Woraus ergeben sich Sockel und Faktorenwerte für die Schularten

Seit dem Schuljahr 1999/2000 erfolgt die Berechnung der Wochenstunden für Lehrerinnen und Lehrer an allgemein bildenden Schulen Thüringens außer Förderschulen auf der Basis des so genannten Sockel-Faktoren-Modells. Ziel der veränderten Berechnungsmethode ist es nach meinem Kenntnisstand, bei gleich bleibenden Rahmenbedingungen die Wochenstunden auf die Schulen gerechter zu verteilen und den Schulen mehr Eigenverantwortung durch flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der zu beachtenden Vorschriften einzuräumen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Woraus ergeben sich Sockel- und Faktorenwerte für die Schularten bzw. Klassenstufen?

2. Wie viele Unter- bzw. Überschreitungen der früher vorgegebenen Klassen- bzw. Kursstärken sind nach Einführung des Sockel-Faktoren-Modells aufgetreten (differenziert nach Schulamtsbereichen und Schularten)?

3. Welche Erkenntnisse liegen über Veränderungen in der Gestaltung des Schulablaufs vor, die sich aus den flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten des Sockel-Faktoren-Modells ergeben?

4. Lassen die Erkenntnisse aus Frage 3 bereits eine Verallgemeinerung zu?

5. Welche pädagogischen und/oder organisatorischen Gründe führen im Regelschulbereich zu den unterschiedlichen Faktorwerten bei den haupt- und realschulabschlussbezogenen sowie integrativ geführten Klassen?

6. Müsste nicht bei integrativ geführten Klassen aufgrund der Kursbildung der Faktor höher sein, und liegt hier eine der Ursachen für den Rückgang der integrativ arbeitenden Regelschule?

7. Führt die Anwendung des Sockel-Faktoren-Modells zu Einschränkungen bei Kursangeboten in der gymnasialen Oberstufe an den Gymnasien Thüringens und damit zu Einschränkungen der Kurswahlmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler? Wenn ja, welche Lösungsansätze verfolgt die Landesregierung?

8. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu Forderungen von Betroffenen, zum Beispiel aus der Landeselternvertretung, die Werte des Modells im Sinne einer verbesserten Berechnung von Lehrerwochenstunden zu verändern?

9. Stimmen die Berechnung der Wochenstunden für die Lehrerinnen und Lehrer anhand des Sockel-Faktoren-Modells und die realen Zuweisungen an die Schulen überein oder gibt es Abweichungen?

10. In welchen Schulen (differenziert nach Schulamtsbereichen, Schularten, Schulen und Fächern) liegt die reale Zuweisung von Lehrerstunden unter der Berechnung nach dem Sockel-Faktoren-Modell?

11. Welche Gründe gibt es für Minuszuweisung nach Frage 10?

12. Welche Maßnahmen verfolgt die Landesregierung, um Minuszuweisungen nach Frage 10 an die Schulen zu verhindern?

Das Thüringer Kultusministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. August 2001 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Zur Berechnung des Bedarfs an Unterrichtsleistungen wird das Sockel-Faktoren-Modell unter Beachtung der geltenden Stundentafel, der maximalen Klassen- oder Gruppengrößen je nach Fach/Fächergruppe und der Schülerzahl angewendet. Das Verfahren ist in Anlage 1 der Verwaltungsvorschrift für die Organisation der Schuljahre 2001/02 und 2002/03 niedergelegt (Gemeinsames Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Nr. 2/2001).

Zur Berechnung des Unterrichtsbedarfs einer Schule wird je Klassenstufe zum Sockelwert die mit einem bestimmten Faktor multiplizierte Zahl der Schüler je Klassenstufe addiert. Die Summe ergibt den Bedarf an Unterrichtsstunden je Klassenstufe.

Vor Entwicklung des Sockel-Faktoren-Modells wurde der Unterrichtsbedarf je Klassenstufe unter Ansatz der maximalen Klassen- und Gruppengröße als vorgegebener Messzahl und der Stundentafel, diese verstanden als Summe der wöchentlichen Stundenzahl jeden Faches je Klassenstufe, und damit nach den jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten der Unterrichtsorganisation berechnet.

Nach der Entscheidung, den Klassen- und Gruppengrößen nur noch den Wert von Richtgrößen beizumessen und den Schulen bei der Zusammenstellung der Unterrichtsverbände mehr pädagogische Freiheit zu gewähren, musste fortan eine Pauschalierung Grundlage der Bedarfsberechnung sein. Der pauschalierte Unterrichtsbedarf wird mittels der Summe aus einem Sockel und dem Produkt aus einem Faktor und der Schülerzahl berechnet. Der Sockel ergibt sich aus der Division der Zahl der Wochenstunden durch zwei, der Faktor aus der Division der Zahl der Wochenstunden durch diejenige der Schüler.

Die Summe der mittels der Formeln berechneten pauschalierten Unterrichtsbedarfe je Fach oder je Fächergruppe, diese gebildet aus Fächern mit gleicher Messzahl, entspricht dem durchschnittlichen Bedarf im vorhergehenden Modell.

Das Sockel-Faktoren-Modell ist eine Methode der Lehrerstundenzuweisung an die Schulen, welche der einzelnen Schule Freiräume bezüglich der Klassen- und Lerngruppenbildung bietet. Dieses Zuweisungsmodell zielt nicht auf Änderungen in der Gestaltung schulischer Abläufe.

