August 2000 als Grundlage für das weitere Vorgehen gedient habe. Der Zeuge Schuster erklärte zur Höhe des Fördersatzes, dass dieser erstmals in dem Schreiben vom 29. August 2000 genannt wurden sei und dass es sich damals um eine Aussage zu einem sehr frühen Zeitpunkt im anlaufenden Förderverfahren gehandelt habe, bei dem kaum Unterlagen des Zuwendungsempfängers vorgelegen hätten. Die Gewährung des Fördersatzes von 28 % habe sich im Rahmen der Richtlinien bewegt und wäre natürlich nur dann gewährt worden, wenn alle anderen Voraussetzungen der GA-Förderung erfüllt worden wären. Seiner Auffassung nach sei dieses Schreiben vom 29.