Die Anlage wurde ursprünglich als Brauchwasserspeicher konzipiert

November 2009 hat folgenden Wortlaut:

Die Gemeinde Marksuhl (Wartburgkreis) hat angekündigt, den Betrieb des Speichers Ettenhausen/Lindigshof einzustellen und eine laufende Klage gegen den Freistaat wegen der Klärung der Zuständigkeit zurückzuziehen (vgl. Thüringische Landeszeitung Eisenach vom 31. Oktober 2009).

Der Speicher wird gegenwärtig durch den Angelverein Möhra als Pächter genutzt.

Die Anlage wurde ursprünglich als Brauchwasserspeicher konzipiert. Der Bau wurde zu keinem Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen und 1990 eingestellt. Seit 1990 läuft der Probebetrieb der Anlage. Der Probestau wurde 1990 durch die damalige Oberflussmeisterei Eisenach eingeleitet.

Seit 1990 soll die Gemeinde Marksuhl Betreiberin der Anlage sein.

Der Freistaat soll die Rechtsauffassung vertreten, dass die Agrargenossenschaft Moorgrund als Teilrechtsnachfolgerin der LPG (P) Marksuhl für die Unterhaltung dieses Speichers zuständig sei. Die Agrargenossenschaft widerspricht dieser Auffassung, da die LPG (P) Marksuhl den Speicher weder gebaut noch übernommen hat. Die Agrargenossenschaft soll an das Land 2 417 Euro für die Gefahrenabwehr zahlen. Zudem will das Land die Talsperre auf Kosten der Agrargenossenschaft teilweise zurückbauen, um Gefahren abzuwenden.

Marksuhl soll sämtliche Kosten der Unterhaltung der Talsperre tragen, was aus Sicht der Gemeinde unkalkulierbare finanzielle Risiken nach sich zieht. Dabei will das Land, dass die Gemeinde die Unterhaltungskosten auf die Grundstückseigentümer umlegt, auf deren Grundstücken sich die Anlage befindet. Die Gemeinde Marksuhl sieht die Zuständigkeit der Anlage beim Freistaat. Bei der Anlage handelt es sich aus Sicht der Gemeinde um einen so genannten herrenlosen Speicher, von denen es in Thüringen rund 60 geben soll. Eine Kostenumlegung auf die betroffenen Grundstückseigentümer ist aus Sicht der Gemeinde ausgeschlossen, weil die Grundstückseigentümer zu keinem Zeitpunkt ein Mitspracherecht in Bezug auf die Nutzung ihrer Grundstücke als Talsperre hatten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wer hat den nachgefragten Speicher errichtet und wann wurde der Bau abgeschlossen?

2. Inwieweit waren die Grundstückseigentümer, auf deren Grundstücken die Anlage errichtet wurde, am Errichtungsverfahren beteiligt?

3. Wer war am 3. Oktober 1990 Eigentümer des nachgefragten Speichers und wie wird diese Eigentümerschaft begründet?

4. Wer ist gegenwärtig Eigentümer des nachgefragten Speichers und wie wird die gegenwärtige Eigentümerschaft begründet?

5. Mit welcher Begründung ist die Gemeinde Marksuhl seit 1990 für den nachgefragten Speicher zuständig?

6. Welche Maßnahmen sind am nachgefragten Speicher im Rahmen der Gefahrenabwehr notwendig und wie werden diese Maßnahmen begründet und welche Kosten sind dabei zu erwarten?

7. Wer ist aus Sicht der Landesregierung für die Finanzierung der Maßnahmen zur Gefahrenabwehr am nachgefragten Speicher zuständig und wie wird diese Zuständigkeit begründet?

8. Mit welcher Begründung soll die Gemeinde Marksuhl die Unterhaltungskosten für den nachgefragten Speicher tragen? Wie hoch sind die jährlichen Unterhaltungskosten?

9. Auf welcher Rechtsgrundlage können Grundstückseigentümer, auf deren Grundstücken die Anlage errichtet wurde, an den Unterhaltungskosten beteiligt werden?