Zu 5.: Die Sockel und Faktoren werden, wie bei der Antwort zu Frage 1 dargestellt, bestimmt durch die Stundentafel und die Schülerhöchstzahlen (Klassenteiler, maximale Anzahl der Schüler je Gruppe in bestimmten Fächern wie z. B. Wirtschaft und Technik).

Diese Werte unterscheiden sich hinsichtlich der hauptschulabschluss- und hinsichtlich der realschulabschlussbezogenen Klassen sowie hinsichtlich der integrativ geführten Klassen. Deshalb ergeben sich unterschiedliche Sockel und Faktoren für diese drei Arten von Klassen.

Zu 6.: Bei integrativ geführten Klassen besteht zwar ein Mehrbedarf wegen der Kursbildung. Jedoch entsteht bei additiv geführten Klassen ein Mehrbedarf bei kleinen Klassen. Außerdem ist der Klassenteiler bei hauptschulabschlussbezogenen Klassen mit 24 Schülern gegenüber integrativ geführten Klassen mit einem Klassenteiler von 28 Schülern niedriger. Dies führt zu einem Mehrbedarf der hauptschulabschlussbezogenen Klassen gegenüber den integrativ geführten Klassen.

Vergleicht man die Faktoren der drei Varianten, so ist ersichtlich, dass die Faktoren entsprechend dem Bedarf bei den hauptschulabschlussbezogenen Klassen am höchsten und bei den realschulabschlussbezogenen Klassen am niedrigsten sind. Eine mittlere Stellung nimmt der Faktor für die integrativ geführten Klassen ein.

Die Sockel und Faktoren sind für jede der drei Arten von Klassen an der Regelschule so ermittelt worden, dass sie im Mittel dem realen Bedarf in diesen Klassen unter Beachtung der ihnen zu Grunde liegenden Parameter entsprechen.

Eine Überprüfung der Werte anhand von Beispielschulen ergab, dass die mit dem Sockel-Faktoren-Modell berechneten Stunden in der Regel ausreichend sind. Unter- bzw. Überschreitungen sind im Umfang wie bei jeder anderen Schulart möglich.

Zu 7.: Die geltenden Sockel und Faktoren für die Kursphase führen zu einem Stundenkontingent, welches in der Höhe dem Ist-Stundenverbrauch in der gymnasialen Oberstufe vor Einführung des Sockel-Faktoren-Modells entspricht. Damit hat die Einführung des Modells nicht zu einer Einschränkung des Angebots geführt.

Die Zuweisung nach Sockel-Faktoren-Modell ist lediglich eine andere Art der Berechnung der den Schulen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugewiesenen Lehrerstunden; insgesamt wird die gleiche Anzahl von Lehrerstellen bzw. -stunden verteilt wie bei einer anderen Zuweisungsmethode. Von daher gibt es keine Änderungen bzw. Einschränkungen der Kurswahlmöglichkeiten. Durch den Wegfall fester, verbindlicher Klassen- und Kursmesszahlen eröffnet das den einzelnen Schulen Möglichkeiten zur eigenen Prioritätensetzung zu Gunsten einzelner, kleiner Lerngruppen - allerdings unter der Voraussetzung, dass die dazu erforderlichen zusätzlichen Lehrerstunden an anderer Stelle durch Einsparungen erwirtschaftet werden. Das Kurs- und damit das Wahlangebot in der gymnasialen Oberstufe ist damit noch stärker als früher Ergebnis schulischer Prioritätensetzungen. An Standorten mit mehreren Schulen des gleichen Bildungsganges können durch Absprache zwischen den Schulen dadurch breitere Angebote ermöglicht werden.

Zu 8.: Grundsätzlich können nur die zur Verfügung stehenden Lehrerstellen und -stunden verteilt werden. Nach den bisherigen Erfahrungen reichen die Zuweisungen auf der Grundlage des Sockel-Faktoren-Modells zur Abdeckung des Unterrichts und der sonstigen Bedarfe der Einzelschule aus. Wenn es in Einzelfällen zu höheren bzw. geringeren Zuweisungen als nach der früheren Berechnung kommt, so ist dies im Wesen einer Pauschalierung begründet.

Zu 9.: Die Zuweisung von Stellen gliedert sich in zwei Schritte. Im ersten Schritt werden die Stellen den Staatlichen Schulämtern schulartbezogen zugewiesen. Diese weisen die Stellen den Staatlichen Schulen zu.

Die Zuweisung an die Staatlichen Schulämter ist in jedem Fall höher als die reine Berechnung nach dem um zum Beispiel die Erfüllung weiterer Aufgaben, wie solche aus Projekten und Schulversuchen, zu gewährleisten, und berücksichtigt auch von Stundenbruchteilen bei Teilzeitbeschäftigten und die Schulamtspauschale.

Die Zuweisung durch das Schulamt an die Schulen wird im zweiten Schritt zum Zwecke der Optimierung des Unterrichtseinsatzes mit den Schulleitern abgestimmt. Hierbei kommt es sowohl zu geringfügigen Unter- als auch zu Überschreitungen der globalen Berechnung.

Zu 10.: Eine Zuweisung von Stellen findet nicht nach Fächern statt. Eine solche Differenzierung ist deshalb nicht möglich.