10.Welche Funktion erfüllt der nachgefragte Speicher gegenwärtig und inwieweit ist aus Sicht der Landesregierung der nachgefragte Speicher künftig für welche Funktionen noch nutzbar?

11.Unter welchen Voraussetzungen kann die Gemeinde Marksuhl die Betreibung des nachgefragten Speichers einstellen und liegen diese Voraussetzungen vor? Was geschieht in der Folge mit der Anlage und wer hat für die Nachnutzung (eventuell Rückbau und Renaturierung) die Kosten zu tragen?

12.Welche Auswirkungen hat die Einstellung des Betriebs des nachgefragten Speichers auf das bestehende Pachtverhältnis, besteht eine Entschädigungspflicht zugunsten des Pächters, wie wird dies begründet und wer ist entschädigungsverpflichtet?

13.Was spricht gegen die Zuständigkeit des Landes für den nachgefragten Speicher?

14.Wie viele so genannte herrenlose Speicher gibt es in Thüringen, wer ist für diese Speicher zuständig und was soll mit diesen Speichern zukünftig geschehen (bitte Einzelaufstellung)?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Talsperre wurde von der Auftragsleitung Ackerbau und Meliorationssystem Thüringer Becken Straußfurt im Auftrag des Rates des Kreises Eisenach, Fachorgan Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, errichtet.

Der Bau der Stauanlage wurde 1990 beendet.

Zu 2.: Über eine etwaige Beteiligung der Grundstückseigentümer im Rahmen der Errichtung liegen keine Erkenntnisse vor. Aus den der oberen Wasserbehörde vorliegenden Unterlagen lässt sich entnehmen, dass ein Erwerb der Grundstücksflächen nicht erfolgte.

Zu 3.: Die Eigentumslage am Speicher ist dem Land derzeit nicht bekannt. Sie wird durch die zuständigen Wasserbehörden auch nicht festgestellt, weil diese für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage nicht von Bedeutung ist. Die Feststellung der Eigentumsverhältnisse ist nur im Wege einer gerichtlichen Klärung, z. B. durch Vermögenszuordnung, möglich.

Zu 4.: Da inzwischen keine Sonderregelungen mehr existieren, ist die Rechtslage nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch anzuwenden. Danach ist der Staudamm wesentlicher Bestandteil der darunterliegenden Grundstücke und steht im (Mit-)Eigentum der jeweiligen Grundstückseigentümer. Es sind ca. sechs Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer, so auch der Gemeindeverwaltung Marksuhl beteiligt. Eine abschließende Klarheit über die zivilrechtliche Situation kann gegebenenfalls nur durch Feststellungen der Zivilgerichte hergestellt werden.

Es trifft nicht zu, dass die Gemeinde Marksuhl seit 1990 für die Talsperre in irgendeiner Form zuständig war.

Vielmehr wurde ihr erstmalig mit Bescheid der oberen Wasserbehörde vom 16. September 2004 zur unmittelbaren Gefahrenabwehr die Unterhaltungslast übertragen. Dem hiergegen gerichteten Widerspruch der Gemeinde Marksuhl wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2008 stattgegeben. Dies war möglich, nachdem die komplizierte Rechtsnachfolge der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung (Staurecht) geklärt werden konnte. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Gemeinde zwar zunächst Klage vor dem Verwaltungsgericht Meiningen erhoben, doch mit Schriftsatz vom 11. November 2009 zum Punkt Unterhaltungslast zurückgenommen. Damit ist die Gemeinde nunmehr nicht mehr unterhaltungspflichtig für die Anlage.

Zu 6.: Aktuell sind keine Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr notwendig. Die regelmäßige Unterhaltung bleibt erforderlich, das sind u. a. Maßnahmen wie z. B. die Freilegung des Einlaufbereiches der Hochwasserentlastung und ihres Ablaufgrabens oder andere Pflegemaßnahmen (z. B. Mahd).

Zu 7.: Zwischenzeitlich konnte aufgeklärt werden, dass die Agrargenossenschaft Moorgrund e. G. als Rechtsnachfolgerin der LPG (P) Marksuhl Inhaberin der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung vom 15. Oktober 1985 zum Aufstau der Suhl ist. Als Staurechtsinhaberin hat diese sowohl Maßnahmen der Gefahrenabwehr als auch die regelmäßige Unterhaltung wahrzunehmen.

Zu 8.: Die der Gemeinde Marksuhl im Zeitraum vom 16. September 2004 bis 14. Oktober 2008 entstandenen Kosten zur Unterhaltung während des laufenden Widerspruchsverfahrens werden erstattet, sobald konkrete prüfbare Nachweise vorliegen. Für den Zeitraum ab 14. Oktober 2008 kann keine Erstattung erfolgen, da die Gemeinde durch die Klageerhebung selbst die Ursache für die Entstehung etwaiger weiterer Kosten gesetzt hat. Andernfalls wäre bereits ab Ende Oktober 2008 wieder der Stauberechtigte, d. h. die Agrargenossenschaft Moorgrund e. G., unterhaltungspflichtig gewesen. Die jährlichen Unterhaltungskosten für Mahd, Gehölzentfernung und Stauspiegelkontrolle belaufen sich je nach konkretem Aufwand auf ca. 2 500 Euro bis 3 000 Euro.

Zu 9.: Es bestand und besteht seitens der Landesregierung weder die Absicht noch die Forderung, Grundstückseigentümer an Unterhaltungskosten zu beteiligen, da eine Unterhaltungsverpflichtung aus der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung von 1985 vorliegt. Für eine solche Beteiligung gäbe es in diesem Falle auch keine Rechtsgrundlage.

Zu 10.: Die Talsperre erfüllt aus Sicht der Landesregierung derzeit keine Funktion, da der ursprüngliche Zweck, Brauchwasserbereitstellung für die Landwirtschaft, offenbar weggefallen ist. Es ist denkbar, die Talsperre nach einem entsprechenden Umbau in ein Hochwasserrückhaltebecken zum lokalen Hochwasserschutz für die Gemeinde Marksuhl zu nutzen. Hierfür erforderliche Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.

Zu 11.: Die Gemeinde Marksuhl ist nicht unterhaltungspflichtig und braucht insofern auch einen sog. Betrieb nicht einzustellen. Sie hat nach ihrer Klagerücknahme den Schlüssel zum Schieberschacht an die Agrargenossenschaft Moorgrund e. G. herauszugeben.

Alle weiteren rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungen sind Angelegenheit des Staurechtsinhabers, d. h. der Agrargenossenschaft Moorgrund e. G. Soweit diese die Talsperre nicht mehr nutzen will, hat sie grundsätzlich auch die Kosten des Rückbaus zu tragen.

Zu 12.: Pachtverhältnisse an der Talsperre sind der Landesregierung nicht bekannt. Im Übrigen handelt es sich hierbei um zivilrechtliche Fragen, die von den jeweiligen Vertragspartnern selbst zu klären sind.

Zu 13.: Die Talsperre wurde zur Brauchwasserbereitstellung für die Landwirtschaft errichtet und steht unter der Obhut eines privaten Staurechtsinhabers. Sie erfüllt keine Funktion im Zusammenhang mit Allgemeinwohlbelangen, für die der Freistaat Thüringen zuständig wäre.

Zu 14.: So genannte herrenlose Speicher, d. h. Stauanlagen gem. § 42 Thüringer Wassergesetz, sind aufgrund einer Änderung des Thüringer Wassergesetzes mit Wirkung vom 1. April 2009 in die Unterhaltungslast des Freistaats Thüringen übergegangen. Die diesbezüglichen 56 Anlagen sind in der Anlage 5 zu § 67 Abs. 5 Thüringer Wassergesetz abschließend aufgeführt.